Mittwoch, 10. April 2024

Galeria zum Dritten: Absurde zweite Chance für Baker

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Wäre nicht die Sanierung des sich erneut in Insolvenz befindlichen Warenhauskonzerns Galeria für die betroffenen Arbeitnehmer und Kommunen mit Galeria-Standorten ein so trauriges Thema, könnte man über die aktuelle Entscheidung des Insolvenzverwalters, einem Konsortium aus NRDC Equity Partners und dessen Chef Richard Baker sowie BB Kapital SA (die private Vermögensverwaltungsgesellschaft des früheren Kaufhof-Aufsichtsrats und Coty-Chefs Bernd Beetz) zum neuen Eigentümer zu machen, nur noch lachen. Ausgerechnet jenen Baker, der schon einmal mit der Hudson’s Bay Company (HBC) Kaufhof übernommen hatte (2015 bis 2019), um das Unternehmen wieder erblühen zu lassen („Sie sind bei HBC in guten Händen“), damit aber grandios gescheitert war. Bakers Scherben kehrte dann René Benko auf – mit dem inzwischen bekannten Ergebnis einer dritten Insolvenz.

So sieht er also aus, der „Befreiungsschlag“, als den Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus den Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens für Galeria in einer Pressemitteilung vom 9. Januar dieses Jahres bezeichnet hatte. Galeria werde in Zukunft „für innovativen Handel in deutschen Innenstädten stehen und für seine Kundinnen und Kunden vor Ort da sein“, hieß es weiter. Lächerlich! Man sei „mit seinen über 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Markt erfolgreich“. So erfolgreich, dass man Insolvenz anmelden musste. Geschenkt. Allein die „hohen Mieten und teure Dienstleistungen“ schränkten die künftige Entwicklung ein, wurde der staunenden Öffentlichkeit erklärt. Was davon zu halten ist, haben wir bereits am Januar klargemacht.

Dass nun ausgerechnet Baker vom Insolvenzverwalter und dem Galeria-Geschäftsführer Olivier van den Bossche zum Retter erklärt wird, ist nur noch ein Witz. Unter Baker verschlechterte sich die Performance des Kaufhofs derart, dass ihm nur noch der kostenträchtige Ausstieg mit einem Verkauf des Kaufhofs an Karstadt-Eigner Benko blieb. Warum Baker diesmal bei einem noch schwächeren Unternehmen gelingen soll, was ihm beim ersten Versuch völlig missraten ist, kann wohl nur Insolvenzverwalter Denkhaus beantworten.

Nach der letzten erfolgreichen Sanierung durch Benko sind derzeit noch 92 Filialen verblieben (geplant waren von van den Bossches Vorgänger Miguel Müllenbach 77, die aufgrund starker Proteste vor Ort dann aber erhöht wurden). Mindestens 70 sollen angeblich nunmehr unter Baker erhalten bleiben. Daran glaubt Prof. Dr. Jörg Funder von der Hochschule Worms nicht. Er erklärte gegenüber dem Handelsblatt, er „halte 20 Filialen für eine realistische Zahl. Alles, was darüber hinausgeht, ist ein Zugeständnis an den Insolvenzverwalter, damit man den Zuschlag bekommt.“

Was Denkhaus offiziell zur Galeria Zukunft gesagt hat, muss eigentlich jeden noch vorhandenen Galeria-Beschäftigten um den Schlaf bringen. Nach intensiven Verhandlungen habe man sich für zwei Partner entschieden, die „mit unternehmerischem Mut, einem tragfähigen wirtschaftlichen Konzept und nachgewiesener finanzieller Solidität überzeugt“, hätten. Bisher haben sich neben einer Milliarde Euro Steuergeldern noch alle Versprechungen bei Galeria in Luft aufgelöst. Daran wird sich – die Prognose trauen wir uns zu – auch diesmal nichts ändern.

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens werde Denkhaus – sofern die Zustimmung der Gläubigerversammlung dazu erfolgt – voraussichtlich bis Ende Juli 2024 die Kontrolle über das Unternehmen behalten. Zu diesem Zeitpunkt würden NRDC Equity Partners und BB Kapital SA als Eigentümer eintreten und die Führung vom Insolvenzverwalter auf Bernd Beetz als Shareholder und Chairman übergehen, teilt Galeria mit. Die Vereinbarung sehe vor, dass Galeria als Ganzes erhalten bleibe und voraussichtlich mehr als 70 Filialen deutschlandweit übernommen würden.

Dumm nur, dass es da noch einen kleinen Haken gibt: „Da viele Mietverträge noch gemeinsam von dem Insolvenzverwalter und der Galeria-Geschäftsführung mit den Vermietern verhandelt werden, wird die Entscheidung über die Anzahl der zu übernehmenden Filialen erst Ende April fallen.“ Dann schauen wir mal, was bis Ende April rauskommt und wie viele Filialen Ende des Jahres noch Bestandsschutz haben.

Auch die Mitarbeiter müssen sich auf weitere Personaleinsparungen einstellen. Die Unternehmenszentrale werde „an die reduzierte Warenhausgröße“ angepasst, mit dem Ziel, „Galeria wie ein mittelständisches Unternehmen zu führen“. Im Mittelpunkt der nächsten Tage stünden der Interessenausgleich und ein Sozialplan mit dem Gesamtbetriebsrat. Eine Transfergesellschaft solle initiiert und sozialverträglich organisiert werden, ließen die Beteiligten noch wissen.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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