Mittwoch, 02. Juni 2021

Fuest rechnet mit Plänen zur Vermögensteuer ab

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„Aus Respekt vor Deiner Zukunft“ heißt das Programm der SPD für die Bundestagswahl 2021. Auf Seite 33 kann man im „Kapitel 3.3. Solidarität erweitern“ lesen, die SPD wolle „Lebensleistungen“ stärker berücksichtigen. Allerdings offenbar nur derjenigen, die Sozialleistungen benötigen. Der Zugang zum Arbeitslosengeld etwa soll erleichtert werden, es soll einen „sozialen Arbeitsmarkt“ geben und die Grundsicherung soll zum „Bürgergeld“ entwickelt werden.

Es „soll digital und unkompliziert zugänglich sein. Bescheide und Schriftwechsel sollen eine verständliche Sprache sprechen. Die Regelsätze im neuen Bürgergeld müssen zu einem Leben in Würde ausreichen und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen.“ Die SPD will „die gesetzliche Rente stärken und ein dauerhaft stabiles Rentenniveau von mindestens 48 Prozent“ gewährleisten. Gleichwohl soll das Renteneintrittsalter nicht erhöht werden und langjährig Versicherte weiterhin abschlagsfrei in Rente gehen dürfen. Zudem sollen alle in das gesetzliche Rentensystem eingebunden werden. Die SPD will auch „eine Vollversicherung als Bürgerversicherung, die alle pflegerischen Bedarfe und Leistungen abdeckt“ einführen. Wir brechen an dieser Stelle die Aufzählung weiterer Sozialleistungen aus dem Programm ab, weil auch so schon klar wird, diese Pläne kosten Geld, viel Geld. Und das soll offenbar vor allem von der Vermögenden, wer immer dies dann auch ist, aufgebracht werden.

Wie das in etwa aussehen soll, kann man Kapitel „2.7. Wie wir unsere Politik finanzieren wollen“ nachlesen. Es ist im Vergleich zum Kapitel über die erweiterte Solidarität etwas knapp ausgefallen, aber die davon Betroffenen erfahren dennoch, was auf sie zukommen wird, geht es nach der SPD: „Die Finanzierung der in diesem Zukunftsprogramm formulierten Schwerpunkte stellen wir sicher. Dazu werden wir die verfassungsrechtlich möglichen Spielräume zur Kreditaufnahme nutzen. Die gerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen ist eine Grundvoraussetzung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Die extrem ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen ist nicht nur sozialpolitisch bedenklich, sie ist auch ökonomisch unvernünftig. Die hohe und weiterwachsende Konzentration des Vermögens auf einige Hochvermögende verhindert nachhaltiges Wachstum und verschenkt wertvolle Potenziale.“ Kernpunkte zur Erreichung dieses Ziels sind für die SPD: Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und Steuerbetrug will sie konsequent ahnden.

Vergleichsweise gut klingt, dass die Steuern „für die Mehrheit“ gesenkt werden soll, nur diejenigen, „die besonders viel verdienen“, sollen mehr zahlen Drei Prozent Aufschlag auf die Einkommensteuer werden bei Verheirateten ab 500.000 Euro fällig, Ledige betrifft dies ab 250.000 Euro. Es gibt auch noch andere Nickligkeiten für ‘Besserverdiener’, aber die lassen wir hier mal weg.

Schauen wir uns lieber noch einen Punkt an, der auch bei den Linken im Wahlprogramm zu finden ist und sicher auch von Bündnis 90/Die Grünen noch endgültig verabschiedet werden wird: „Wir wollen die Vermögensteuer wieder in Kraft setzen, auch um die Finanzkraft der Länder für wichtige Zukunftsaufgaben zu verbessern“, steht auf Seite 23. Zur konkreten Ausgestaltung heißt es weiter: „Wer sehr viel Vermögen hat, muss einen größeren Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens leisten. Deshalb werden wir unter anderem einen maßvollen, einheitlichen Steuersatz von einem Prozent für sehr hohe Vermögen einführen. Gleichzeitig wird es hohe persönliche Freibeträge geben, so dass sich die Steuerbelastung auf besonders vermögende Teile der Bevölkerung konzentriert. Wir stellen sicher, dass mit der Vermögenssteuer keine Arbeitsplätze gefährdet werden. Die Grundlage von Betrieben wird bei der Vermögenssteuer verschont.“

