Donnerstag, 20. Januar 2022

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof kippt 2G im bayerischen Einzelhandel

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Nachdem bereits im vergangenen Jahr das OVG Lüneburg die 2-G-Regelung für den niedersächsischen Einzelhandel aufgehoben hat, gilt auch im bayerischen Einzelhandel die 2G-Regelung nicht mehr. Gestern gab der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) seine Entscheidung bekannt, wonach auch in Bayern die 2-G-Regelung rechtswidrig sei. Der BayVGH setzt die Regelung deshalb „vorläufig außer Vollzug“. Die Bayerische Staatskanzlei hat prompt reagiert und angekündigt, die Regelung „im Handel komplett“ aufzuheben und stattdessen nur noch auf das Tragen von FFP2-Masken im Einzelhandel zu setzen. Damit erledigt sich für die Parteien die Durchführung des Hauptverfahrens.

Die Inhaberin eines Beleuchtungsgeschäftes hatte in einem Eilantrag die Aussetzung der Reglung beantragt. Bis dato galt in Bayern wie in den übrigen Bundesländern, mit Ausnahme Niedersachsens, dass nur noch Geimpfte und Genese Zutritt zu Geschäften hatten. Ausgenommen davon waren Ladengeschäfte, die der „Deckung des täglichen Bedarfs“ dienen, wobei das Kriterium des täglichen Bedarfs durch eine, wie der BayVGH betont, „allerdings ausdrücklich nicht abschließende Liste von Beispielen (u.a. Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Tankstellen, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Baumärkte, Gartenmärkte und der Verkauf von Weihnachtsbäumen) konkretisiert wird“.

In dem rechtskräftigen Beschluss heißt es zur Begründung, der betreffenden Regelung sei nicht hinreichend genau zu entnehmen, für welche Geschäfte 2G gelte und welche ausgenommen seien. „Weder aus dem Text noch aus der insoweit unergiebigen Begründung der Verordnung“, monieren die Richter, „geht jedoch mit hinreichender Gewissheit hervor, welche Ladengeschäfte unter die Zugangsbeschränkung nach Maßgabe der ‘2-G’-Regel fallen“. Die genannten Regelbeispiele für Geschäfte des täglichen Bedarfs deckten ein heterogenes Spektrum ab, das nur zum Teil bedarfsbezogenen Kriterien folgt: Während einige der genannten Ladengeschäfte (wie Lebensmittel- und Getränkemärkte, Apotheken und Tankstellen) eindeutig der (lebens-)notwendigen Grund- und Akutversorgung zuzuordnen sind, lässt sich ein solcher Grundbedarf bei anderen Läden (wie bei Buchhandlungen, Blumengeschäften und Gartenmärkten) nicht feststellen.

 Die Liste stelle dabei nicht nur auf den besonderen Bedarf der Verbraucher, sondern teilweise auch auf die Abmilderung wirtschaftlicher Nachteile der Händler ab. Damit lasse sich „nicht widerspruchsfrei“ ermitteln, welche Geschäfte von der Regelung ausgenommen sein sollen. Zudem kritisiert der BayVGH, dass sich der Liste der privilegierten Betriebe nicht entnehmen lasse, wie mit „Ladengeschäften mit heterogenem Angebot (insbesondere sog. Mischsortimenter)" umzugehen sei. Während der Verordnungsgeber in seiner Begründung vom 3. Dezember 2021  ausführt, Ladengeschäfte mit Mischsortiment könnten >>nur dann ohne 2G-Erfordernis öffnen, wenn die nicht zum täglichen Bedarf gehörenden Produkte innerhalb des Warensortiments des jeweiligen Geschäftes eine ganz untergeordnete Bedeutung<< hätten, wird diese aus der Begründung ersichtliche Regelungsabsicht jedoch dadurch konterkariert, dass die Aufzählung von Regelbeispielen in § 10 Abs. 1 Satz 2 15. BayIfSMV mehrere Kategorien von Einzelhandelsgeschäften erfasst, die typischerweise sehr heterogene (Misch-)Sortimente anbieten – etwa Drogerien (neben Drogerieartikeln i.e.S. oft auch Schreib- und Spielwaren, Medien, Bekleidung), Buchhandlungen (neben Büchern auch andere Medien sowie Dekorations- und Geschenkartikel), Bau- und Gartenmärkte (neben Bau- und Gartengeräten auch Einrichtungsgegenstände, Beleuchtungsartikel, Möbel und Grillzubehör, Sportgeräte) sowie dem Lebensmittelhandel, der oft in nicht unerheblichem Umfang andere Waren anbietet.

So erfreulich das Ergebnis und die Reaktion der Staatskanzlei für die bayerischen Einzelhändler auch ist, es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass der BayVGH damit nicht grundsätzlich 2G im Einzelhandel ausgeschlossen hat. Er hat in dem Beschluss seine Entscheidung auf die unklare Ausnahmeregelung gestützt. Wäre dies präziser geregelt, würde er möglicherweise eine solche Regelung akzeptieren. Das OVG Lüneburg hatte dagegen in seinem Beschluss die Maßnahme als unverhältnismäßig eingestuft, eine deutlich weitergehende Feststellung. Dass Bayern jetzt darauf verzichtet, die Verordnung nachzubessern, ist dem Meinungswechsel seines Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder geschuldet. Der will ja seit Neuestem das Team Vorsicht mit dem Team Augenmaß (man könnte auch sagen Ex-Team-Laschet) versöhnen. Ob andere Bundesländer dem folgen, bleibt derzeit ungewiss. Zumindest der im letzten Jahr noch von Söder so gelobte baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann lässt nicht erkennen, diesem Sinneswandel folgen zu wollen.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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