'KI aber fair' — Eine Initiative von Kultur- und Kreativverbänden

In der letzten Ausgabe (F 15/23) haben wir ja bereits auf die Aktion 'KI aber fair' aufmerksam gemacht, die von 15 Organisationen der deutschen Kunst- und Kreativschaffenden ins Leben gerufen wurde. Worum geht’s? Am 4. April 2023 haben eben diese Organisationen ein Positionspapier zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) veröffentlicht. Darin fordern die Verbände aus unterschiedlichen Bereichen, auch aus der Fotografie, ihre kreativen Werke besser vor unbefugter Nutzung zu schützen, das Urheberrecht zu stärken und auch Vergütungen für die Nutzung ihrer Werke.

Wir haben mit Robert Exner, Inhaber fundwort und ­Autor/Berater des Textverbandes, gesprochen und ihm einige Fragen gestellt. Unter anderem: Was hat es mit 'KI aber fair' auf sich? Er erklärt uns: „Angefangen hat alles damit, dass im letzten Jahr der Hype um ChatGPT kam. Da habe ich mich gefragt, wer die ursprünglichen Daten für die KI-Anwendung eigentlich zur Verfügung stellt. Die Autoren werden in den meisten Berichten nicht erwähnt, also diejenigen, die das Basismaterial für solche Programme liefern, werden ausgeblendet. Viele fühlen sich dadurch nicht gesehen. Seitdem gab es eine rasante Entwicklung, man hat den Eindruck, überrannt zu werden. Um den Autoren und Urhebern mehr Gehör zu verschaffen, hat sich unser Aktionsteam gegründet.“ Dieses besteht aus dem Texterverband e. V., dem Berufsverband Kommunikationsdesign e. V., der Illustratoren ­Organisation e. V., dem VFLL Verband der freien Lektor­innen und Lektoren e. V. und aus Robert Exner selbst.

Wir fragen nach, ob er uns Details zum Positionspapier nennen könnte. Seine Antwort: „Wir als Kreative, Fotografen und Künstler schaffen das, was KI als Ausgangsmaterial einsetzt. Wir lehnen KI nicht ab und nutzen es ja auch selbst, aber der Umgang mit dem Material von Urhebern muss sich ­ändern. Auch rechtlich haben Urheber eine schwache Stellung, und es gibt sehr viele ungeklärte rechtliche Belange im Zusammenhang mit KI. Zurzeit können meine Werke – bspw. Arbeitsproben auf meiner Website – für KI-Anwendungen einfach genutzt werden, wenn ich das nicht explizit verbiete. Ich werde nicht einmal gefragt, ob ich damit einverstanden bin. Wenn ich das nicht möchte, muss ich das vorbeugend verbieten. Dieser Logik und Selbstbedienungsmentalität schließen wir uns nicht an. Was wir wollen, ist eine vernünftige Regelung für die Urheber rechtlich und finanziell in Form von Nutzungsvergütungen.“

Als nächstes wenden wir uns an Alexandra Lechner, Sprecherin des BFF-Vorstands (Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter e V.). Der Verband gehört zu den Erst­unterzeichnern des Positionspapiers. Uns interessiert vor allem, warum 'KI aber fair' auch für die Fotobranche interessant ist. Sie erzählt uns: „Nachdem die KI-Bildgeneratoren in den ­letzten Monaten eine sehr rasante Entwicklung hingelegt haben, ist es für Fotografinnen und Fotografen sehr wichtig, sich mit diesen Generatoren nicht nur auf technischer Basis auseinanderzusetzen. Denn sie haben das Potential, die Kreativwirtschaft – und damit auch die Foto-­Branche – nachhaltig zu verändern.“

Alexandra Lechner

Weiter berichtet sie uns: „Es stellen sich Fragen nach den Aspekten der Urheber- und Persönlichkeitsrechte, wenn im Netz ­veröffentlichte Bilder zum Training der KI genutzt werden und damit Bilder entstehen, die kommerziell benutzt werden – wofür die Betreiber und Nutzer der KI-Bildgeneratoren keine Vergütungen an die Urheber*innen der Trainingsbilder geleistet haben. Des Weiteren wird mit diesen Bildgeneratoren die 'Verfälschung' von Bildinhalten technisch noch einfacher zugänglich. Rezipienten und Verwerter von Bildern müssen sich mit der Authentizität von Fotografie noch viel intensiver auseinandersetzen und brauchen verlässliche Standards zur Verifikation. Alles in allem geht es darum, ethisch-rechtliche Voraussetzungen zu schaffen, dass KI-Technologie den Kreativen echte wirtschaftliche Chancen bietet mit einem verlässlich gesetzlichen Rahmen, der die Rechte der Urheberinnen und Urheber wahrt.“

