Donnerstag, 03. Februar 2022

Energiewende und Digitalisierung beherrschen Jahresempfang der Bundesbank in Düsseldorf

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Wie schon im vergangenen Jahr konnte auch der diesjährige Jahresempfang der Deutschen Bundesbank in der Hauptverwaltung Düsseldorf nur virtuell durchgeführt werden. Und wir wiederholen uns ungern: Das ist für Veranstaltungen dieser Art kein Ersatz für eine Präsenzveranstaltung. Moderatorin Susanne Wieseler gab sich zwar alle Mühe, gute Laune und Spannung bei den Zuschauern zu erzeugen, aber dies gelingt halt ohne vor Ort anwesendes Publikum generell nur bedingt. Vor Ort anwesend war der seit Dezember 2021 amtierende Präsident der Hauptverwaltung Nordrhein-Westfalen der Deutschen Bundesbank, Jochen Metzger. Zugeschaltet waren Dr. Sabine Mauderer, Vorstand der Deutschen Bundesbank, und Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart.

Mauderer steht für einen neuen Typus im Vorstand der Bundesbank: Frau, vergleichsweise jung und sympathisch im Auftritt. So ließ sie beispielsweise nebenbei in einer Fragerunde wissen, sie fahre eigentlich immer mit dem Fahrrad in die Bundesbank. Das dürfte es dort im Vorstand zuvor noch nicht gegeben haben. Sie hatte ihren Vortrag mit zwei Fragen überschrieben, die unter einem philosophischen Blickwinkel ganze Hauptseminare zu beschäftigen wüssten: Wo stehen wir? Und wohin gehen wir? Doch, keine Sorge, sie arbeitete die Fragestellung recht konkret ab.

Wer Aussagen zur Geldpolitik in ihrem Vortrag vermisse, stellte sie eingangs klar, dem müsse sie sagen, solche könne es am 2. Februar von der Bundesbank nicht geben. Denn, so Mauderer zu Recht, „Morgen tagt der EZB-Rat in seiner geldpolitischen Sitzung. Wir befinden uns aktuell in der sogenannten ‘quiet period’. Ich werde mich also heute nicht zur Geldpolitik äußern.“

Geäußert hat sie sich dagegen zur Wirtschaft. Die Pandemie habe „zu einem globalen Wirtschaftseinbruch wie nie zuvor geführt“. Die Erholung der Weltwirtschaft verlaufe unstetig: „In vielen Industrieländern nahm die Wirtschaft im vergangenen Sommer zwar an Fahrt auf. Doch schon im Herbst wurde sie durch die Ausbreitung der Delta-Variante und Lieferengpässe wieder gebremst. Vor allem in Europa hat sich die wirtschaftliche Erholung im Winterhalbjahr infolge des Infektionsgeschehens merklich verlangsamt.“

In Deutschland sei die Wirtschaftsleistung im letzten Quartal 2021 sogar gesunken. Im Vergleich zum dritten Quartal ging das BIP um 0,7 Prozent zurück. Im Jahresdurchschnitt sei das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorjahr zwar um 2,8 Prozent gewachsen. Dabei habe sich die Wirtschaftsleistung in fast allen Bereichen ein Stück erholt. „2020 aber war die Wirtschaft hierzulande“, betonte Mauderer, „insgesamt um 4,6 Prozent eingebrochen. Diese Verluste konnten also im vergangenen Jahr nicht wettgemacht werden.“

Hoffnung mache dagegen die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Nach den aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit sei die Arbeitslosenquote im Januar 2022 saisonbereinigt auf 5,1 Prozent gefallen. Im Vergleich zum Januar 2021 war die Zahl der Arbeitslosen um mehr als 400.000 geringer. Darüber hinaus seien die Auftragsbücher in der Industrie und im Baugewerbe gut gefüllt. Die Bundesbank erwartet deshalb, dass die deutsche Wirtschaft ab dem Frühjahr 2022 wieder kräftig Fahrt aufnimmt. Allerdings gebe es einige Risikofaktoren, die dies verhindern könnten. Konkret nannte sie die Pandemie, die anhaltenden Lieferengpässe, die steigenden Preise für Energie und Vorprodukte sowie die geopolitischen Spannungen.

