Mittelstand

Ausgabe: Mi 23/19

Datum: Düsseldorf, 8. November 2019 | 38. Jahrgang | ISSN 1431-3294

Der Amberger CSU-Stadtrat Stefan Ott will als Zeichen der Nachhaltigkeit Amberg zur „essbaren Stadt“ machen. Die Bürger sollen die Früchte der städtischen Obstbäume und Sträucher ernten. Mi bietet seinen 'Bürgern' diese Themen zur Ernte an: Thüringens CDU zu selbstsicher und auf Hilfe der Linken angewiesen? SPD-Landesvorsitzender Hartmann sieht SPD in NRW im Aufwind Stadt Köln bejubelt eher bescheidenes Elektromobilitätskonzept Achten Sie auf fehlerhafte Rechnungen zum Transparenzregister. Doch zunächst, sehr geehrte Damen und Herren, blicken wir auf Zalandos Bekenntnis, diverser werden zu wollen:

Inhaltverzeichnis der Ausgabe Mi 23/19:

  • Zalando reagiert auf Mi-Kritik zum Frauenanteil in der Leitungsebene
  • Thüringer CDU zu selbstsicher und auf Hilfe der Linken angewiesen?
  • SPD-Landesvorsitzender Hartmann sieht SPD in NRW im Aufwind
  • Stadt Köln bejubelt geplanten Ausbau der Ladeinfrastruktur
  • Otto Wiesheu feierte 75. Geburtstag
  • SPD taumelt am Rande der GroKo
  • ZDF-Intendant Bellut kämpft für Rundfunkbeitragserhöhungen
  • Rechnungen über Einträge im Transparenzregister ohne Veröffentlichungspflicht
  • Fehlerteufel
  • Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) will Amtszeit des Bundeskanzlers begrenzen

  • Zalando reagiert auf Mi-Kritik zum Frauenanteil in der Leitungsebene

    Erstmals im Mai 2018 hatten wir berichtet, dass der Onlineanbieter Zalando für den Unternehmensvorstand einen „Frauenanteil von Null Prozent“ bis 2022 beschlossen hat. Der Zielwert des Frauenanteils in der ersten Ebene unterhalb des Vorstands wurde vom Aufsichtsrat zugleich von 15 auf 20 Prozent bis zum 30. Juni 2022 erhöht (vgl. Mi 11/18). Mitte Juni hatten wir dann auf die Stellungnahme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf unsere entsprechende Anfrage, wie dies dort beurteilt wird, hingewiesen. Das Ministerium hatte uns mitgeteilt, nach derzeitiger Rechtslage sei „die Festlegung der Zielgröße null Prozent zulässig. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass die Unternehmen verpflichtet werden sollen, die Festlegung der Zielgröße null Prozent zu begründen, und dass ein Verstoß gegen die Begründungspflicht entsprechend den Bestimmungen des § 335 Handelsgesetzbuch sanktioniert werden soll“ (vgl. Mi 13/18). Losgelöst von geplanten gesetzgeberischen Maßnahmen hat Zalando inzwischen auf die Mi-Kritik reagiert.

    Am 15. Oktober haben die Berliner verkündet: „Bis Ende 2023 strebt das Unternehmen ein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen auf den sechs obersten Führungsebenen des Unternehmens an, dazu gehören auch der Aufsichtsrat und der Vorstand. Die neue Zielvorgabe, die so auch im Geschäftsbericht festgehalten wird, ist ein 40/60/*-Korridor. Dieser sieht vor, dass der Anteil von Männern und Frauen auf der jeweiligen Ebene zwischen 40 % und 60 % liegen soll. Durch den Stern (*) werden nichtbinäre Geschlechter in die Zielvorgabe mit einbezogen.“ Zalando-Vorstand Rubin Ritter wird sodann so zitiert: „In den letzten elf Jahren lag unser Fokus klar auf der Etablierung und dem Wachstum unseres Geschäfts und wir haben nicht genug Anstrengungen unternommen, um dem entstandenen strukturellen Ungleichgewicht entgegenzuwirken. Uns ist bewusst, dass es unseren Führungsteams an Diversität fehlt, und wir arbeiten intensiv daran, das zu ändern.“

