Donnerstag, 10. November 2022

HDE prognostiziert ein Weihnachtsgeschäft unter „schwierigen Bedingungen“

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Wohl selten fand eine Weihnachtspressekonferenz des Handelsverbands Deutschland (HDE) in diesem Jahrtausend unter derart schwierigen Konsumbedingungen statt. Entsprechend verhalten fiel auch die Prognose des HDE zur Umsatzentwicklung im Weihnachtsgeschäft aus. Wobei, bedenkt man die Höhe der Inflation und die Ungewissheit der Verbraucher im Hinblick auf die persönlichen Belastungen im kommenden Jahr, sind die Erwartungen vergleichsweise überraschend positiv. So erwartet der HDE eine nominelle Umsatzsteigerung des gesamten Einzelhandels für das Weihnachtsgeschäft (November und Dezember) von 5,4 Prozent auf 120,3 Milliarden Euro. 21,2 Milliarden Euro (+1,4 Prozent) entfallen darauf auf die Onlineumsätze. Real bedeutet dies allerdings einen Rückgang um 4,0 Prozent (bzw. 4,5 Prozent bei den Onlineumsätzen).

Für das Gesamtjahr geht der HDE von einer Umsatzsteigerung des gesamten Einzelhandels von 7,5 Prozent auf 633,4 Milliarden Euro aus (real: –0,1 Prozent). Erstmals erwartet der Verband für den Onlineumsatz einen nominellen Rückgang (–2,3 Prozent) auf 84,7 Milliarden Euro. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth sieht darin allerdings nur eine Rückkehr zur normalen Steigerungsrate im Vergleich zur Vor-Corona-Situation. So hätten die Onlineumsätze 2019 erst 59,2 Milliarden Euro betragen. Während Corona sei der Onlineumsatz überproportional gestiegen. In diesem Jahr sei hinzugekommen, dass der stationäre Handel von der Aufhebung der Lockdowns und der Maskenpflicht profitiert habe, weshalb die Verbraucher wieder mehr stationär eingekauft hätten.

Weihnachten ist und bleibt aber das Fest der Deutschen. Insofern wollen sich auch überraschend wenige Verbraucher bei den Weihnachtsverkäufen einschränken. Während die Konsumlaune der Verbraucher im Jahresverlauf drastisch eingebrochen ist, sind die Angaben der Kunden, wie viel sie in diesem Jahr für Weihnachtsgeschenke ausgeben wollen, kaum verändert. Immerhin 19 Prozent geben hier an, mehr als 300 Euro dafür aufwenden zu wollen. 41 Prozent wollen genauso viel ausgeben wie im Vorjahr. Die Händler selbst sehen deutlich pessimistischer sowohl auf das Weihnachtsgeschäft als auch die Entwicklung im kommenden Jahr. Dagegen erwarten 87 Prozent der Händler, dass die wirtschaftlichen Umstände das Weihnachtsgeschäft „stark negativ beeinflussen werden“. 79 Prozent gehen davon aus, dass ihr Weihnachtsgeschäft „schlechter sein wird als vor der Corona-Pandemie“. Im Übrigen wollen 30 Prozent der Verbraucher Geschenkgutscheine und 19 Prozent Bargeld verschenken. Welche Branche sich dann letztlich über diese Beträge freuen kann, ist schwer zu prognostizieren.

Interessant ist auch ein Blick auf die unterschiedlichen Branchen. Am heterogensten verhält sich die Sportartikelbranche. Hier erwarten 53 Prozent deutlich schlechter Weihnachtsgeschäfte als im Vorjahr, zugleich aber 13 Prozent deutlich besser und 20 Prozent bessere Weihnachtsgeschäfte. Nahrungs- und Genussmittelanbieter sind die Branche, in der mit am wenigsten mit deutlichen Einbrüchen gerechnet wird (16 Prozent), obwohl auch dort 50 Prozent schlechtere Geschäfte erwarten. Ähnlich verhält es sich bei Bekleidung und Textilien. Hier erwarten sogar nur 15 deutlich schlechtere Geschäfte, aber 54 Prozent schlechtere Geschäfte. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dies Branche unter Corona deutlich stärker gelitten hat als der Bereich Nahrungs- und Genussmittel. Den höchsten Anteil positiver Erwartungen gibt es bei Drogerien und Parfümerien. Hier gehen 29 Prozent von besseren Geschäften und 7 Prozent von deutlich besseren Geschäften aus.

Wie sich die Umsätze im Einzelhandel 2023 entwickeln werden, wird maßgeblich davon abhängen, wann welche staatlichen Hilfen bei den Verbrauchern ankommen werden und wie stark die Rezession ausfallen wird. Klar ist jedenfalls, dass langlebige Anschaffungen derzeit von den meisten Verbrauchern eher zurückgestellt werden. Allerdings gibt es sehr wohl unverändert hohe Umsätze im Luxusbereich. Eine Konsequenz der Tatsache, dass die Lebensverhältnisse in Teilen der Bevölkerung sehr weit auseinanderfallen. Es überrascht daher nicht, dass Genth für die Branche vor allem an den Gesetzgeber appelliert, spürbare und schnelle staatliche Hilfen für die Verbraucher zur Abwendung der hohen Lebenshaltungs- und Energiekosten zu beschließen.

Ach ja, was denkt Genth eigentlich über die Zukunft des Geschäftstyps Warenhaus? „Ich halte es nicht für angebracht, in den Abgesang des Warenhauses einzustimmen.“ Es komme darauf an, mit den richtigen Konzepten und Angeboten die Verbraucher anzusprechen. Dann habe dieser Verkaufstyp seine Berechtigung und könne erfolgreich sein. Muss er wohl so sagen und ist theoretisch auch richtig. Wie oft und an welchen Orten Deutschlands sich diese Erkenntnis dann praktisch umsetzen lässt, ist aber noch einmal eine ganz andere Frage.


Verfasst von: markt-intern Verlag | Kommentare (0)

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