Dienstag, 25. April 2023

Rechenschaftsberichte der Parteien: der Staat als Beute?

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1993 hat Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim sein parteienkritisches Buch ‘Der Staat als Beute’ veröffentlicht. Darin geht es vor allem darum, wie Politiker in eigener Sache Gesetze machen. Geändert hat sich an den dort kritisierten Zuständen in der Sache wenig. Ein anschauliches Beispiel dafür liefern auch die im März von der Bundestagsverwaltung veröffentlichen Rechenschaftsberichte der Parteien für 2021. Sie ergeben ein relativ eindeutiges Bild. Nach der Verfassung (Art. 21 GG) sollen die Parteien „an der Willensbildung des Volkes“ mitwirken. Faktisch bestimmen sie die Willensbildung oder setzen sich darüber hinweg. Dabei lassen sie sich ihr Agieren vom Steuerzahler bestens vergüten. Zu beachten ist dabei, dass die staatlichen Zuwendungen an die Stiftungen der Parteien meist noch über das Maß der staatlichen Parteienfinanzierung hinausgehen. Deren Mittel dürfen zwar nicht für originäre Parteiarbeit verwandt werden, aber die Grenze ist fließend. Die Auswertung der Rechenschaftsberichte ergibt aktuell folgendes Bild (die nachfolgende Analyse beschränkt sich auf die Zahlen der im Bundestag vertretenen Parteien, mit Ausnahme des Südschleswigschen Wählerverbands).

Die CDU verbuchte insgesamt Einnahmen von 160.361.383,48  Euro. 23,02 Prozent davon (zweitniedrigster Wert) entstammen den Beiträgen der 384.200 Mitglieder, aber 31,81 Prozent kommen aus staatlichen Mitteln. Auf der Ausgabenseite schlagen insbesondere die Bundestagswahl 2021 und die Landtagswahlen zu Buche: 73.219.124,65 Millionen Euro ließ die CDU sich diese kosten (41,87 Prozent aller Ausgaben). Bei Gesamtausgaben von 174.862.945,16 Euro machte die Partei einen Verlust in Höhe von 14.501.561,68 Euro. Das Reinvermögen der Partei beläuft sich auf 203.453.314,47 Euro

Die Liste der Großspender mit 100.000 Euro oder mehr ist lang: ● Barbara Braun-Lüdicke spendete 107.000 Euro ● Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG), schon immer ein Tummelbecken bekannter CDU-Grüßen bis hin zu Dr. Helmut Kohl, mit stolzen 463.000 Euro auf ● 150.000 Euro kamen von Internetmilliardär Ralph Dommermuth (1&1) ● 300.000 Euro steuerte die Droege Group Düsseldorf bei ● Martin Herrenknecht ließ sich seine Sympathie für die CDU 298.450 Euro kosten ● Dr. Klaus Hommels spendet 100.000  ● Der Immobilienfondsmogul Christoph Alexander Kahl spendierte 531.290 Euro ● Andreas Lapp gab 105.030,68 Euro ● Die Berliner Luton Verwaltungs GmbH spendete 250.000 Euro ● Die gleiche Summe überwies Prof. Dr. Otto Max Näder ● Vergleichsweise bescheiden gab sich Dr. Arend Oetker, der ‘nur’ 127.000 Euro spendete ● 370.000 Euro bekam die CDU von Stephan Schambach ● 105.671 Euro überwies Patrick Schwarz-Schütte ● Thomas Frank Toporowicz gab 100.000 Euro ● 110.000 Euro kamen von der Trumpf SE und ● der Verband der chemischen Industrie steuerte 131.500 Euro bei.

Die SPD erzielte insgesamt Einnahmen von 171.461.756,76 Euro. Aus Beiträgen ihrer 393.725 Mitglieder stammten davon 54.518.493,91 Euro (31,80 Prozent; zweithöchster Wert). Aber 32,72 Prozent erhielt sie aus staatlichen Mitteln. 55,3 Millionen Euro ließ sie sich die Wahlkämpfe kosten (33,08 Prozent aller Ausgaben).Bei Gesamtausgaben von 167.198.452,72 Euro verbuchte sie einen minimalen Überschuss von 4.263.304,04 Euro. Ihr Reinvermögen beläuft sich auf 267.818.779,65 Euro (das höchste aller Parteien).

Großspender mit mehr als 100.000 Euro verzeichnet die SPD gerade einmal drei. Die ● DVAG gehört auch bei ihr dazu. Den Genossen spendete sie aber nur 111.000 Euro ● Verena Hubertz steuerte 102.078,19 Euro bei und die ● Pollmeier Massivholz GmbH & Co KG spendete 124.000 Euro. Ausgesprochen umfangreich ist dagegen unverändert die Beteiligungsliste der unternehmerischen Beteiligungen. Speziell im Medienbereich ist die SPD weiterhin stark engagiert.

Bündnis 90/Die Grünen verzeichneten Einnahmen von 86.776.719,14 Euro. 25,94 Prozent davon stammt von den 125.737 Mitgliedern der Partei. Die staatlich zugewandten Mittel bringen es dagegen auf 34,68 Prozent. Für die Wahlkämpfe des Jahres gab die Partei 42.620.344,96 Euro aus (46,15 aller Ausgaben). Bei Gesamtausgaben von 92.361.766,61 Euro machte die Partei ein Defizit von 5.585.047,47 Euro. Ihr Reinvermögen beträgt 66.924.585,41 Euro.

Bei den Großspendern über 100.000 Euro glänzt wieder die ● DVAG, die den Grünen 106.000 Euro zukommen ließ ● Frank Hansen spendierte 121.200 Euro ● 250.000 Euro gab Sebastian Schels ● Moritz Schmitz gab sogar 1.000.300 Euro ●Über eine Million Euro spendete auch Steven Schuurmann aus Rotterdam (1.250.000 Euro) ● Antonis Schwarz spendierte 510.600 Euro.

