Finanzbehörden erschleichen sich bei Facebook & Co. Zugang zu privaten Informationen
Düsseldorf. Die Finanzbehörden wollen bei sozialen Netzwerken wie Facebook, Xing oder LinkedIn pseudonymisierte Fakeprofile und fingierte Kontaktanfragen nutzen, um sich die „Freundschaft“ vermeintlicher Steuersünder zu erschleichen. Die Finanzverwaltung kann so Informationen erhalten, die einem privaten Nutzerkreis vorbehalten sind. Das berichtet aktuell der bei 'markt intern' in Düsseldorf erscheinende 'steuertip' unter Berufung auf eine „Nur für den Dienstgebrauch“ bestimmte Kurzinformation der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (OFD NRW). Das Dokument liegt dem 'steuertip' vor.
Die OFD erkennt in einer Kontaktanfrage mit einem pseudonymisierten Profil keinen Eingriff in die „grundrechtlich geschützte Sphäre des Steuerpflichtigen“. Nach Auffassung der Finanzbehörden findet sich der Steuerpflichtige nach einer positiven Verbindungsanfrage damit ab, „dass die nun zugänglichen Informationen auch zu Ermittlungszwecken genutzt werden dürfen.“ Solche anonymisierten bzw. pseudonymisierten Ermittlungen seien, so die OFD, „nicht mit verdeckten Ermittlungen nach Paragraph 110a StPO vergleichbar, sondern eher mit Inaugenscheinnahme im Rahmen von Testkäufen.“ Die Grenze liegt für die Finanzverwaltung erst bei der Provokation rechtswidrigen Verhaltens. Diese sei mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbaren. Würden bei der Erstellung pseudonymisierter Profile Bilder verwandt, seien die Persönlichkeits- und Urheberrechte Dritter zudem unbedingt zu achten.
steuertip-Chefredakteur Karl-Heinz Klein kommentiert: „Die Kurzinformation zeigt, wie die Finanzverwaltung verstärkt digitale Vorfeldermittlungen nutzt. Ob sie sich rechtsstaatlich dabei nicht aufs Glatteis begibt, werden die Gerichte bewerten müssen. Aber selbst wenn ein Gericht entscheiden sollte, dass eine Ermittlungsmaßnahme rechtswidrig war, ist nicht gesagt, dass außer dem strafrechtlichen auch ein materiell-rechtliches Verwertungsverbot greift. Insofern sollte jeder Steuerbürger äußerst sensibel sein, wenn er sich in den sozialen Netzwerken bewegt.“
Die ausführliche Berichterstattung des steuertip und die Kurzinformation der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen zum Download finden Abonnenten hier.
Pressesprecher