    Da sind wir dann mal gespannt, welche Vorstände bis 2023 gehen müssen, um Frauen Platz zu machen, oder ob die fünf Herren durch mindestens zwei Damen ergänzt werden. Glaubt man Zalando, wird die Maßnahme sich jedenfalls positiv aufs Geschäft auswirken. „Vielfalt auf allen Unternehmensebenen“, zitiert das Unternehmen seine Aufsichtsratsvorsitzende Cristina Stenbeck, „führt zu besseren Entscheidungen, fördert eine kreative Kultur und steigert im besten Fall die Gesamtleistung. Ich bin davon überzeugt, dass diverse Teams eher dazu in der Lage sind, einzigartige Produkte und relevante Erlebnisse für Kunden zu kreieren sowie Wert für Stakeholder zu schaffen.“

    Die in der vergangenen Woche vorgelegten Ergebnisse des dritten Quartals und des Jahresverlaufs sehen durchaus ansprechend aus. Im dritten Quartal legten die Berliner beim Umsatz mit 1,5 Milliarden Euro erneut deutlich zu (+26,7 Prozent). Im Jahresverlauf kletterte der Umsatz auf 4,5 Milliarden Euro (+20,7 Prozent). Auch das bereinigte EBIT hat sich deutlich verbessert und erreicht im Jahresverlauf 114,5 Millionen Euro. Vor Steuern steht ein Ergebnis von 46,5 Millionen Euro zu Buche. Das Management hält für das Gesamtjahr an seinem Ausblick fest, den Umsatz zwischen 20 und 25 Prozent steigern und ein bereinigtes EBIT „in der oberen Hälfte der Spanne von 175 und 225 Millionen Euro“ erreichen zu wollen. Zum Vergleich: Bei der Bilanzvorlage 2017 hatte Zalando als Ziel bis 2020 ausgegeben, die Umsätze auf neun Milliarden Euro zu verdoppeln (vgl. Mi 11/18). Bei der Bilanzvorlage 2018 wurden 20 Milliarden Euro als Ziel für den Gesamtumsatz bis 2023/2024 genannt (vgl. Mi 06/19).

    Thüringer CDU zu selbstsicher und auf Hilfe der Linken angewiesen?

    Betrachtet man den Wahlausgang in Thüringen, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, die CDU sei vielleicht ein wenig zu siegessicher gewesen. Zugegeben, mit Ausnahme der letzten fünf Jahre stellte sie dort immer den Ministerpräsidenten (bzw. die Ministerpräsidentin). Doch der aktuelle Ministerpräsident heißt nun einmal Bodo Ramelow (Die Linke) und ist in Thüringen sehr beliebt. Möglicherweise motiviert durch Wahlprognosen veranstaltete die Thüringer CDU am 24. Oktober eine Pressekonferenz, auf der sie ihr „Arbeitsprogramm der Union für die ersten 100 Tage“ vorstellte. Das mehr als dürftige Wahlergebnis der CDU macht es für ihren Spitzenkandidaten Mike Mohring schwer, die dort genannten Ziele umzusetzen. Erstens fehlt der CDU die eigene Mehrheit, um ein solches Programm durchzusetzen, und zweitens könnte sie die Mehrheit in einem Zweierbündnis nur mit der Linken erreichen. Und die wird sich kaum für die Themen erwärmen können, die die CDU zumindest vor der Wahl vorrangig angehen wollte.

    „Wir wollen aus den verpassten Chancen des Landes in dieser Legislatur neue Möglichkeiten machen“, erklärte Mohring auf der eingangs zitierten Pressekonferenz. Es gehe darum, Lebensträume zu erfüllen, insbesondere die „der vielen Thüringer Schulkinder, die derzeit unter dem Unterrichtsausfall leiden“. Dabei 'vergaß' Mohring allerdings, darauf hinzuweisen, dass die CDU für den Unterrichtsausfall deutlich mehr Verantwortung trägt als die Linke. Denn schließlich hat die CDU zuvor 24 Jahre regiert und Ramelows Regierung nicht etwa Lehrerstellen gekürzt, sondern neue Lehrer eingestellt. Als weitere zentrale Punkte nannte Mohring „die Schaffung eines Heimatministeriums“, das seinen Geschäftsbereich außerhalb Erfurts in Ostthüringen haben soll, die Vereinfachung des Bauens für junge Familien und die Schaffung eines „Energiefriedens“ in Thüringen. Zudem wolle die CDU Thüringen „verbindliche Regelungen in der Integrationspolitik und deshalb ein Integrationsgesetz umsetzen“.

