Dienstag, 18. April 2023

Steinmeier verleiht Orden an Merkel und wäscht sich rein

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„Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.“ Diese Vorschrift des § 181 BGB beinhaltet ein Rechtsprinzip, das uns unwillkürlich in den Sinn kam, als bekannt wurde, Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier werde Bundeskanzlerin a. D. Dr. Angela Merkel mit dem ‘Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, Großkreuz in besonderer Ausführung’ auszeichnen. Es soll hier nicht darum gehen, ob diese Ehrung für Merkel grundsätzlich gerechtfertigt ist oder nicht. Entscheidend ist an dieser Stelle, dass sie nicht von diesem Bundespräsidenten zum jetzigen Zeitpunkt hätte vorgenommen werden dürfen. Die Begründung dafür ergibt sich im Prinzip aus der eingangs zitierten Vorschrift des § 181 BGB.

In ihrem Kern beinhaltet das Verbot des Insichgeschäftes, wie es Juristen bezeichnen, dass jeder Anschein der Befangenheit einer handelnden Person vermieden werden muss, damit ein Rechtsgeschäft, das sie für einen Dritten ausführt, wirksam ist. Überträgt man diese Grundsätze auf die Ordensverleihung durch Steinmeier an Merkel, so muss man feststellen, Steinmeier hat als Vertreter des deutschen Volkes einen Orden an Merkel verliehen, um sich selbst damit in ein besseres Licht zu rücken. Er hat sozusagen ein Geschäft mit sich selbst gemacht.

Bevor wir das näher erläutern, kurz ein Blick auf die Historie des ‘Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, Großkreuz in besonderer Ausführung’. Er ist zuvor nur zweimal verliehen worden. Am 31. Januar 1954 zeichnete Bundespräsident Theodor Heuss Bundeskanzler Konrad Adenauer in Anerkennung seiner „erworbenen außerordentlichen Verdienste“ erstmals mit der höchsten Auszeichnung, die Deutschland zu vergeben hat, aus. Am 26. Oktober 1998 wurde diese Ehre Dr. Helmut Kohl zuteil, der den höchsten Orden aus den Händen des Bundespräsidenten Prof. Dr. Roman Herzog erhielt. Während bei der Kombination Heuss/Adenauer kaum von einem Insichgeschäft die Rede sein konnte, war dies beim Gespann Herzog/Kohl schon etwas anders, wenn auch nicht vergleichbar mit dem aktuellen Gespann Steinmeier/Merkel. Denn Herzog hatte immerhin die Regierungszeit Helmut Kohls mit seiner berühmten Ruck-Rede 1997 deutlich kritisiert und er war selbst nie Teil der Regierung Kohl.

Ganz anders sieht dies bei Frank-Walter Steinmeier aus. Er gehörte selbst der Regierung Merkel zweimal an und er gilt als einer der Architekten der Russland-Politik, die auch Merkel betrieben hat. Zwar hat sich Steinmeier inzwischen deutlich von seiner damaligen Haltung distanziert (was Merkel bis heute vermeidet), aber tief im Innersten geht es Steinmeier natürlich immer noch darum, sein Wirken als Außenminister historisch möglichst gut aussehen zu lassen.

Schon die von Steinmeier genannte Begründung der Auszeichnung Merkels lässt aufhorchen. Er erklärte, sie werde von ihm „für Ihre außergewöhnlich lange Amtszeit und für Ihren außergewöhnlichen politischen Lebensweg, auf dem Sie die Erfahrung in der Diktatur so überzeugend einsetzten für die Stärkung der Demokratie“ geehrt. Merkel habe „unserem Land unter nie dagewesenen Herausforderungen neu zu wirtschaftlichem Erfolg verholfen. Wir blicken zurück auf 16 Jahre mit nahezu ununterbrochenem Wirtschaftswachstum, in denen die Geißel der Arbeitslosigkeit für die meisten Deutschen ihren Schrecken mehr und mehr verlor.“

Das kann man so sehen, man kann es aber sicher auch anders sehen. Merkels alternativloser Regierungsstil hat zumindest in den letzten Jahren ihrer Amtszeit die Demokratie mehr beschädigt als gefördert. Und der wirtschaftliche Boom, den Steinmeier ansprach, verdankt die deutsche Wirtschaft wohl eher Gerhard Schröders Reformkurs als Angela Merkel.

Und damit kommen wir dann zum Insichgeschäft des Ordensverleihers Steinmeier. Denn der erwähnte in seiner Rede auch den besonders heiklen Punkt in Merkels Regierungszeit: die Russlandpolitik. Der 24. Februar 2022, betonte Steinmeier, der Beginn des brutalen Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine, dieser „Epochenbruch“, fordere „von uns allen neues Nachdenken, ja er zwingt uns, Positionen zu überprüfen, das scheinbar Undenkbare mitzudenken und vor allem die Demokratie nach innen wie nach außen stärker zu machen“, betonte er. Putins Russland habe „die europäische Sicherheitsordnung, den Frieden auf unserem Kontinent, für den Sie – wie viele Ihrer Vorgänger im Kanzleramt – jahrzehntelang gearbeitet haben, in Schutt und Asche gelegt“, lautete sein Befund. Der 24. Februar 2022 habe „nicht nur Europa, er hat die Welt verändert und damit auch unseren Blick auf die Jahre deutscher und europäischer Politik zuvor. Wichtig ist, dass wir unsere Lehren daraus ziehen: Heute müssen wir anders denken, anders handeln – und das tut unser Land seit dem vergangenen Jahr mit großer Entschlossenheit, als größter Unterstützer der Ukraine innerhalb der EU.“

Unwillkürlich fragt man sich, ob diese Passage nun Merkel oder ihm selbst gegolten hat. Speziell Merkel hat jedenfalls bisher nichts von einer Neubewertung durch sie selbst erkennen lassen. Widersprochen hat sie Steinmeier nicht. Aber was sie wirklich darüber denkt?

Schlussbemerkung: Die CDU, die Partei, der Merkel angehört, obwohl sie, wie Steinmeier die Zuhörer wissen ließ, „streng genommen nicht einmal eingetreten“ war, hat gestern am späten Nachmittag Merkel schriftlich „zu dieser verdienten Ehre“ gratuliert. Die wird darauf keinen großen Wert mehr gelegt haben, zumal der aktuelle Parteivorsitzende Friedrich Merz zuvor auf einer Pressekonferenz ihre Auszeichnung nicht kommentieren wollte, weil sie eine autonome Entscheidung des Bundespräsidenten sei, die er und die CDU nicht zu kommentieren hätten. Sie selbst hatte bereits auf ihrer letzten Sommerpressekonferenz als Bundeskanzlerin Schwierigkeiten damit, ihre Mitgliedschaft in der CDU einzuordnen. Für se war es damals schon nur noch die Partei, die ihr nahestehe.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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