Dienstag, 01. Februar 2022

Unverändertes Bild im Einzelhandel: Online boomt, stationär fehlen die Kunden und die Umsätze

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Der Ausblick des Handelsverbands Deutschland (HDE) auf die Entwicklung des Einzelhandels in diesem Jahr klingt für sich genommen nicht schlecht. Allerdings: Schaut man auf die Details, sieht es für manche schon bitter aus. Vor den Ausblick setzte der HDE auf seiner Pressekonferenz zur Handelsentwicklung erst noch einen Rückblick auf 2021 und den Beginn der Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie. Seit Beginn des ersten Lockdowns, dem 18. März 2020, gab es 569 Verkaufstage im stationären Einzelhandel, an denen es an 263 Tagen (46 Prozent) Einschränkungen im Nonfoodhandel gab. Entweder in Form eines Lockdowns oder mit speziellen Zugangsbeschränkungen wie zuletzt 2G.

Anhand dieser Aufstellung wird dann schnell klar, warum die Handelsentwicklung seitdem so gespalten verläuft: Auf der einen Seite die Gewinner – Onlinehandel und Lebensmitteleinzelhandel (LEH) – und auf der anderen Seite die Verlierer: die stationären Nonfood-Einzelhändler. Bei letzteren ist allerdings der Verlust je nach Branche sehr unterschiedlich. Am härtesten getroffen von allen sind die stationären Textileinzelhändler in den Toplagen der Städte. Die hatten nicht nur unter Geschäftsschließungen, sondern auch unter der massiv rückläufiger Kundenfrequenz in den Innenstädten zu leiden.

In nackten Zahlen hat der ● Einzelhandel im engeren Sinne (ohne Kfz, Tankstellen, Brennstoffe und Apotheken) auf Nettobasis 2021 insgesamt 1,8 Prozent nominell zugelegt (auf 587,8 Milliarden Euro), was real einer Stagnation gleichkommt ● 501,1 Milliarden darauf entfallen auf den  stationären Handel (–0,7 Prozent) und ● 86,7 Milliarden Euro (+19,2 Prozent) auf den Onlinehandel. Die Entwicklung des Onlinehandels seit Beginn der Pandemie verläuft noch exorbitanter. Von Ende 2019 bis Ende 2021 stieg dessen Umsatz von 59,2 Milliarden Euro auf 86,7 Milliarden Euro (+46 Prozent). Die Prognose des HDE für 2022 geht von einem Onlineumsatz von 98,4 Prozent aus. Nur mal zum Vergleich: Der stationäre Texteileinzelhandel verzeichnet derzeit im Verhältnis zum Umsatz 2019 einen Rückgang um 30 Prozent! Für 2022 erwartet der HDE in einem mittleren Szenario ein nominelles Umsatzwachstum für den gesamten Einzelhandel von 3 Prozent auf 605,4 Milliarden Euro.

Mit dieser Entwicklung einhergeht naturgemäß auch eine negative Entwicklung bei der Anzahl der Verkaufsstellen im Einzelhandel. Von Ende 2015 bis Ende 2019 nahm die Anzahl der Verkaufsstellen um jährlich durchschnittlich 5.000 Geschäfte ab. 2020 schieden dagegen 8.700 Geschäftsstellen aus, 2021 rund 16.000 und 2022 dürften es weitere 16.000 sein. Was die Pandemie mit dem Einzelhandel macht, ist damit klar.

Ebenso klar ist im Übrigen, dass die 2-G-Regelung eine massive Umsatzbremse für den stationären Einzelhandel bedeutet. Und zwar vor allem in den besonders teuren Top-Lagen der Innenstädte. Dort macht Frequenzrückgang besonders stark bemerkbar. Nahezu die Hälfte der dort ansässigen Unternehmen beurteilt nach einer aktuellen Befragung die Stimmung als schlecht. In ländlichen Gemeinden bewerten dies nur 26 Prozent so. Inwieweit dies auf die wirtschaftliche Situation der Unternehmen durchschlägt, hängt nach Meinung des HDE ganz entscheidend davon ab, wie sich die Frequenz in den Innenstädten entwickelt. Und die wird nur ohne 2G zunehmen.

HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genk wiederholte deshalb die HDE-Forderung nach sofortiger Abschaffung dieser Maßnahme. Sie habe keinen Einfluss auf die Infektionsentwicklung. Sie sei auch nur deshalb eingeführt worden, um die Bürger zum Impfen zu bewegen. Dieses Ziel sei erkennbar verfehlt worden. Insoweit sie es jetzt an der Zeit, sich gänzlich von der Regelung zu verabschieden, die inzwischen von Obergerichten in vier Bundesländern gekippt wurde (NiedersachsenBayernSaarland und Baden-Württemberg) und zuletzt gestern in Hessen in einem Einzelfall einer Hanauer Textileinzelhändlerin vom Verwaltungsgericht Frankfurt.


Verfasst von: markt-intern Verlag | Kommentare (0)

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