Donnerstag, 13. April 2023

Bereichert der WDR die Gesellschaft oder sich selbst?

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„Wir bereichern die Gesellschaft“, so titelt der WDR auf Seite 4 seines Geschäftsberichts für das Geschäftsjahr 2021. Zyniker könnten dem entgegenhalten, richtiger müsste es „Wir bereichern uns an der Gesellschaft“ heißen. Aber so weit wollen wir nicht gehen, obwohl so manches, was man dem Zahlenwerk entnehmen kann, derartige Gedanken immerhin nicht ganz abwegig erscheinen lässt.

So hat der WDR 2021 einen Verlust („Betriebshaushaltsergebnis“) von 81 Millionen Euro ausgewiesen. Einnahmen von 1,531 Milliarden Euro standen Ausgaben in Höhe von 1,612 Milliarden Euro gegenüber. Das macht aber fast nichts, denn das Ergebnis wird, so der Geschäftsbericht, „in die maßgebliche Finanzrechnung übertragen. Dort werden nicht finanzwirksame Effekte korrigiert, wie zum Beispiel die Mittel für die zukünftige Altersversorgung.“ In dieser Finanzrechnung erzielt der WDR einen Überschuss von beachtlichen 97,5 Millionen Euro, „die der Allgemeinen Ausgleichsrücklage zugeführt werden“.

Den Unterschied der Rechnungswerke erläutert der WDR so: In der Betriebshaushaltsrechnung seien auch Positionen enthalten, „die keine realen Einnahmen und Ausgaben darstellen, sondern rein kalkulatorischen Charakter haben, wie etwa Abschreibungen oder Zuführungen zu Rückstellungen“. Zuführungen zu Rückstellungen sind in der Tat keine Ausgaben, aber sie dürfen nur unter bestimmten Bedingungen getätigt und verwandt werden. Konkret: Die Inanspruchnahme der Rückstellung muss wahrscheinlich sein. Es geht also um begründete Belastungen der Zukunft. Beim WDR vor allem um Pensionsrückstellungen.

In der Finanzrechnung werde, so heißt es weiter, „das finanzwirtschaftliche (liquiditätswirksame) Ergebnis ermittelt, das sich aus der Differenz von Einnahmen und Ausgaben ergibt. Auch die Finanzrechnung muss laut WDR-Gesetz ausgeglichen sein. Dieser Ausgleich erfolgt, indem Überschüsse der Allgemeinen Ausgleichsrücklage zugeführt und Fehlbeträge der Allgemeinen Ausgleichsrücklage entnommen werden. Die Allgemeine Ausgleichsrücklage dient der Sicherstellung einer mehrjährigen, möglichst gleichmäßigen Verwendung der Einnahmen, um unabhängig von der Höhe des Rundfunkbeitrages einen ausgeglichenen Haushalt weitgehend sicherzustellen.

Noch kryptischer wird es, sofern man die Erklärung des Betriebshaushaltsverlustes liest. Der ist nämlich nach Meinung des WDR wegen Sachverhalten entstanden, die weder vom WDR beeinflussbar noch dem operativen Geschäft zuzuordnen sind. So führten „die anzuwendenden Regelungen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) zur Altersversorgung dazu, dass die Verpflichtungen aus der Altersversorgung in Höhe des Barwertes in der Bilanz abzubilden“ seien. Der Barwert ergebe sich „bei ansonsten unveränderten Ansprüchen in Abhängigkeit vom jeweils zugrunde zu legenden Rechnungszins. Auf die Höhe des Rechnungszinses hat der WDR keinen Einfluss. Dies führte 2021 gegenüber dem Vorjahr zu zinsänderungsbedingten Mehraufwendungen und damit zu einer Verschlechterung von 144,9 Millionen Euro, welche dem Ergebnis wieder hinzuzurechnen“ seien.

Das ist allerdings eine eher vernebelnde Darstellung der Pensionslasten. Es geht schließlich um bestehende Pensionsansprüche, die vom WDR, sobald sie fällig sind, zu erfüllen sind (bis zum Tode des Berechtigten). Die Höhe der Pensionsverpflichtungen hat der WDR eigenverantwortlich begründet. Daran ändert gar nichts, dass er keinen Einfluss auf den Rechnungszins hat. Die Mittel dafür muss der WDR selbst aufbringen, auch wenn sie in Teilen aktuell nur fiktiv sind.

Viel spannender ist daher, sich die aktuellen Gehälter und Pensionsansprüche der WDR-Direktoren anzuschauen, die im Anhang des Geschäftsberichts veröffentlicht sind. Nehmen wir nur einmal Intendant Tom Buhrow. Er erhielt 424.300 Euro. Der Barwert seiner Pensionsansprüche beträgt 4.143.000 Euro. Die weiteren Zahlen können Sie der nebenstehenden Übersicht entnehmen. Für die Mitglieder der Geschäftsleitung, die ab dem 2014 neu in die Geschäftsleitung eingetreten sind (Dr. Katrin Vernau, inzwischen Intendantin des rbb, und Valerie Weber, inzwischen wieder ausgeschieden), die zuvor noch nicht im WDR oder einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt beschäftigt waren, „wurde die Altersversorgungsleistung auf ein beitragsorientiertes System umgestellt. Für diese Geschäftsleitungsmitglieder wird monatlich eine vertraglich festgelegte Prämie für die Versorgung aufgewendet.“ Für Vernau und Weber wurden 2021 dafür jeweils 136.000 Euro gezahlt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass laut Betriebshaushaltsrechnung für die Mitarbeiter des WDR (zum 31.12.2021 waren es 4.206 fest angestellte)und 240 Millionen Euro für „Altersvorsorge, den Vorruhestand und die Altersteilzeit“ aufgewandt wurden. Der Deckungsstock für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung beläuft sich inzwischen auf 1.397 Milliarden Euro.

Werfen wir abschließend noch einen Blick auf das, was der WDR so produziert und beschränken uns dabei auf den Bereich Fernsehen. Laut dem Geschäftsbericht hat das Erste 2021 im Gemeinschaftsprogramm insgesamt 454.335 Stunden gesendet (rund 21 Stunden pro Tag). Der WDR hat dazu rund ein Viertel der Sendezeit beigetragen. Davon entfielen ● 112.387 Stunden auf Spielfilme (25 Prozent) ● 61.261 Stunden auf Unterhaltung (13 Prozent) und ● 38.808 Stunden auf Sport (9 Prozent). Zusammen entfallen also fast 50 Prozent der Sendezeit auf Bereiche, die eher weniger unter das viel zitierte Schlagwort der demokratiestiftenden Wirkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fallen. Der Anteil des WDR bei diesen Bereichen beträgt rund 20 Prozent. Das Vorabendprogramm des Ersten besteht zu 80 Prozent aus „Unterhaltungsprogramm“. Fast 60 Prozent des im WDR Fernsehen gesendeten Programms besteht aus Wiederholungen!

PDF-Download WDR Geschäftsbericht 2021

Dateibeilagen zum Download:

Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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