Kommen wir zur zweiten Frage, die sie aufgeworfen hatte: Wohin gehen wir? Der Klimawandel und die Digitalisierung würden unsere Wirtschaft von Grund auf ändern. Die geplante Transformation der Energiewirtschaft sei mit enormen Kosten verbunden. Die KfW geht alleine in Deutschland von jährlichen Mehrinvestitionen von über 70 Milliarden Euro aus. Deshalb müsse die Frage beantwortet werden, welche Chancen sich aus der Transformation für die Wirtschaft ergäben. Speziell Nordrhein-Westfalen stehe hier vor besonderen Herausforderungen.  Alle bedeutenden Wirtschaftszweige seien hier vertreten. Zehn der 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt hätten ihren Hauptsitz in NRW. Ein Drittel aller Dax-Unternehmen komme von hier.

Zudem sei NRW ist ein wichtiger Energieproduzent. Etwa 30 Prozent des deutschen Stroms stammten aus NRW – „zurzeit überwiegend aus fossilen Brennstoffen“. Mittlerweile gebe es in NRW aber mehr als 3.000 Unternehmen aus dem Bereich erneuerbare Energien. Nordrhein-Westfalen könne eine Vorreiterrolle bei den erneuerbaren Energien einnehmen. „Das Rheinische Revier“, betonte Mauderer, sei „als europäische Modellregion ein gutes Beispiel dafür. Dort wird die Transformation der energieintensiven Industrien mit Hilfe der Wasserstofftechnologie konkret erprobt und umgesetzt. Das Forschungszentrum Jülich wird im Rheinischen Revier ein Cluster für eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft aufbauen. Und das Bundesministerium für Wirtschaft, Klima und Energie hat die Unterstützung einer Konzeptstudie zur Transformation des Ruhrgebiets in eine führende Wasserstoffmodellregion zugesagt.“

Man hört die Botschaft wohl, aber ob trotz dieser Anstrengungen die Energiewende bei stetig steigendem Strombedarf in Deutschland in der gedachten Weise gelingen kann, daran bestehen für uns unverändert mehr als Zweifel. An physikalischen Gegebenheiten kommen auch die besten Absichten nicht vorbei. Und an den finanziellen Folgen auch nicht.

Metzger eröffnete seien Rede mit dem Hinweis, dieses Jahr sei der 20. Jahrestag der Einführung des Euro, der damals in zwölf Ländern Europas die alten Banknoten und Münzen ersetzt habe. 15 Milliarden Banknoten und Münzen seien zum Start vorahnden gewesen. Er glaube sagen zu können, der Euro sei eine Erfolgsgeschichte: „20 Jahre nach seiner Einführung ist der Euro die gemeinsame Währung von 19 europäischen Ländern und von über 340 Millionen Europäerinnen und Europäern. Die allermeisten davon befürworten den Euro und können sich Europa ohne gemeinsame Währung nicht mehr vorstellen.“

Wie seine Vorgängerin Margarete Müller warb auch Metzger für das Bargeld. Das sei zwar auf dem Rückzug, beschleunigt durch die Coronamaßnahmen, werde gleichwohl von der Bevölkerung weiter geschätzt. Für die Bundesbank gelte unverändert, dafür zu sorgen, dass die „Bürgerinnen und Bürger so bezahlen können, wie sie das möchten und dazu gehört für viele eben immer noch Bargeld“. Doch selbst beim Bargeld geht es inzwischen digital zu, jedenfalls bei dessen Logistik. Mit ihrer im vergangenen Jahr in Betrieb genommenen Filiale Dortmund, dem größten Bargeldlogistikzentrum Europas, habe die Bundesbank den ersten Schritt in die digitale Zukunft der Bargeldlogistik gemacht. Auch in den übrigen werde die Digitalisierung der Bargeldbearbeitung nach und nach Einzug halten.

Digitaler werde die Bundesbank aber nicht nur bei der Logistik. Digitalisierung sei in allen Bereichen gefordert. Gerade die Finanzdienstleister seinen schon immer mit Digitalisierung konfrontiert gewesen. „Aber mit Big Data, Big Tech und der Plattformökonomie sind wir in einem neuen Stadium der ‘digitalen Transformation’ angekommen“, mahne Metzger, „die auch die Kernaufgaben des Kreditgewerbes und der Notenbanken erreicht und substanziell verändert.“ Deshalb habe die Bundesbank eine eigene Stabsabteilung Digitale Transformation und Innovation eingerichtet, die „Treiber, Impulsgeber und interner Dienstleister für Digitalprojekte in der Bundesbank“ sei.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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