Was ist davon in der wirtschaftlichen Realität zu halten? Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest hat es im Interview mit dem Merkur so ausgedrückt: „Ich bin kein Freund dieser Forderung. Aber wenn man sie erhebt, sollte man die Vermögensteuer nicht mit Ausnahmen durchlöchern. Sonst ist sie schnell verfassungswidrig, auf jeden Fall aber ungerecht. Das haben wir ja schon bei der Erbschaftsteuer erlebt. Wenn Sie einen Betrieb haben, konnten Sie früher, wenn Sie das Unternehmen weiterführten, quasi jeden Betrag steuerfrei erben. Heute können Sie ein Betriebsvermögen bis etwa 26 Millionen Euro unter bestimmten Bedingungen steuerfrei erben, unter speziellen Umständen noch deutlich mehr. Wenn jemand ein Mietshaus im Wert von 26 Millionen erbt, zahlt er voll Erbschaftsteuer – bis zu 50 Prozent. Was ist daran noch gerecht?“

Auch der Hoffnung der SPD, dies alles könne gehen, ohne ernsthaft Unternehmen oder Private spürbar zu belasten oder gar ohne Gefährdung der Arbeitsplätze in den mittelständischen Betrieben, erteilt er eine klare Absage: „Eine Vermögensteuer wäre kontraproduktiv. Nehmen wir einen mittelständischen Unternehmer mit einem Betrieb, der zehn Millionen Euro wert ist – aber durch die Corona-Krise gebeutelt. Der müsste auch 80.000 Euro pro Jahr zahlen. Die hat er vermutlich nicht. Außerdem wollen wir doch, dass er in seinen Betrieb investiert, damit die Jobs erhalten bleiben. Oder nehmen Sie einen Investor, der seinen Freibetrag für sein Privathaus verbraucht hat und überlegt, in München für zehn Millionen Euro ein Mietshaus zu bauen. Wenn er drei Prozent Rendite über die Mieten bekommt, ist er schon gut bedient. Von den drei Prozent zahlt er die Hälfte an Einkommensteuer. Kommt noch ein Prozent Vermögensteuer dazu, bleiben ihm 0,5 Prozent Rendite. Die beiden Steuern verschlingen gut 80 Prozent des Ertrags. Da investiert kein Mensch mehr. Eine Vermögensteuer wäre ein klares Signal gegen Investitionen in Deutschland.“

Zudem sollte die SPD den Wählern auch erklären, was die Erhebung der Vermögensteuer den Staat (und damit den Steuerzahler) kostet. Dann nicht liquides Vermögen muss gesondert bewertet werden. Fuest sagt dazu: „Der Fiskus müsste ganz tief in die Privatsphäre eindringen, im Grunde zu jedem nach Hause kommen und fragen: Haben Sie Antiquitäten, Gemälde, Schmuck? Goldbarren im Keller? Oder Oldtimer in der Garage? Das müsste alles erhoben werden.“

Sein Fazit, was eine Vermögensteuer einbringen würde, fällt vernichtend aus: „Wir haben dazu vor einigen Jahren eine Studie vorgelegt, deren Ergebnis lautet, dass sie am Ende dazu führt, dass alle ärmer sind – auch der Staat, weil weniger investiert wird und das Wirtschaftswachstum sinkt. Zwar gibt es Einnahmen aus der Vermögensteuer, aber dem stehen geringere Steuern aus anderen Quellen gegenüber.“

Fuest hat übrigens auf Nachfrage im Interview auch alternativen Vorschläge genannt, welche Steuererhöhungen bessere Maßnahmen wären: „Wir haben in der Einkommensteuer extreme Lücken. Nur ein Beispiel: Wertzuwächse bei vermieteten Immobilien sind nach einer Haltefrist von zehn Jahren steuerfrei. Das muss nicht sein. Der neue US-Präsident Joe Biden möchte Wohlhabende stärker besteuern, er denkt aber aus guten Gründen nicht an eine Nettovermögensteuer, sondern konzentriert sich darauf, Lücken in der Einkommensbesteuerung zu schließen. Auch eine maßvolle Erhöhung der Grundsteuer wäre denkbar. Es gibt viele Optionen, die besser sind als die Einführung einer Vermögensteuer.“

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