    Hatte die CDU in Thüringen vor der Wahl noch strikt jede Zusammenarbeit mit der Linken ausgeschlossen, will Mohring jetzt zumindest „der Einladung des Ministerpräsidenten aus staatspolitischer Verantwortung nachkommen – nicht mehr und nicht weniger“. Dass Mohring hinzufügte, es sei „die schlechteste aller Lösungen für Thüringen, wenn eine abgewählte Regierung nach der Wahl geschäftsführend ohne Legitimation durch das Parlament im Amt bleibt“, um hinzuzufügen, es sei „nicht unsere Aufgabe, für diese Legitimation zu sorgen“, kann allenfalls CDU-intern überzeugen, löst die Situation in Thüringen trotzdem nicht.

    In diese vertrackte Lage hat sich die CDU selbst manövriert. Wer die Zusammenarbeit mit der Linken und der AfD gleichermaßen kategorisch ausschließt, egal, wer in beiden Parteien wie den Ton angibt, hat in Ostdeutschland wenig Machtperspektive. Diese Banalität dürfte auch auf dem CDU-Bundesparteitag in Leipzig noch ein Thema werden. Sofern dort nicht noch eine ganz andere Frage alle anderen Themen verdrängt. Rudolf Scharping und die SPD können davon ein Lied singen …

    SPD-Landesvorsitzender Hartmann sieht SPD in NRW im Aufwind

    Eines muss man dem aktuellen Landesvorsitzenden der SPD in Nordrhein-Westfalen, Sebastian Hartmann, zugestehen: Es dürfte derzeit kaum jemanden in der SPD geben, der so viel Optimismus versprüht, was die Zukunftsaussichten der Partei betrifft. Jene SPD, der in Thüringen gerade noch acht Prozent der Wähler ihre Stimme gegeben haben und der in NRW gefühlt bei einer Landtagswahl derzeit eher weniger denn mehr als 20 Prozent der Wähler ihre Stimme geben dürften, steht nach Aussagen Hartmanns beim nordrhein-westfälischen Wirtschaftssenat des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) bei der Landtagswahl 2022 in NRW praktisch kurz vor der Regierungsübernahme. Derart viel Selbstbewusstsein muss man erst einmal öffentlich zur Schau stellen können, ohne ausgelacht zu werden. Das ist Hartmann beim BVMW nicht widerfahren, obwohl die Teilnehmer des Wirtschaftssenats nur wenige seiner Positionen teilen dürften. Immerhin steht er mit seinem Landesverband für 'Rot pur'. Dazu gehören eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, eine Reichensteuer, Altschuldenübernahme der Kommunen in Höhe von 50 Milliarden Euro, Abkehr von der 'Schwarzen Null' für Investitionen in Bildung und Infrastruktur und generell mehr Staat. Denn nur ein starker Staat, so Hartmann, könne die richtigen Rahmenbedingungen setzen und die Einhaltung der Regeln durch alle gewährleisten. Gelinge beides nicht, stärke dies nur die Populisten.

    Man muss das alles gar nicht für falsch halten, und Hartmann konnte auch manches überzeugend begründen. Allerdings vermittelt er den Eindruck, zwar geschliffen und unterhaltsam formulieren zu können, aber zu sehr den Typus Berufspolitiker zu repräsentieren, der zwar theoretisch alles erklären kann, praktisch selbst aber nie etwas davon umsetzen musste. Man will ihm gerne sein Bekenntnis glauben, große Wertschätzung für Unternehmer zu haben und ökonomischen Erkenntnissen nicht abgeneigt zu sein, wenn er beispielsweise erklärt, Wohnungsnot könne nicht mit Mietdeckeln und Mietpreisbremsen, sondern nur mit Wohnungsbau bekämpft werden. Nur klang das von ihm präsentierte Programm insgesamt doch arg nach alter sozialistischer Sehnsucht nach dem besseren Morgen als nach Anreizen für private Investoren. Bei der Frage, wer seiner Meinung nach die Wahl zum Vorsitzenden-Duo der SPD gewinnen werde, bewies Hartmann seine sehr professionelle Vorgehensweise. Er prognostiziert ein knappes Ergebnis, ohne sich auf ein Kandidatenpaar festzulegen oder gar eine Empfehlung an die Mitglieder auszusprechen. Denn wichtig sei vor allem, dass die Partei nach der Entscheidung nicht gespalten auftrete, sondern vereint mit dem neuen Duo agiere, egal welches Paar sich am Ende durchsetze. Zur Beruhigung aller Bundestagsabgeordneten der SPD und der CDU bekannte er im Übrigen, seinerseits alles dafür tun zu wollen, dass es kein vorzeitiges Ende der GroKo gebe.

