Macht sich die SPD partout überflüssig?

Macht sich die SPD partout überflüssig? Im Berliner Tagesspiegel fand sich am 13. Oktober ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff, der den Titel trug „Die SPD, der stille Patient“. Wer eine solche Überschrift als Partei lesen muss, ist eigentlich genug gestraft. Dennoch schafft es die SPD derzeit immer wieder, sich selbst noch mehr zu strafen. Jüngstes Beispiel: Der Fraktionsvorsitzende der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag, Thomas Kutschaty, kündigt unabgesprochen an, auf dem Landesparteitag der SPD im November gegen den Landesvorsitzenden Sebastian Hartmann als Gegenkandidat anzutreten. Nun ist eine Wahl mit mehreren Kandidaten nichts, was man einer Partei vorwerfen sollte. Allerdings werfen Person und Vorgehensweise in diesem Fall schon Fragen auf. Sebastian Hartmann ist sicher weder ein begnadeter Redner noch ein Visionär, der die Menschen in NRW, speziell im Ruhrgebiet, für sich und die SPD gewinnen könnte. Aber glaubt Kutschaty ernsthaft, er könne dies besser? Allein sein Hinweis, aus einer Arbeiterfamilie zu stammen, ist noch kein Programm. Mehr 'Rot' als unter Hartmann zu versprechen, der seinerseits schon sehr viele Themen der Linken bedient (vgl. Mi 23/19), wird die SPD kaum voranbringen. Die SPD in Essen, deren Vorsitzender Kutschaty seit 2016 ist, hat bei der jüngsten Kommunalwahl ein desaströses Ergebnis eingefahren. Weil der Kanzlerkandidat in Berlin so schlecht ist? Wer wie Kutschaty nur deshalb jetzt zum Sprung auf den Landesvorsitz ansetzt, weil er dadurch hofft, zum Spitzenkandidaten bei der nächsten Landtagswahl (2022) aufzusteigen, erweist seiner Partei einen Bärendienst. Die diskutiert in NRW übrigens gerade darüber, ob es besser sei, eine Doppelspitze an der Parteispitze zu bilden. Das muss man nicht für sinnvoll halten. Wer wie Kutschaty meint, diese Diskussion abwürgen zu können, indem er sich einfach selbst zum Kandidaten ausruft, sollte dafür nicht noch von Parteitagsdelegierten belohnt werden. Doch egal, ob Kutschaty gewählt wird oder nicht, die SPD wird so oder so mit solchen Spitzenfunktionären nicht aus dem Umfragetief kommen. Und Kutschaty wird so auch wahrscheinlich kein Ministerpräsident in NRW. Inzwischen hat der Landesvorstand der SPD entschieden, den Parteitag wegen der Coronabeschränkungen zu verschieben. Das ändert allerdings wenig am inhaltlichen und personellen Problem.