Dienstag, 17. Mai 2022

Schwarz/Grüne-Herausforderung für NRW

Blogeintrag | Kommentare (1)

Erwartungsgemäß hat die Landtagswahl in NRW die bisherige Schwarz/Gelbe-Koalition beendet und eine deutliche Mehrheit für Schwarz/Grün ergeben. Dabei überrascht das Ergebnis der CDU mehr als das von Bündnis 90/Die Grünen. Dummerweise hat der Wähler in NRW offenbar die Erfolge der vorherigen Landtagswahl allein dem Konto der CDU zugeschrieben und nicht dem der FDP. Dabei hat die eine ganze Menge zu den Erfolgen beigetragen, derer sich Ministerpräsident Hendrik Wüst im Wahlkampf reichlich gerühmt hat: Wirtschaftswachstum, Deregulierung und Innovationsfreude. Doch aufgrund der Prognosen vor der Wahl wollten offenbar viele vorherige FDP-Wähler sicherheitshalber der CDU zu einem starken Ergebnis verhelfen, um nicht am Wahlabend mit einer Ampel aufzuwachen.

Berücksichtigt man diese an sich herausfordernde Ausgangssituation für die Wähler, ist noch überraschender, dass 44,5 Prozent erst gar nicht mehr zur Wahl gegangen sind. Damit ist die Partei der Nichtwähler – wie schon im Saarland – die Partei mit den meisten Stimmen! Die Nichtwähler haben bezogen auf alle Wahlberechtigten sogar besser abgeschnitten als die CDU (19,8 Prozent) und die Grünen (10,1 Prozent) zusammen! Dies sollten die potenziellen neuen Regierungsparteien CDU und Grüne sich deutlich vor Augen halten. Denn obwohl die Grünen aus deren Sicht jetzt vehement betonen, wie wichtig ihre Themen für die zukünftige Regierung sein müssten, haben für sie und ihr Programm nur gut zehn Prozent der Stimmberechtigten in NRW gestimmt.

Nun sollte niemand, der nicht gewählt hat, anschließend Anspruch erheben, dass seine Positionen von den Regierenden zu beachten seien. Allerdings sollten Wahlsieger, die unter Einschluss der Wahlbeteiligung zusammen nur auf rund 30 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten kommen und deren kleinerer Partner eben nur gut zehn Prozent erreicht hat, auch nicht so tun, als würden alle Nichtwähler ihre Position teilen. Eine solche Arroganz der Macht kann sich dann schnell als Bumerang im weiteren politischen Geschäft entwickeln.

An Herausforderungen für Hendrik Wüst, eine Schwarz/Grüne-Landesregierung zu bilden, fehlt es wahrlich nicht. Nehmen wir nur einmal das Stichwort Innere Sicherheit und Landesinnenminister Heribert Reul. Der dürfte sicher für einen beachtlichen Teil des CDU-Wahlerfolges verantwortlich sein, gehört aber gleichzeitig zu den wohl ungeliebtesten Regierungsvertretern für die Grünen. Wüst kann sich eigentlich gar nicht erlauben, Reul für eine Schwarz/Grüne-Koalition zu opfern. Andererseits werden sich die Grünen die Fortführung von Reuls Tätigkeit als Innenminister teuer ‘bezahlen’ lassen.  Beispielsweise wären hier das Kippen das Abstandsgebots bei Windkraftanlagen, verpflichtende Solarmodule auf Hausdächern und auch eine noch rigidere Verkehrswende zu nennen, als sie Schwarz-Gelb schon bisher betreiben hat. Alles nicht unbedingt Punkte, für die die CDU-Basis schwärmt.

Dass Schwarz/Grün in NRW kein Selbstläufer ist, zeigt aktuell die Entwicklung in Wuppertal. Dort regiert seit der Kommunalwahl 2020 ein geduldetes Schwarz/Grünes Bündnis unter dem Grünen-OB Prof. Dr. Uwe Schneidewind und dem CDU-Stadtdirektor Johannes Slawig. Aktuell werfen sich allerdings beide Parteien vor, die amtierende Koalition zu hintertreiben und suchen nach neuen Mehrheiten. Klar, NRW ist nicht Wuppertal, aber worum es an der Basis, die ein solches Bündnis bei beiden Partnern schließlich mittragen muss, geht, macht das Beispiel schon deutlich.

Ach ja, ein Wort noch zur SPD, deren Herzkammer angeblich das Ruhrgebiet ist. Diese Herzkammer wollte der Eisenbahnersohn aus Essen-Borbeck nach eigener Aussage wiederbeleben. Dabei kam er auf die geniale Idee, als zentrales Wahlanliegen zu verkünden, ein Ministerpräsident Thomas Kutschaty hätte einen optimalen Zugang zu Bundeskanzler Olaf Scholz. Nun ja, wer so agiert, muss sich über das historische schlechteste Wahlergebnis der SPD in NRW nicht mehr wundern. Tut zumindest der Eisenbahnersohn wahrscheinlich doch. Aber deswegen hat er auch sang- und klanglos verloren.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (1)

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#1 Leserkommentar
von Dieter Bischoff, 18.05.2022 10:42

<p>Hendrik Wüst wird eine gute Regierung mit den Grünen hinbekommen. Die Grünen können eine Koalition mit zwei Wahlverlierern wohl kaum wollen.</p>

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