Donnerstag, 23. März 2023

Kutschaty wirft als SPD-Landeschef in NRW das Handtuch

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Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2022 hatten wir das desaströse Ergebnis der SPD so kommentiert: „Ach ja, ein Wort noch zur SPD, deren Herzkammer angeblich das Ruhrgebiet ist. Diese Herzkammer wollte der Eisenbahnersohn aus Essen-Borbeck nach eigener Aussage wiederbeleben. Dabei kam er auf die geniale Idee, als zentrales Wahlanliegen zu verkünden, ein Ministerpräsident Thomas Kutschaty hätte einen optimalen Zugang zu Bundeskanzler Olaf Scholz. Nun ja, wer so agiert, muss sich über das historische schlechteste Wahlergebnis der SPD in NRW nicht mehr wundern. Tut zumindest der Eisenbahnersohn wahrscheinlich doch. Aber deswegen hat er auch sang- und klanglos verloren.“

Die SPD in NRW hat reichlich lange gebraucht, um zu realisieren, dass man nicht nur programmatisch, sondern auch personell aufs falsche Pferd gesetzt hatte. Doch wie so häufig in der Geschichte der Partei erfolgte der Sturz des Landeschefs nicht auf offener Bühne, sondern indirekt. Gestern hatten sich Spitzenfunktionäre der Landespartei in einer Telefonkonferenz gegen die von Kutschaty gewünschte neue Generalsekretärin Magdalena Möhlenkamp (Vorgängerin Nadja Lüders hat ihren Rückzug erklärt) entschieden. Dies konnte Kutschaty letztlich nur als Kündigungserklärung interpretieren. Heute hat er konsequenterweise das Handtuch geworfen und seinen Verzicht auf den Landesvorsitz bekannt gegeben. Fraktionsvorsitzender im Landtag möchte er allerdings bleiben. Das ist nachvollziehbar, wird aber mit Sicherheit auf Dauer nicht die Lösung sein.

Kutschaty erhält letztlich damit die Quittung dafür, dass er sich bereits sein Amt als Fraktionsvorsitzender gegen eine parteiinterne Absprache erkämpft hatte. Auch die Ausbootung seines Vorgängers als Landeschef, Sebastian Hartmann, war alles andere als ein reibungsloser Wechsel. Zwar kann man auch nicht gerade behaupten, Hartmann habe die SPD in NRW vorangebracht, aber Kutschatys Griff nach dem Landesvorsitz gelang eben nur unter massivem Ellbogeneinsatz. Wäre alles kein Problem gewesen, wenn er denn Erfolge für die Landes-SPD vorweisen könnte. Kann er aber nicht. So bleibt ihm nicht erspart, ihm den berühmten (verkürzten) Satz von Pierre Vergniaud entgegenzuhalten: „Die Revolution frisst ihre Kinder.“

Er selbst erklärt zu seinem Rücktritt, er habe mit Generalsekretärin Lüders eine „umfangreiche Wahlanalyse“ erstellt, „wie ich sie so nach Landtagswahlen noch nicht gesehen habe“. Aus dieser Analyse ergäben sich Handlungsempfehlungen, die er auf dem Landesparteitag habe einbringen wollen. Sein vor diesem Hintergrund den Regionalvorsitzenden und dem Parteipräsidium gemachter Personalvorschlag habe keine Zustimmung gefunden. Man brauche als Vorsitzender aber „die volle Unterstützung aller Gremien der Partei.“ Deshalb habe er aus der Ablehnung seines Vorschlags die Konsequenzen gezogen. Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil dürfte sich inzwischen selbst verfluchen, im Überschwang der Gefühle nach der Bundestagswahl von einem „Jahrzehnt der SPD“ gesprochen zu haben …


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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