Freitag, 07. Januar 2022

Verzichtet die Handwerkskammer Frankfurt auf Beitragsbescheide gegenüber ihr bekannten Widerspruchsführern der Vergangenheit?

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Über ein sehr erstaunliches Verhalten der Handwerkskammer (HWKFrankfurt a.M. sowie eine erfreuliche Entwicklung für deren Mitglieder, die sich gegen Beitragsbescheide wehren, hat Ende letzten Jahres der Bundesverband für freie Kammern (bffk) berichtet. Zu denen, die sich gegen die HWK Frankfurt wehren, gehören auch mi-Abonnenten, die über den bffk ihre Beitragsbescheide in der Vergangenheit auf Plausibilität haben überprüfen lassen. Zusammen haben die Widerspruchsführer inzwischen mehrere Tausend Euro Beiträge gespart. Doch der Reihe nach.

Die HWK Frankfurt a.M. gehört zu einer Vielzahl von Kammern, die in der Vergangenheit rechtswidrig Vermögen oder unzulässige Rücklagen gebildet haben. Dagegen gehen seit Jahren Mitglieder des bffk vor. Im Juni 2016 kam es zur mündlichen Verhandlung eines Mitglieds des bffk und der HWK Frankfurt im Streit um die Beitragsveranlagung vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt. Am Ende der Verhandlung stand offenbar auch für die HWK ihre rechtlich aussichtslose Lage fest. Jedenfalls hob sie noch im Gerichtssaal die streitbefangenen Beitragsbescheide auf.

Aufgrund dieses Verhaltens erhoben Mitgliedsfirmen des bffk danach immer öfter Widersprüche gegen die Beitragsveranlagung der HWK Frankfurt, die bis ins Jahr 2018 nach Angaben des bffk aufgrund der vor diversen Gerichten bestätigten Rechtsauffassung des bffk ohne gerichtliche Auseinandersetzung erfolgreich waren.

2019 änderte die HWK Frankfurt allerdings ihre Vorgehensweise. Sie wies entsprechende Widersprüche kostenpflichtig zurück. Im März 2021 wurde vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt intensiv mündlich verhandelt. Das Ergebnis: Im Juli 2021 wurden die streitbefangenen Bescheide allesamt aufgehoben.

Zuvor war 2020 die Zahl der Betriebe, die sich gegen die Beitragsveranlagung zur Wehr setzen, wenig überraschend weiter angestiegen. Nicht zuletzt wohl deshalb wies die HWK Frankfurt wiederum auch diese Widersprüche kostenpflichtig zurück. Daraufhin landeten etliche Klagen vor den Verwaltungsgerichten in Darmstadt und Frankfurt. Doch, oh Wunder, die HWK änderte erneut ihre eigene Haltung. bffk-Bundesgeschäftsführer Kai Boeddinghaus gegenüber Mi: „Ende November 2021 hat die HWK Frankfurt alle Verfahren beendet. Alle Bescheide wurden aufgehoben. Die betreffenden Mitglieder sind damit vom Beitragszwang auch für das Jahr 2020 befreit. Sie sparen zusammen nun rund 5.000 Euro.“

Die HWK beurteilt ihr Verhalten in den Fällen anders. Pressesprecherin Patricia C. Borna betont gegenüber Mi: Die rechtlichen Vorgaben sowie Entscheidungen der Gerichte erfahren regelmäßig Aktualisierungen. In den angesprochenen Fällen lagen diese zeitlich später als die Entscheidung der Vollversammlung, sodass wir in diesen, von Ihnen angesprochenen, Einzelfällen kulant sein konnten.“ Das wirkt allerdings eher wie ein Versuch, das Ergebnis für die Kammer annehmbarer erscheinen zu lassen. Im Ergebnis bleibt es jedenfalls bei dem wirtschaftlich für die entsprechenden Mitglieder sehr erfreulichem Ergebnis, keine Beiträge zahlen zu müssen.

Aber es kommt nach Einschätzung des bffk noch besser. Boeddinghaus erläutert: „Einige dieser Mitglieder berichten, dass sie für die Jahre 2020 und 2021 gar keine Beitragsbescheide der HWK mehr erhalten haben. Ganz offenkundig glaubt die HWK immer noch nicht an die Rechtmäßigkeit der eigenen Wirtschaftsführung.“ Wir wollten daher von der HWK Frankfurt wissen, ob sie tatsächlich generell gegenüber ihr bekannten Widerspruchsführer der Vergangenheit aktuell auf eine Beitragsveranlagung verzichtet. Doch dem widerspricht Borna entschieden: Nein. Grundsätzlich wird die Gestaltung der Beiträge durch die Gremien der Handwerkskammer verabschiedet und durch das Ministerium genehmigt. Die Handwerkskammer berücksichtigt hierbei selbstverständlich alle rechtlichen Vorgaben sowie Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, auch in Bezug auf die Rücklagen.“

Überprüfen lässt sich naturgemäß nur schwer, welche Mitglieder aktuell einen Beitragsbescheid erhalten und welche nicht. Jedenfalls scheint sicher, dass sich bei dieser Haltung der HWK wohl wieder Gerichte mit der Frage beschäftigen werden, ob die Beitragsveranlagung der HWK Frankfurt inzwischen rechtlich korrekt abläuft.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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