Dienstag, 23. August 2022

Verwaltungsgericht Düsseldorf erklärt Corona-Rückforderungsbescheide des Landes NRW für rechtswidrig

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In der vergangenen Woche hat das Verwaltungsgericht (VerwG) Düsseldorf ein bemerkenswertes Urteil zur Rückforderung von Corona-Hilfen verkündet. Die Kläger des Verfahrens, der Betreiber eines Düsseldorfer Schnellrestaurants, die Betreiberin eines Kosmetikstudios und ein Steuerberater aus Düsseldorf, der einen Großteil seiner Umsätze durch die Aus- und Fortbildung von Steuerberatern erwirtschaftet, erlitten durch die zeitweilige Geschäftsschließung bzw. den Wegfall von Präsenzvorträgen Umsatzeinbußen. Nachdem sie zunächst aufgrund von Ende März bzw. Anfang April 2020 erlassenen Bewilligungsbescheiden der zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf Soforthilfen in Höhe von jeweils 9.000 Euro erhalten hatten, setzte die Behörde im Rahmen sog. Rückmeldeverfahren später die Höhe der Soforthilfe auf ca. 2.000 Euro fest und forderte etwa 7.000 Euro zurück.

Diese Bescheide hat die 20. Kammer des VerwG für rechtswidrig erklärt. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schlussbescheide komme es auf die Förderpraxis des Landes während des Antragsverfahrens bis zum Erlass der Bewilligungsbescheide an. Die in den damaligen Bewilligungsbescheiden zum Ausdruck gekommene Verwaltungspraxis des Landes habe mit den in den Schlussbescheiden getroffenen Festsetzungen nicht übereingestimmt. Während des Bewilligungsverfahrens durften die Hilfeempfänger aufgrund von Formulierungen in online vom Land bereit gestellten Hinweisen, den Antragsvordrucken und den Zuwendungsbescheiden eher davon ausgehen, dass pandemiebedingte Umsatzausfälle sollten für den Erhalt und das Behalten dürfen der Geldleistungen ausschlaggebend sein. Demgegenüber habe das Land bei Erlass der Schlussbescheide auf das Vorliegen eines Liquiditätsengpasses abgestellt, der eine Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Geschäftsbetriebes, also einen Verlust, voraussetzte.

Diese Vorgehensweise sei rechtsfehlerhaft, weil diese Handhabung von der maßgeblichen Förderpraxis abgewichen sei. Mit Blick darauf habe auch die Richtlinie des damaligen Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW vom 31. Mai 2020, die erstmals eine Definition des Begriffs des Liquiditätsengpasses enthielt, trotz ihres rückwirkenden Inkrafttretens bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schlussbescheide nicht berücksichtigt werden können. Abgesehen davon seien die ursprünglichen Bewilligungsbescheide hinsichtlich einer etwaigen Rückerstattungsverpflichtung auch missverständlich formuliert. Insbesondere hätten die Zuwendungsempfänger dem Inhalt der Bescheide nicht verlässlich entnehmen können, nach welchen Parametern eine Rückzahlung zu berechnen sei.

Die Entscheidung hat für Nordrhein-Westfalen, aber auch für andere Bundesländer erhebliche Sprengkraft. Beim Verwaltungsgericht Düsseldorf sind nach Angaben des Gerichts noch weitere ca. 500 Klageverfahren rund um den Komplex der Corona-Soforthilfen anhängig. Wie mit diesen umzugehen sei, werde die Kammer in Kürze entscheiden. In den drei entschiedenen Streitfällen, die repräsentativ für einen Großteil der weiteren Verfahren seien, habe die Kammer die Berufung zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.

Es bleibt abzuwarten, wie die neue Landesregierung auf dieses Urteilt reagiert. Denkbar wäre, es nicht auf einen jahrelangen Rechtsstreit ankommen zu lassen, sondern die ausstehenden Fälle in Sinne der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu lösen. Alles andere würde bei den Betroffenen zu Recht Unmut erzeugen, den die neue Regierung kaum gebrauchen kann, will sie ihre aktuellen Pläne erfolgreich umsetzen.


Verfasst von: markt-intern Verlag | Kommentare (0)

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