Auf unsere Frage, warum die Aktion auch für Inhaber eines Fotofachgeschäfts oder Fotostudios interessant sein könnte, antwortet sie: „Das kann ich aus meiner Sicht als freiberufliche Fotografin ohne Studiobetrieb nicht direkt einschätzen. Aber ich denke, dass Fotostudios, ähnlich wie freie Fotograf*innen, über kurz oder lang die Veränderungen im Markt durch KI-Bildgeneratoren zu spüren bekommen. Die Frage ist auch, wie viele Fotograf*innen werden durch diese Technologie möglicherweise ihre Tätigkeit aufgeben müssen, weil deren Bilder schneller und kostengünstiger ohne sie erstellt werden können? Der professionelle Bereich wird umgewälzt werden und auch der Kameramarkt wird sich dadurch verändern. Wie stark, das hängt auch davon ab, wie Kreative und letztlich die Kunden mit dieser Technologie umgehen. 'KI aber fair' setzt sich dafür ein, dass die Technologie nicht zu einem wirtschaftlichem Konzentrationsprozess führt, zum Vorteil weniger KI-Unternehmen und Unternehmen.“

Warum hat der BFF sich also dazu entschlossen 'KI aber fair' zu unterstützen? Alexandra Lechner erklärt uns: „Unser Verband beschäftigt sich seit letztem Jahr sehr intensiv mit den neuen Technologien der KI-basierten Bildgeneratoren. Wir haben über viele Gespräche und Recherchen versucht, ein differenziertes Bild davon zu bekommen. Als Fotograf*innen und Filmgestalter*innen nutzen wir seit jeher innovative Techniken, um sie stilprägend in unsere Bilder zu integrieren. Jedoch sind KI-Bildgeneratoren weit mehr als nur eine neue digitale Technologie. Da dies nicht nur uns allein betrifft und wir sehen, dass die Problematiken auch von anderen in ihrer disruptiven Kraft wahrgenommen werden, suchen wir den Schulterschluss mit anderen Verbänden der Kulturwirtschaft. Um eine Stimme mit Gewicht in Richtung Politik, Medien und Unternehmen zu erhalten – ­immerhin arbeiten in der Kreativwirtschaft 1,8 Mio. Menschen mit einer Bruttowertschöpfung von 100 Milliarden Euro pro Jahr.“

Zu den Erstunterzeichnern des Positionspapiers gehören neben dem BFF zudem der BBK – Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler e. V., der BLVKK – Bayerische LV der Kultur- und Kreativwirtschaft e. V., der Deutsche Comicverein e. V., die dju – Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion, das Forum Kreativwirtschaft e. V., der Freischreiber e. V. – Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten, die HSoI = Hamburg school of ideas, die Spiele-Autoren-Zunft e. V., die ver.di Fachgruppe Medien, Journalismus und Film sowie der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ver.di. Robert Exner berichtet uns noch mit Stolz: „Es sind inzwischen 19 unterzeichnende Verbände, die zusammen – nach unserer Recherche – etwa 70.000 Mitglieder in Deutschland haben.“

'mi'-Fazit: Wir stimmen zu, dass sich der Umgang mit dem Material von Urhebern ändern muss. Die Rechte der Urheber zu stärken ist wichtig und genau dafür setzten sich die Organisationen der deutschen Kunst- und Kreativschaffenden mit 'KI aber fair' ein. Man sollte sich mit KI auseinandersetzen und sie auch hinterfragen, denn sie gehört schon längst zu unserem Alltag und unser Umgang damit bestimmt nicht nur unsere Gegenwart, sondern auch unsere Zukunft. Wir hoffen, dass die Initiative noch auf viel Unterstützung trifft und es schafft „eine Stimme mit Gewicht“ zu werden. Ist KI auch ein Thema, das Sie beschäftigt? Wie relevant ist KI für Sie? Spüren Sie bereits Veränderungen im Markt, bedingt durch KI-Bildgeneratoren? Wie gehen Sie mit dieser Technologie um? Melden Sie sich gerne per Mail an foto@markt-­intern.de oder auch telefonisch unter 0211 6698-146.