Selbstanzeige ohne Auftrag

Selbstanzeige ohne Auftrag Zu den unangenehmsten Berufsversehen gehört es, wenn vergessen wird, einen Antrag fristgemäß zu stellen oder Unterlagen beim Finanzamt einzureichen und dem Mandanten hierdurch ein Schaden entsteht. Eher selten dürfte es jedoch in der Praxis vorkommen, dass ein rechtlich relevantes Schreiben ohne Auftrag oder entgegen dem maßgeblichen Willen des Mandanten an die Finanzverwaltung geleitet wird. Mit einem solchen Fall hatte sich der 9. Zivilsenat des BGH zu befassen. Ein Rechtsanwalt wurde von einer Apothekerin beauftragt, eine Selbstanzeige vorzubereiten, die erst nach Rücksprache mit der Mandantin abgesandt werden sollte. Aufgrund eines Kanzleiversehens wurde diese ohne vorherige Besprechung mit der Apothekerin an das zuständige Finanzamt geschickt. Sie entfaltete eine strafbefreiende Wirkung, führte jedoch zu Steuernachzahlungen in Höhe von rund 68.000 €. Diesen Betrag nebst weiterer Kosten verlangte die Betroffene von dem Anwalt als Schadenersatz. Er habe die Selbstanzeige entgegen ihrer Weisung an das Finanzamt herausgegeben, welches hierdurch in die Lage versetzt worden sei, die von ihr hinterzogenen Steuern zu erheben. Mit Urteil vom 9.11.2017 (Az. IX ZR 270/16, stbi 231801) stellte der BGH jedoch klar, dass die gegen die Mandantin festgesetzte Steuer kein ersatzfähiger Schaden ist. Grundsätzlich liegt nach Ansicht der Richter eine Pflichtverletzung vor, falls der Berater von einer Weisung des Mandanten abweicht, was Schadenersatzpflichten auslösen kann. Nach diesen Grundsätzen hatte der beklagte Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflichten verletzt. Allerdings begründe dies im vorliegenden Fall keine Schadenersatzpflicht, da die Vermögensminderung der Mandantin nicht durch das haftungsbegründende Ereignis verursacht worden sei. Diese war im vorliegenden Fall auf unrichtige Angaben in den Steuererklärungen früherer Jahre zurückzuführen.