Liebe 'markt intern'-Leserinnen, werte 'markt intern'-Leser,

vor wenigen Wochen ist die deutsche Fußballnationalmannschaft schon in der Vorrunde der Weltmeisterschaft in Katar ausgeschieden, wie zuvor in Russland. So leid es mir für ­unsere Fußballfreunde tut, aber: Das Resultat ist verdient. Schon deshalb, weil es sich bereits vor dem ersten Anpfiff durch ­hohle, nicht wirklich ernst gemeinte Moralphrasen und -­gesten ­ankündigte. Um auf einem Turnier der Besten weiterzukommen, sollte man sich ausschließlich auf den Wettkampf konzentrieren, der nun einmal AUF dem Grün stattfindet, nicht neben ihm. Glaubwürdiger wäre es gewesen, von Anfang an gleich zu Hause geblieben zu sein, dafür aber fehlte der Mut.

Macht es unsere Ampel-Regierung etwas besser? Wohl nicht. Neben einer soliden Abwehr und kompetenten Stürmern fehlt hier ganz besonders der Trainer. Es rächen sich Entscheidungen ohne jede Folgeabwägung für die Wirtschaft, insbesondere für den Mittelstand, gleich welcher Größenordnung. Immerhin: Ein rasch wachsendes Bildungsdefizit, steigender Fachkräftemangel, verfallende Infrastruktur, verödende Innenstädte, (Real-)Inflation, weitere Bürokratielasten, Auflagen aus der Coronazeit, globale Lieferkettenprobleme und technologiefeindliches Denken sind keine Erfindung der Ampel.

Auf all' das hat unsere etwas herumirrende Stürmertruppe noch keine Antwort gefunden, teils auch nicht finden wollen. Weder kam eine echte Laufzeitverlängerung für die Atomkraft infrage noch eine Zulassung für deutsches Fracking. Alleine das Gas unter unseren Füßen soll dem Dreißig­fachen(!) unseres Gasjahresverbrauches entsprechen. Die Folgen sind gewaltig: Das ifo-Institut schätzt den alleine durch den Anstieg der Energiepreise verursachten Verlust des Real­einkommens in Deutschland auf 110 Milliarden Euro – Geld, das uns allen bitter fehlt. Auch sind Tausende mittelständische Unternehmen insolvent oder kurz davor. In einer der schwersten Wirtschaftskrisen aller Zeiten, in der wir zweifelsohne jetzt stecken, sind staatliche Hilfen einerseits notwendig und dennoch gefährliche Werkzeuge, da es sich unisono um ein süchtig machendes Subventionsgift handelt, das, wie z. B. bei ­Galeria Karstadt Kaufhof, auf Kosten der Steuerzahler ein teures und wettbewerbsverzerrendes Überleben sogenannter 'Zombie'-Strukturen begünstigt.

Es wird Zeit, dass Deutschland sich wieder berappelt. Es ist Zeit für einen Neuanfang, nicht nur im Sport. Vince Ebert veröffentlichte kürzlich einen bemerkenswerten Gedankengang: „Es ist absurd. Einerseits sieht sich Deutschland bei grünen Technologien gerne in der Vorreiter- und Vorbildfunktion und gleichzeitig wird vieles, was die Welt ökologisch verbessern könnte, zu Tode reglementiert. Anstatt neue Technologien als Chancen zu begreifen, predigt man lieber den Verzicht und erlegt sich selbst Denkverbote auf. Fast scheint es, als wäre Deutschland von seinen Problemen so dermaßen fasziniert, dass man es viel zu schade findet, sie zu lösen.“ Er regt an: „Um die großen ökologischen und ökonomischen Herausforderungen zu lösen, benötigen wir mehr Wettbewerb, mehr Denkfreiheit und deutlich weniger politisches Regelwerk. So abgedroschen es klingen mag: Die wichtigste Ressource steckt in unseren Köpfen. Wenn wir nur Verzagtheit, Risikovermeidung und Verzicht propagieren und nicht auch Optimismus, Technologieoffenheit und Fortschrittsbegeisterung, geht die nächste gesellschaftliche und industrielle Revolution einfach an uns vorbei.“ Dem kann ich nichts mehr hinzufügen, außer: Mit dieser Einstellung müssten wir uns doch alle 2026 im Finale wiedersehen, oder? Wetten, dass …?

In unserer letzten Ausgabe des Jahres, traditionell eine Gesamt­ausgabe, lesen Sie zunächst eine kritische wirtschaftspolitische ­Bewertung des ersten vollständigen Ampel­jahres, ergänzt um Kommentare von Eckhard ­Schwarzer, Stefan Genth, Markus Jerger sowie Prof. Dr. Henning ­Vöpel. ­Anschließend greifen wir noch einmal den Ebertschen Gedanken („Die wichtigste Ressource steckt in unseren Köpfen“) auf und präsentieren dazu passend unsere zehn Top-Mut­macher sowie zwei äußerst wertvolle Praxishilfen für Ihre betrieb­liche Planung. Außerdem gehen wir ­näher auf die jüngsten Änderungen auf unserer Mittelstandsplattform ­miDIREKT ein, gefolgt von einer Retrospektive des dies­jährigen Webinarprogramms und einem Ausblick auf 2023.

Giovanni Boccaccio formulierte im 14. Jahrhundert: „Es ist besser, zu genießen und zu bereuen, als zu bereuen, dass man nicht genossen hat.“ In Zeiten, in denen der Gürtel enger ­geschnallt werden muss, fällt es nicht leicht, unbeschwert zu genießen. Dennoch wünsche ich Ihnen auch jenseits der Silvester­nacht für das kommende Jahr mehr Genuss als Reue und weiterhin große Freude und unerschütterlichen Mut am Steuerrad Ihres Unternehmens.