    Stadt Köln bejubelt geplanten Ausbau der Ladeinfrastruktur

    Stadt Köln bejubelt geplanten Ausbau der Ladeinfrastruktur Im September 2019 hat die Stadt Köln erfreut mitgeteilt, die Stadt erhalte ein flächendeckendes Ladesäulennetz für Elektromobilität. In typisch Kölner Bescheidenheit formulierte die Stadt damals, die Vereinbarung mit der Stadtwerke Köln GmbH (SWK) sei „ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer emissionsärmeren Mobilität in Köln“. Nun ja, schaut man etwas genauer hin, ist das eine eher zweifelhafte Behauptung, denn „der Betreibervertrag sieht vor, dass die SWK im Auftrag der Stadt in den kommenden zwei Jahren 200 Ladestationen mit insgesamt 400 Ladepunkten im öffentlichen Straßenraum errichtet und betreibt“. 400 Ladepunkte an 200 Stationen bedeuten, dass gleichzeitig maximal 400 Elektroautos aufgeladen werden können. Wie absurd es ist, hier von einem „Meilenstein“ zu sprechen, belegt die Stadt selbst in ihrer Pressemitteilung. Denn wörtlich heißt es dort auch: „So soll in jedem der 86 Kölner Stadtteile mindestens eine Ladestation eingerichtet werden. Etwa 30 Standorte werden mit Schnellladestationen ausgestattet, die dafür geeigneten Elektrofahrzeugen eine kürzere Ladezeit ermöglichen.“ In Köln waren zum 1. Januar 2019 insgesamt 856 Plug-in-Hybride und 820 reine Elektromobile zugelassen. Gleichzeitig waren dort zum 1. Januar 2019 knapp 483.000 Pkw und insgesamt über 559.000 Fahrzeuge angemeldet. An den aktuell 115 Tankstellen in Köln können geschätzt rund 900 Autos gleichzeitig tanken. Der Tankvorgang dauert, schnell oder normal, rund fünf Minuten. Das ermöglicht etwa 9.000 Tankvorgänge in der Stunde, also 108.000 Tankvorgänge innerhalb von zwölf Stunden. In der gleichen Zeit würden die 400 Ladepunkte ungefähr 1.100 Ladevorgänge schaffen. Wie man dies vor dem Hintergrund einer angeblich bevorstehende Offensive der Elektroautos als „Meilenstein“ bezeichnen kann, bleibt uns ein Rätsel!

    Otto Wiesheu feierte 75. Geburtstag

    Otto Wiesheu feierte 75. Geburtstag Im Dezember 1997 erhielt der damalige Bayerische Wirtschaftsminister Dr. Otto Wiesheu als zweiter Preisträger den von 'markt intern' verliehenen Deutschen Mittelstandspreis. Begründet wurde die Auszeichnung seinerzeit vor allem mit Wiesheus Engagement im Rahmen einer mittelstandsfreundlichen Kartellnovelle. So habe er unter anderem dafür gesorgt, „dass künftig strategische Lockvogelangebote unter Einstandspreis untersagt werden“ und sich dafür eingesetzt, „dass durch eine strengere Fusionskontrolle dem ruinösen Verdrängungswettbewerb der Großkonzerne Einhalt geboten wird“. 22 Jahre später muss man konzedieren, dass die tatsächliche Entwicklung die damalige Einschätzung überholt hat. Dafür kann allerdings Wiesheu nicht verantwortlich gemacht werden. Seine Feststellung in seiner Dankesrede hat jedenfalls auch heute unverändert Gültigkeit: „Mittelstand ist nicht alles, aber ohne Mittelstand ist alles nichts.“ Am 31. Oktober feierte Wiesheu seinen 75. Geburtstag. 'markt intern' gratuliert ihm auf diesem Wege nachträglich ganz herzlich.

