Baden-württembergische Landtagsabgeordnete haben Altersversorgung neu geregelt

Im Frühjahr 2017 hatten wir über die ziemlich unverschämte Neuregelung der Altersversorgung der baden-württembergischen Landtagsabgeordneten berichtet. Damals hatte das Parlament eine 2008 beschlossene, 2011 in Kraft getretene Regelung geändert. Die zuvor bestehende Lösung – Altersversorgung aus Steuermitteln – wurde umgestellt auf eine privatwirtschaftliche Lösung. Einhergegangen war dies mit einer Erhöhung der Diäten um ein Drittel sowie der Einführung einer Pauschale von 1.500 Euro (die zwischenzeitlich auf 1.679 Euro angestiegen ist), um sich selbst privat versichern zu können (vgl. Mi 07/17). Allerdings machte die 2008 beginnende Finanzkrise den erwarteten positiven Erträgen der privaten Alterssicherung einen Strich durch die Rechnung. Also führte man 2017 ein Wahlrecht ein: Die Abgeordneten konnten sich entscheiden, ob sie die Pauschale behalten und sich weiter privat versichern oder zum alten System der steuerlichen Alimentierung der Altersversorgung zurückkehren wollten. Selbstredend sollte die Erhöhung der Diäten um ein Drittel unabhängig von der Wahl der Art der Versorgung beibehalten werden.

Gegen diese Regelung, die ohne die Stimmen der Fraktionen der FDP/DVP und der AfD im Landtag beschlossen wurde, gab es dann allerdings derart viel Bürgerprotest (es drohte gar ein Volksantrag), dass der Landtag nur zwölf Tage nach dem Beschluss zur Neuregelung diesen wieder aufhob. Zugleich wurde eine Expertenkommission einberufen, die eine Neuregelung vorschlagen sollte. Im Oktober dieses Jahres haben die Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und SPD einen neuen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht. Der sieht vor, dass ab 2021 Landtagsabgeordnete dem bestehenden Versorgungswerk der Landtage aus Nordrhein-Westfalen und Brandenburg beitreten sollen. Wenn man so will, eine gesetzliche Altersversorgung, die jedoch gegenüber der klassischen gesetzlichen Rente privilegiert ist. Für den Beitritt zum Versorgungswerk erhalten die Abgeordneten „einen zusätzlichen monatlichen Beitrag (Vorsorgebeitrag) in Höhe von 1.805 Euro“. Ebenfalls nicht ganz uninteressant: „Die Leistungen des Versorgungswerks werden auf das Ruhegehalt und auf Versorgungs- und Rentenbezüge der Angehörigen des öffentlichen Dienstes nicht angerechnet.“

Aktuelle Abgeordnete können bis zum 30. April 2031 (!) beantragen, sie von der Mitgliedschaft im Versorgungswerk zu befreien. Die AfD hat bei der Verabschiedung des Gesetzes am 6. November 2019 dagegen gestimmt, weil sie meint, die Abgeordneten sollten sich schlicht gesetzlich rentenversichern. Emil Sänze, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der AfD im Landtag von Baden-Württemberg, stellt dazu fest: „Ein spezielles Versorgungswerk ist das falsche Signal in einer Situation, in der große Teile der Gesellschaft die Landtagsabgeordneten als privilegiert und den Sorgen der Bürger entrückt empfinden. Allein die Verwaltung des Versorgungswerkes kostet die Steuerzahler 180.000 Euro jährlich.“ Die FDP/DVP hat das Gesetz ebenfalls abgelehnt, weil sie fordert, die Abgeordneten sollten sich privat individuell versichern. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Jochen Haußmann, begründet die Ablehnung der Fraktion so: „Der Beitritt in ein von Nordrhein-Westfalen dominiertes Versorgungswerk ist fragwürdig ausgehandelt und wird nicht nur zu höheren Kosten führen. Er ist angesichts der Forderungen der Politik an die Bevölkerung auch genau das falsche Zeichen. Für die FDP/DVP-Fraktion war immer klar: Wenn die Politik den Bürger auffordert, privat vorzusorgen, muss sie dies auch tun. Dazu sind Grüne, CDU und SPD leider nicht bereit.“