Donnerstag, 02. Dezember 2021

Valerie Weber verlässt den WDR

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Am 18. März hatten wir einen Beitrag mit dem Titel Ist die Steffi-Neu-Show auf WDR 2 konsequenter Journalismus à la Valerie Weber? veröffentlicht. Grob gesagt ging es in dem Beitrag darum, dass Weber, die 2013 vom damals knapp 150 Tage im Amt befindlichen WDR-Intendanten Tom Buhrow zum WDR geholt worden war, von internen Kritikern vorgeworfen wurde, das journalistische Niveau der von ihr verantworteten Bereiche systematisch abgesenkt zu haben. Stattdessen habe Weber, die vom privaten Rundfunk (Antenne Bayern) zum WDR wechselte, wie dort auch auf eher flache Unterhaltung mit Gewinnspielen statt auf fundierten Journalismus gesetzt. Sinnbildlich dafür steht die von ihr zuletzt abgesegnete Einstellung der Sendung Zeitzeichen im vergangenen Jahr.

Weber kann sich rühmen, ihr Konzept komme beim Publikum an. Das wird ihr auch vom WDR bescheinigt, der gestern etwas überraschend mitgeteilt hat, Weber habe den WDR „um Aufhebung ihres Vertrages“ gebeten. Seit 2019 ist sie Programmdirektorin für NRW, Wissen und Kultur. Über die Jahre“, heißt es vom WDR, „hat Valerie Weber es auch geschafft, die Beliebtheit der Wort- und Kulturwellen sowie der populären Wellen beim Publikum zu steigern. WDR 2 ist inzwischen Deutschlands meistgehörtes Radioprogramm. Mit 1LIVE, WDR 2 und WDR 4 finden sich auch in diesem Jahr erneut drei Wellen des WDR unter den erfolgreichsten zehn Radiosendern in Deutschland.“

Unbestritten ist Akzeptanz beim Publikum wichtig, aber gerade für öffentlich-rechtliche Sender sollte es nicht darauf ankommen, dem Publikum nach dem Mund zu reden oder das Programm zu verflachen. Dafür gibt es ausreichend private Sender. Wer sich des Privilegs der Rundfunkbeiträge, die sich inzwischen faktisch zu einer Steuer gemausert haben, weil es gar nicht mehr darauf ankommt, ob der Nutzer irgendein Gerät besitzt, mit dem er öffentlich-rechtliche Angebote empfangen kann, bedient, der muss dann auch journalistisch liefern, und zwar mehr als Gewinnspiele und spätpubertäres Geplauder der Moderatoren.

Warum Weber jetzt den WDR verlässt, bleibt offen. Intendant Buhrow lässt sich so zitieren: „Wir respektieren den Wunsch von Valerie Weber, den WDR zu verlassen, auch wenn uns ihre wertvollen Impulse und kreativen Ideen fehlen werden. Mit ihr verlieren wir eine Visionärin für den Public Value des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, eine Kämpferin für agile und neue Strukturen und eine empathische Programm-Managerin, die immer das Publikum im Blick hat. Wir bedauern ihr Ausscheiden sehr.“ Sie selbst begründet ihren Abschiedswunsch so: „Mit der Übergabe des ARD-Vorsitzes vom WDR an den rbb zum Jahreswechsel geht für mich eine äußerst spannende Aufgabe als Mitglied der ARD-Geschäftsführung zu Ende. Außerdem ist WDR-intern mit der multimedialen Zusammenführung aller Fachredaktionen sowie der strukturellen und personellen Neuaufstellung der Hörfunkflotte ab 2022 auch ein wichtiger Meilenstein im digitalen Umbau des WDR erreicht.“

Was immer das besagen mag, intern werden trotz der offiziellen Elogen engagierte Journalisten ihr wenig nachtrauern. Der Kölner Stadtanzeiger etwa überschrieb seinen Bericht zu Webers Ausscheiden wenig schmeichelhaft mit: „Das Ende eines Missverständnisses“. Weber selbst weiß ganz offensichtlich, wem sie zuvörderst ihre Position zu verdanken hatte: „Ich bin dem Intendanten und den Gremien, die mich in der ganzen Zeit unterstützt haben, sehr dankbar für ihr Vertrauen. Meine Benennung als erste Direktorin ohne öffentlich-rechtlichen Hintergrund war einerseits ein Wagnis, andererseits aber auch ein klares Aufbruchssignal angesichts der notwendigen internen Veränderungen: massiver Einspardruck gepaart mit den Herausforderungen des digitalen Wandels. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kolleginnen und Kollegen für das Vertrauen und das großartige Engagement, mit dem sie den Weg mitgegangen sind. Zusammen haben wir viel erreicht.“ Fragt sich halt nur, in welcher Qualität zu welchem Preis.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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