    SPD taumelt am Rande der GroKo

    SPD taumelt am Rande der GroKoOlaf Scholz hat es mit seiner Partnerin Klara Geywitz tatsächlich in die Stichwahl um den Parteivorsitz der SPD geschafft. 'Sagenhafte' 22,7 Prozent der SPD-Mitglieder haben ihn gewählt. Dabei betrug die Wahlbeteiligung gerade einmal 53,3 Prozent. Stellt man auf die gültigen Stimmen ab, waren es sogar nur 50,2 Prozent. Für den nach eigener Aussage erleichterten Scholz ist das Ergebnis dennoch ein „guter Ausgangspunkt“. Nun ja, soviel Emotionalität wird ihm ja üblicherweise nicht zugetraut. Mit weniger als zwei Prozentpunkten (rund 3.500 Stimmen) dahinter landete das Duo Dr. Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken auf Platz Zwei. Was das nun wiederum für die Stichwahl bedeutet, darüber gehen die Meinungen innerhalb wie außerhalb der SPD auseinander. Die Linken in der SPD sehen nunmehr die Chance, das linke Duo Walter-Borjans/Esken zu neuen Parteivorsitzenden zu machen, weil die Stimmen von mindestens drei der unterlegenen vier Paare eigentlich auf dieses Duo entfallen sollten. Alle in der SPD, die auf einen Fortbestand der Großen Koalition setzen, versuchen es mit Selbstsuggestion, die Mehrheit der Mitglieder werde auch für den Fortbestand der Koalition stimmen, und damit für das Duo Scholz/Geywitz. Der Gefahr ist sich auch Walter-Borjans bewusst. Der erweckt zwar deutlich den Eindruck, für einen Ausstieg aus der GroKo zu sein, hält sich aber ein Hintertürchen offen, weil er es tunlichst vermeidet, dies auch genau so zu sagen. Im Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger etwa betonte er, ein „zwei Jahre Weiter so“ dürfe es nicht geben: „Was das dann für die GroKo bedeutet, wird der Parteitag Anfang Dezember sicher lebhaft debattieren – in Kenntnis der genannten Einschätzung, aber in einer offenen Aussprache.“ Ob ihn und Esken das wiederum letztlich die Stimmen im linken Lager kosten, die es braucht, um Scholz/Geywitz beim Mitgliederentscheid zu schlagen, wird sich Ende November zeigen. Der CDU-Bundesparteitag, der vom 22. bis 23. November in Leipzig stattfindet, dürfte sich auch darüber so seine Gedanken machen.

    ZDF-Intendant Bellut kämpft für Rundfunkbeitragserhöhungen

    ZDF-Intendant Bellut kämpft für Rundfunkbeitragserhöhungen Ende des Jahres wird die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ihren Vorschlag zur Höhe des Rundfunkbeitrags vorlegen. ARD wie ZDF möchten eine Erhöhung der Beiträge, weil ihre Kosten permanent steigen. ZDF-Intendant Thomas Bellut gibt sich im Interview mit dem Mediendienst dwdl Ende Oktober zuversichtlich, die Politik werde den Wünschen der Sender entsprechen: „Ich bin im Prinzip positiv gestimmt, die Rolle der Öffentlich-Rechtlichen wird auch breit in der Politik anerkannt. Die politische Zuspitzung der vergangenen Jahre hat die Daseinsberechtigung von ARD, ZDF und Deutschlandradio eher unterstrichen.“ Dass eventuell Kosteneinsparungen statt Gebührenerhöhungen eine Lösung sein könnten, beantwortet Bellut so: „Bei der Diskussion um den Rundfunkbeitrag geht es um die Abdeckung von Preissteigerungen. Aus unserem Etat von rund 2,4 Milliarden Euro im Jahr gehen allein über 700 Millionen Euro an externe Produzenten. Dort gibt es ebenso Preissteigerungen wie bei unseren eigenen Kosten.“ Das klingt eher nach Gebührenerhöhungen, auch wenn die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) einen Antrag zum Bundesparteitag der CDU (Ende November) eingebracht hat, in dem es heißt: „Die CDU lehnt jede weitere Erhöhung des Rundfunkbeitrags, auch im Wege einer automatischen Indexierung, ab. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll sich in Deutschland auf seinen Grundversorgungsauftrag mit Information, Bildung und Kultur konzentrieren und preistreibende Mehrfachstrukturen und das unverhältnismäßige Überangebot an Eigenproduktionen reduzieren.“ Der CDU-Bundesvorstand solle ein Konzept zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erarbeiten, das auch „Vorschläge zur Kostenreduktion beinhalten“ soll.

