Wie sehr beeinträchtigt die Corona-Pandemie die Wirtschaft in Deutschland? Müssen viele Hilfen zurückgezahlt werden?

Zu der Frage, wie stark die Wirtschaft von der Corona-Pandemie betroffen ist, gibt es offensichtlich sehr konträre Antworten. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier etwa verwies in einer Twitter-Fragerunde darauf, 1,8 Millionen Selbstständige, kleinere Handwerksbetriebe und Freiberufler hätten bisher Zuschüsse in der Corona-Pandemie beantragt, um Kosten wie Miete oder Leasingraten abzurechnen und nicht gezwungen zu sein, das Geschäft aufzugeben. Mehr als 14 Milliarden Euro seien ausgezahlt worden. Altmaier kam deshalb zu dem Schluss, Deutschland sei im Vergleich zu vielen anderen in Europa und außerhalb von Europa bislang gut durch die Krise gekommen: „Wir sehen, dass der Optimismus langsam zurückkehrt. Das ist sehr gut. Wir sehen, dass auch das Wachstum langsam zurückkehrt.“ Ein ganz anderes Bild zeichnet das Gewerbesteueraufkommen in den Kommunen. Die Stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Verena Göppert, stellt beispielsweise fest: „Die kommunalen Haushalte werden am Ende des Jahres so hohe Einbußen erleiden, wie wir sie noch nicht erlebt haben. Die Gewerbesteuer ist in den vergangenen drei Monaten katastrophal eingebrochen.“

Was die von Altmaier angesprochenen Hilfen für Selbständige betrifft, tickt offenbar eine Zeitbombe. Jedenfalls wenn der Bund und die Länder nicht ihre Rückforderungsnachfragen nachbessern. So hat beispielsweise Nordrhein-Westfalen aktuell eine Überprüfung der erhaltenen Soforthilfen des Landes und des Bundes für Kleinstunternehmer und Soloselbständige begonnen. Anhand einer „Ermittlung des tatsächlichen Liquiditätsengpasses“ soll eine Überprüfung erfolgen, ob die Hilfe zu Recht erhalten wurde. Nach Angaben des Landes gab es bisher 426.000 Hilfeempfänger. 100.000 davon wurden bereits zur Beantwortung aufgefordert. In dem dafür vorgesehenen Formular darf zwar ein fiktiver Unternehmerlohn in Höhe von 2.000 Euro angesetzt werden (sofern die dort genannten Bedingungen erfüllt sind), aber etwa gezahlte Löhne an Mitarbeiter nicht! Damit führt eine solche Liquiditätsprüfung in ganz vielen Fällen zu einem fiktiven Liquiditätsüberschuss, aus dem sich eine Rückzahlungsverpflichtung ergibt. Ein völlig absurdes Ergebnis.

Hilfeempfänger werden aufgefordert, die Rückmeldung der tatsächlichen Liquiditätslage bis zum 30. September 2020 zu leisten. Ein eventueller Rückzahlungsbetrag, der sich bei Beibehaltung der Vorgaben ganz häufig ergeben wird, ist spätestens bis zum 31. Dezember 2020 „in eigener Verantwortung an das Land Nordrhein-Westfalen zurückzuzahlen“. Inzwischen hat das Land das Rückmeldeverfahren gestoppt. Zur Begründung heißt es auf der Homepage des Wirtschaftsministeriums: „Mit dem Ende des Förderzeitraums hat das Land ab Anfang Juli gemäß den Bundesvorgaben das angekündigte Abrechnungsverfahren gestartet und bislang rund 100.000 der insgesamt 426.000 Hilfeempfänger um Rückmeldung ihres Finanzierungsengpasses gebeten. Dabei haben sich einige der Abrechnungsvorgaben als problematisch erwiesen. Der Bund hat nun allen Ländern die Möglichkeit eröffnet, zum Abrechnungsverfahren eine Stellungnahme abzugeben. Um Forderungen nach einem geänderten Rückmeldeverfahren gerecht zu werden, hat Nordrhein-Westfalen dem Bund offene Punkte mitgeteilt und hält das Rückmeldeverfahren bis zur Klärung dieser Fragen an.“

NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart hat inzwischen erklärt, NRW wolle „in Gesprächen mit dem Bund Verbesserungen erreichen. Als besonders belastend wirken sich für eine Reihe von Betrieben die Personalkosten aus, die nicht vom Kurzarbeitergeld abgedeckt werden, wie auch die Abrechnung von gestundeten Zahlungen. Diese und andere Fragen haben wir dem Bund übermittelt und warten nun die weiteren Klärungen ab.“ Sollten Sie eine entsprechende Aufforderung zur Rückmeldung erhalten haben (möglicherweise auch in einem anderen Bundesland), sollten Sie erst einmal die Ergebnisse der Bund-Länder-Gespräche abwarten, bevor Sie irgendeine Meldung abgeben. Sollte es bei der bisherigen Praxis bleiben, dürften viele Kleinunternehmer spätestens aufgrund der Rückzahlung der Hilfen Pleite sein.