Freitag, 02. Dezember 2022

Wie will buero.de-Chef Markus Schön Galeria Karstadt Kaufhof retten?

Blogeintrag | Kommentare (0)

Dicke Schlagzeilen gab es nicht nur in der 'Bild', nachdem die angeschlagene Kaufhaus-Kette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) am 31. Oktober 2022 Insolvenzantrag in Eigenverwaltung stellen musste. Für den größten Medienrummel sorgte jedoch in der nachfolgenden Berichterstattung die erklärte Rettungsabsicht von Markus Schön, Vorsitzender des Vorstands der buero.de Handel AG, eines Online-Anbieters für Büro- und Schulbedarf. Kann das funktionieren? Oder ging es Schön nur um die damit verbundene zahlreiche überregionale Werbung und PR für sein Unternehmen? Oder steckt doch mehr dahinter?

Das wollten wir von Markus Schön persönlich wissen und haben bei ihm nachgefragt, warum er überzeugt ist, die Galeria Warenhäuser passten gut in sein Portfolio als Online-Anbieter für Büro- und Schulbedarf. „Seit 2018“, so seine Antwort, „beschäftigen wir uns intensiver mit dem Warenhausgedanken. Schon bei der Übernahme des österreichischen Investors René Benko hatten wir Interesse bekundet, Standorte in mittelgroßen Städten zu übernehmen, weil wir überzeugt sind, dass solche Standorte immer noch als Frequenzbringer in Innenstädten funktionieren und so Einkauferlebnisse für Kunden ermöglichen, die man mit emotionaleren Produkten leichter als mit dem klassischen Bürobedarf schaffen kann.“

Doch was hat ihn bewogen, als Online-Anbieter in den stationären Vertrieb einzusteigen? Für Schön ist dies kein Wiederspruch. „Von den 1.000 größten Onlinehändlern haben mehr als 50 Prozent stationäre Geschäfte“, erläutert er die Idee dahinterStarke Marken würden immer noch in Innenstädten gemacht. Diese Möglichkeiten wolle das Unternehmen nutzen. Deshalb kaufe man aktiv insbesondere in der Branche hinzu. „Es gibt einen klaren Gremienbeschluss“, so Schön, „im Bereich Büro- und Schulbedarf jährlich 20 Händler zu kaufen und durch organisches und anorganisches Wachstum 2025 mehr als 250 Millionen Euro im Bereich Büro- und Schulbedarf umzusetzen. Dieses Ziel werden wir problemlos übertreffen.“

Schön und gut, dass ein Büroartikelversender auch stationär wachsen möchte, ist durchaus nachvollziehbar. Aber wie passt die Übernahme innerstädtischer Warenhäuser dazu, die einen ganz anderen Sortimentsmix aufweisen, es mit ganz anderen Wettbewerbern zu tun haben? Schön hat eine einfache Antwort parat: „Wenn sich – vermutlich zum letzten Mal – die Marktchance ergibt, einen bundesweiten Warenhauskonzern erfolgreich zu gestalten, muss man diese Gelegenheit nut­zen.“

Zum aktuellen Stand der Gespräche mit dem Insolvenzverwalter erklärt er, er sei „kurzfristig gesprächs- und handlungsfähig, auch weil die Zeit für eine Lösung im Sinne der 5.500 Beschäftigten, denen wir an den 47 Standorten eine Arbeitsplatzgarantie bieten, immer knapper zu werden scheint“. Bereits im Frühjahr 2022 hätten einige, nach Gerüchten teilweise wohl in Steueroasen beheimatete Immobiliengesellschaften ihre Warenhaus-Immobilien zum Verkauf gestellt. In wenigen Fällen stünden wohl schon Entscheidungen für Projektentwicklungen mit Wohn- und Büroflächen an. Einen konkreten Termin, wann die Gespräche aufgenommen werden sollen, nennt Schön nicht. Der ursprünglich geplante Termin am 14. November sei an einer unüblichen Vertraulichkeit, die sich GKK wünschte, wenige Stunden vorher gescheitert.

Maximal 47 Standort haben Schön und sein Team identifiziert, „die wir mit unserem Konzept, unserer online-Expertise, moderaten Anpassungen im Sortiment und anderen Verkaufskonzepten zum Erfolg führen würden“. Neben der Größe der Stadt seien auch Kaufkraft, Einzugsgebiet, Frequenz, Anziehungskraft des Standorts und viele weitere Kriterien für die Auswahl wesentlich gewesen. Handelsexperten, die an seinem Konzept zweifeln, hält Schön vor, „in den Theorien der 1970-iger Jahre stehen geblieben zu sein. Wir wissen, dass unser Konzept funktioniert und – gerade durch engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – wieder Anziehungspunkte in den eher mittelgroßen Innenstädten entstehen würden.

Sollte er zum Zuge kommen, wie sieht dann das Konzept für die übernommenen Standorte aus? Laut Schön soll in den Warenhäusern der Warenhausgedanke modern weitergeführt und zum Erfolg gebracht werden. Will er dafür dort dann schwerpunktmäßig Büro- und Schulbedarf anbieten? Nein, das nicht. Man könne nicht auf fast einer Million qm Verkaufsfläche nur Büromaterial und Schulbedarf – selbst mit Geräten und Möbeln – anbieten. „Dies wäre völlig überdimensioniert und ginge komplett am Markt vorbei. Natürlich wird es eine Verzahnung zwischen stationär und online geben. Unsere Logistikexpertise werden wir auch einbringen. Es wäre unsinnig, nicht auf die Expertise von buero.de zurückzugreifen, da wir wohl zu den am schnellsten wachsenden eCommerce-Unternehmen – vermutlich in Europa – zählen“.

Mit bestimmten Anpassungen werde man das gesamte Sortiment finden, das man schon heute aus Warenhäusern kenne.“ Letztlich würden unsere 47 Standorte Kundinnen und Kunden die Möglichkeit bieten, alle Konsumwünsche an einer Stelle mit hochwertiger Beratung vor Ort zu erfüllen.“ Bis dato sind Schöns Übernahmeabsichten ein reines Lippenbekenntnis, wenngleich er sich überaus selbstbewusst gibt. Klappern gehört zum Handwerk, und das beherrscht er offenbar vortrefflich.

Perola Müller ist Chefredakteurin des ‘markt intern’-Informationsbriefes Büro-Fachhandel


Verfasst von: Perola Müller | Kommentare (0)

Zurück zum Blog

Kommentar verfassen

Bitte beachten Sie bei Ihren Kommentaren unsere Netiquette