    Rechnungen über Einträge im Transparenzregister ohne Veröffentlichungspflicht

    Rechnungen über Einträge im Transparenzregister ohne Veröffentlichungspflicht Dass der Verlag DuMont Schauberg sich daran erfreut, vom Gesetzgeber mit den Gesetzen zur Publikationspflicht und dem Verkauf des Bundesanzeigerverlags an ihn quasi eine Lizenz zum Gelddrucken erhalten zu haben, kann man nicht ihm, sondern nur dem deutschen Gesetzgeber vorwerfen. Vorwerfen kann man aber dem Bundesanzeigerverlag, die gesetzlichen Bestimmungen in Einzelfällen falsch anzuwenden. Über solche Beispiele haben vor Kurzem unsere Kollegen der Redaktion Apotheke berichtet. Denen war aufgefallen, dass Apotheken, die als e. K. (eingetragener Kaufmann) firmieren, eine Rechnung vom Bundesanzeiger über eine Veröffentlichung im Transparenzregister erhalten haben. Auch wenn die Rechnungssummen in den Fällen sehr überschaubar waren (1,25 Euro bzw. 2,50 Euro), eingetragene Kaufleute sind ebenso wenig wie Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder Einzelunternehmer transparenzpflichtig! Ergo müssen sie nichts im Transparenzregister veröffentlichen und ihnen darf auch nichts in Rechnung gestellt werden. Das sieht der Bundesanzeigerverlag übrigens selbst auch so und empfiehlt Betroffenen, sich an die Mail-Adresse gebuehr@transparenzregister.de zu wenden, falls ihnen eine Veröffentlichung im Transparenzregister in Rechnung gestellt wurde, obwohl die Veröffentlichungspflicht gar nicht besteht. Davon sollten Sie Gebrauch machen, sofern Sie betroffen sind.

    Fehlerteufel

    Fehlerteufel In unserer Ausgabe vom 25. Oktober haben wir Dr. Michael Balke zum 65. Geburtstag am 30. Oktober gratuliert. 65 ist er zwar geworden, aber erst am 31. Oktober. Er nimmt es uns nicht übel und wir entschuldigen uns bei ihm und Ihnen, dass wir ihn einen Tag älter gemacht haben :-)

    Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) will Amtszeit des Bundeskanzlers begrenzen

    Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) will Amtszeit des Bundeskanzlers begrenzen In der ganzen Aufregung über eine Kanzlerkandidatur von Annegret Kramp-Karrenbauer ist bei vielen untergegangen, dass die MIT für den Bundesparteitag der CDU den Antrag eingereicht hat, „die Amtsperioden des Bundeskanzlers/der Bundeskanzlerin“ zu begrenzen, und zwar auf maximal zwei Wahlperioden! Das allein birgt schon eine gewisse Brisanz, richtig 'unangenehm' wird der Antrag dadurch, dass die MIT angesichts der ungewissen Zustimmung der anderen Parteien zu der dafür notwendigen Grundgesetzänderung auch fordert: „Solange eine entsprechende Grundgesetzänderung nicht beschlossen ist, verpflichtet sich die CDU selbst, ihren Kandidaten/ihre Kandidatin vor Ablauf der zweiten Wahlperiode neu zu benennen.“


    „Deutschland ist derzeit ein Totalausfall in allem. Ich sehe keine europäische Politik, der Außenminister ist ein Ausfall, die Kanzlerin weiß alles, tut aber nichts. Es gibt einen Zusammenbruch von Kompetenz und Energie.“

    Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, in der New York Times vom 1. November

    Bei Röttgens Kritik muss daran erinnert werden, dass das erste Kapitel des Koalitionsvertrags