Mittwoch, 26. April 2023

Niedersachsen fordert garantierten Industriestrompreis von 7 Cent/kWh für energieintensive Unternehmen

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Während die Ampel in Berlin noch über die Umsetzung der Wärmewende streitet, haut Niedersachsen einen neuen Pflock in die politische Debatte der Energiewende. Das Windstromland Nr. 1 und erfolgreiche Industrieland will für die nächsten zehn Jahre einen garantierten Transformationsstrompreis für energieintensive Unternehmen. Ministerpräsident Stephan Weil, Umwelt- und Energieminister Dr. Christian Meyer und Wirtschaftsminister Olaf Lies stellten das Konzept, das der Bund umsetzen müsste, heute auf einer Pressekonferenz vor.

Weil machte unmissverständlich klar, er erwarte von der Bundesregierung ein schnelles Handeln. Der Industriestrompreis in Deutschland sei im internationalen Vergleich zu hoch. Mit den aktuellen Kosten seien die Unternehmen, die international aufgestellt seien, nicht wettbewerbsfähig. Er gefährde den Industriestandort Deutschland und damit auch den Standort Niedersachsen. Unter den gegebenen Bedingungen habe Deutschland keine Chance, auf Ansiedlung oder Weiterbetrieb energieintensiver Betriebe, auch keiner zukunftsfähigen Betriebe zur Umsetzung der Energiewende, wie etwa beispielsweise Batteriehersteller.

Aktuell betrage der Industriestrompreis etwa 15 Cent/kWh. Der sei international nicht wettbewerbsfähig. 7 Cent/kWh sei ein Preis, der nach Rücksprache mit den niedersächsischen Unternehmen wettbewerbsfähig sei, auch wenn dies im internationalen Vergleich immer noch ein hoher Preis sei. Ansiedlungswillige oder bestehende Betriebe bräuchten für die kommenden zehn Jahre Planungssicherheit. Danach werde es wettbewerbsfähiger Strompreis aus erneuerbaren Energien geben.

Gekoppelt werden soll dieses Vorgehen durch eine zusätzliche staatliche Investitionsförderung in Höhe von 25 Prozent. Das sei ebenfalls zwingend, da weltweit Unternehmen entsprechende staatliche Unterstützung erhielten. An vorderster Front sei hier die USA mit ihrem Inflation Reduction Act zu erwähnen, stellte Weil klar. Auch andere europäische Länder planten entsprechende Hilfen. Natürlich werde es Kritik geben, damit einen Subventionierungswettlauf zu beginnen. Aber wenn andere einfache losliefen, werde derjenige, der stehenbleibe, verlieren, so Weil.

Ebenso klar sei ihm, dass es gegen die Pläne auch Widerspruch geben werde. Insbesondere werde wahrscheinlich moniert, dieser Aufwand sei zu hoch. Die Landesregierung erwartet anfängliche Kosten in Höhe von elf bis zwölf Milliarden Euro jährlich, auf den gesamten Zeitraum Kosten von jährlich 7,5 bis 11,5 Milliarden Euro. Bezahlt werden muss das aus Steuergeldern. Weil empfahl, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds oder den Klima- und Transformationsfonds dafür zu nutzen. Die Investitionsförderung von 25 Prozent Investitionsprämie soll in Form einer Steuergutschrift erfolgen. Er halte dies für gerechtfertigt, unterstrich Weil. Man müsse gegenrechnen, was passiere, sollten die entsprechenden Maßnahmen nicht getroffen werden. Dann werde die energieintensive Industrie abwandern. Arbeitsplätze gingen verloren, Steuereinnahmen gingen zurück und die Einnahmen der Sozialkassen sänken. Gewünschte Neuansiedlungen werde es dann auch nicht geben.

Sollte der Bund sich für das Modell entscheiden, bedürfe es der Zustimmung der EU. Die sei nicht selbstverständlich, so Weil, aber für ihn gelte der Satz: „Europa wird es nicht besser gehen, wenn es Deutschland schlechter gehe.“ Die Notifizierung sei ein hochpolitischer Prozess, den die Bundesregierung führen müsse. Er sei aber erfolgreich zu bewältigen.

Meyer erläuterte, es solle zusätzlich Privilegien für die Unternehmen geben, die regional produzierten Strom nutzen. Es würden alle Stromverbraucher davon profitierten, sofern produzierter Strom nicht in Überlandnetz eingespeist werden müsse, sondern vor Ort verbraucht werde. Das senke die Netzentgelte für alle.

Weil hat mit diesem Vorstoß beweisen, dass er ein Macher im besten Sinne ist. Undogmatisch geht er Probleme an, die auf der Hand liegen. Er scheut sich nicht, sich damit bei Bedenkenträgern diverser Zirkel unbeliebt zu machen. Bemerkenswert war im Übrigen, dass Umweltminister Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) unmissverständlich feststellte: „Auch ich als Grüner Wirtschaftsminister habe kein Interesse an der Deindustrialisierung Deutschlands.“ Daran könnten sich Parteifreunde ein Beispiel nehmen!


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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