Die AfD hatte Einnahmen in Höhe von 24.925.567,43 Euro. Davon stammten 16,79 Prozent (niedrigster Wert) aus den Beiträgen der 30.085 Mitglieder, aber 44,14 Prozent aus staatlichen Quellen (der mit Abstand höchste Wert). Ziemlich viel für eine Partei, die gerne Staatsnähe der anderen kritisiert. 15.535.941,45 Euro (45,48 Prozent aller Ausgaben) gingen für die Wahlkämpfe drauf. Bei Gesamtausgaben von 34.157.973,37 Euro ergab dies ein Defizit von 9.232.405,94 Euro. Das Reinvermögen der Partei beläuft sich auf 23.376.249,28 Euro.

Großspender, die mehr als 100.000 Euro gespendet haben, gab es 2021 nicht. Dafür erhielt der Kreisverband Ludwigsburg eine Erbschaft über 172.983 Euro.

Die FDP konnte sich über Einnahmen in Höhe von 51.558.470,95 Euro freuen. Davon stammten 10.744.791,25 Euro (20,84 Prozent) aus den Beiträgen der 77.795 Mitglieder (zweitniedrigster Wert), aber auch nur 16.033.499,25 Euro (31,10 Prozent; niedrigster Wert) aus staatlichen Mitteln. Für Wahlkämpfe gab die FDP 25.183.465,60 Euro aus (48,73 Prozent aller Ausgaben; der höchste Wert). Bei Gesamtausgaben von 51.676.739,87 Euro weist die Rechnung ein Defizit von 118.268,92 Euro aus. Das Reinvermögen der Partei beträgt 23.453.016,61 Euro.

Die FDP konnte sich mit Abstand über die meisten Großspenden freuen. 100.000 Euro und mehr gaben 23 Personen bzw. Unternehmen der Partei. Dazu gehört wieder –wenig überraschend – die ● DVAG mit 252.500 Euro ● Ralph Dommermuth, der ebenfalls auch die CDU bedacht hatte, steuerte 100.000 Euro bei ● Mit der gleichen Summe taucht die Droege Group auf (ebenfalls CDU-Großspender) ● Die Vermögensverwaltung Dr. Flossbach von Storch AG spendete 431.452 Euro ● 200.000 Euro ließ die Gröner Family Office GmbH der FDP zukommen ● Weitere 100.000 Euro steuerte Herbert Tobias Hagemeyer bei ● 110.288 Euro spendierte Ingo Hillen ● Klaus Hommels ließ der Partei 100.000 Euro zukommen ● Dr. Georg Kofler spendete 750.000 Euro und ● André Kolbinger 120.000 Euro. Weitere 100.000 Euro kamen aus Bangkok von ● Harald Link ●250.000 Euro spendete die Luton Verwaltungs GmbH, die auch die CDU entsprechend bedacht hat, sowie 100.000 Euro ● Nico Mader. 209.000 Euro gönnte ● Carsten Machmeyer der Partei ● Prof. Hans Georg Näder zahlte 250.500 Euro in die Spendenkasse, die er auch der CDU zugewandt hat. Die ● PRS Family Trust GmbH spendete 120.000 Euro ● 200.000 Euro erhielt die Partei von Stephan Schambach, der an die CDU noch mehr gegeben hatte ● Der Discounter TEDi spendeten ebenfalls 100.000 Euro wie die ● Themis Beteiligungs AG. Weitere 120.000 Euro steuerte der ● Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie bei ● 100.000 spendierten die ● VÖLKEL GmbH Remscheid und die Woolworth GmbH ● 105.000 Euro gönnte Dr. Walter Wübben der Partei.

Die CSU kam 2021 auf Gesamteinnahmen in Höhe von 39.945.742,33 Euro. Davon stammten 11.141.838,02 Euro (27,89 Prozent) von den 130.379 Mitgliedern. Die staatlichen Mittel machen bei der CSU 39,32 Prozent aus (der zweithöchste Wert nach der AfD). Für Wahlkämpfe, im Falle der CSU 2021 im Wesentlichen den Bundestagswahlkampf, gab sie 10.399.731,72 Euro aus (27,60 Prozent aller Ausgaben). Bei Gesamtausgaben von 37.685.670,09 Euro verbuchte sie einen Überschuss von 2.260.072,09 Euro. Das Reinvermögen beläuft sich auf 43.444.156,84 Euro.

Großspender hatte die CSU nur zwei. Nicht einmal die DVAG spendet ihr. Immerhin die Sixt GmbH gönnte ihr 130.821,52 Euro und stolze 755.000 Euro machte der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie für sie locker.

Die Linke erzielte Einnahmen von 33.324.440,58 Euro. Davon stammten 10.845.508,71 Euro von den 60.670 Mitgliedern (32,55 Prozent; der höchste Wert). Die staatlichen Mittel machen bei der Linken 37,80 Prozent aus. Für Wahlkämpfe verwandt sie 13.012.854,57 Euro (35 Prozent aller Ausgaben). Bei Gesamtausgaben von 37.179.692,29 betrug das Defizit 3.855.251,71 Euro. Das Reinvermögen der Partei beläuft sich auf 41.489.225,19 Euro. Nicht ganz überraschend gab es 2021 keine Großspender mit mehr als 100.000 Euro.

Klar ist, wer gegen Parteispenden größeren Ausmaßes ist, der muss zwangsläufig akzeptieren, dass auch staatliche Mittel an die Parteien fließen. Allein, das Verhältnis zwischen Beiträgen und staatlicher Unterstützung ist inzwischen in eine deutliche Schieflage geraten.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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