Donnerstag, 03. November 2022

Mitleid mit Galeria Karstadt Kaufhof sollte sich in Grenzen halten

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Kaum hat Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) zum zweiten Mal ein Schutzschirmverfahren beantragt, um die Insolvenz des Unternehmens abzuwenden, mehren sich die Stimmen, die die angekündigte Schließung eines Drittels der Filialen unbedingt verhindern möchten. Dies ist auf jeden Fall verständlich, soweit es die Mitarbeiter betrifft. Die haben in der Vergangenheit schon mehrfach Gehaltseinbußen akzeptiert, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Jedes Mal wurden sie dabei vertröstet, damit die Zukunft ihres Arbeitsplatzes zu sichern. Wer könnte ihnen da verdenken, jetzt den Erhalt jedes Arbeitsplatzes erzwingen zu wollen.

Berechtigt sind diese Forderungen auch seitens der Kunden, die bisher noch die Filialen besuchen, deren Schließung im Rahmen des Schutzschirmverfahrens unvermeidlich sein wird. Doch damit endet fast schon die Reihe derjenigen, die berechtigterweise um den Erhalt der Filialen kämpfen sollten. Und gerade bei den Kunden zeigt sich deutlich, dass das System GKK weitgehend am Ende ist. Es kommen schlicht zu wenige in die meisten Häuser.

Die Gründe für den Kundenexodus sind vielfältig. Das aktuelle Management macht dafür natürlich nicht sich und die Vorgänger als Manager, sondern Umstände verantwortlich, auf die man keinen Einfluss habe. Natürlich hat die Schließung in der Pandemie die Umsätze schwer beeinträchtigt. Aber andere Handelsunternehmen sind mit den Folgen der Schließung deutlich besser zurechtgekommen. Und die Tatsache, dass viel zu wenige Mitarbeiter den Kunden in den Filialen als Verkäufer und Fachberater zur Verfügung stehen, ist keine Folge der Pandemie oder der gestiegenen Energiepreise, sondern bewusster Entscheidungen der Manager. Die und die unterschiedlichsten Eigentümer in der Vergangenheit haben Personal immer nur als Kostenblock begriffen, nie als Instrument zur Unterscheidung im Wettbewerb. Manche scheinen verdrängt zu haben, wer sich bei Kaufhof und Karstadt so alles als Eigentümer in der jüngeren Vergangenheit getummelt hat. Erinnert sei hier nur an Nicolas Berggruen, der von einer gewissen Ursula von der Leyen in ihrer Eigenschaft als Bundesarbeitsministerin als kunstsinniger weltmännischer Retter von Karstadt gefeiert wurde. Alle erfolgreichen Handelskonzepte, die nicht gänzlich auf Verkaufspersonal verzichten, beruhen auf dem Einsatz geschulter fachkundiger und engagierter Mitarbeiter.

Passantenströme und Einkaufsgewohnheiten hatten sich weit vor Corona deutlich verändert. Erfolgversprechende Konzepte, wie dem zu begegnen sei, sind aber bei GKK Fehlanzeige. Schon die Fusion von Karstadt mit Kaufhof nach mehreren erfolglosen Versuchen, war schlicht der Not geschuldet und kein Konzept. Der Onlineauftritt war jahrelang erbärmlich und ist längst noch nicht wirklich wettbewerbsfähig. Die Zusammensetzung der Sortimente wurde immer austauschbarer. Der Wechsel der Konzepte verlief immer schneller. Außer Rotstiftpreisen (mit vorgefertigten Preisreduzierungsetiketten) ist dem Konzern zur Anlockung von Kunden letztlich wenig eingefallen. Wer allerdings auf Kunden setzt, die nur auf den niedrigsten Preis schauen, der ist mit Sicherheit mit Filialen, die vergleichsweise hohe Mieten an die Eigentümer der Objekte zahlen müssen, falsch unterwegs. Dafür sollte man nicht die Pandemie oder die Politik verantwortlich machen.

Wenn wir uns in Deutschland nicht vollständig von einem System einer wie auch immer gearteten Marktwirtschaft verabschieden wollen, sollte sich das Mitleid mit dem weiteren Schrumpfen von GKK und einem möglichen Ende in Grenzen halten. Es ist Folge eines Wettbewerbs, dessen Aufgabe es nicht sein kann, Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten, die sich mit ihrem System nicht ohne finanzielle Hilfe betreiben lassen. Den Platz, den GKK freimacht, werden andere mit erfolgreicheren Konzepten nutzen. Auch wenn dies, s.o., für die Mitarbeiter und den verbliebenen Kunden schmerzhaft ist.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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