Neues Nachweisgesetz ab August: St. Bürokratius grüßt aus Berlin

Kennen Sie bereits das „Gesetz über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen“, sehr verehrte Damen und Herren? Nein? Dann wird es höchste Zeit. Denn mit diesem Gesetz wird auch das Nachweisgesetz neu gefasst und damit die Bedingungen an die Ausgestaltung von Arbeitsverträgen verschärft. Das Nachweisgesetz war bisher als Papiertiger verschrien, doch damit ist nun Schluss. Ab diesem Monat müssen alle individuellen Absprachen zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen detailliert im Arbeitsvertrag dokumentiert werden. Das neue Gesetz ist sehr umfangreich und unübersichtlich. Und es lässt viel Interpretationsspielraum. Das könnte leicht zu Chaos bei Ihnen und Ihren Arbeitgeber-Kollegen führen, sofern Sie nicht auf die Umsetzung vorbereitet sind.

Die Arbeitsbedingungenrichtlinie ersetzt die Nachweisrichtlinie von 1991. Sie als Arbeitgeber müssen die wesentlichen Verpflichtungen des Arbeitnehmers in einem Arbeitsvertrag niederschreiben, diesen Vertrag unterschreiben und dem Arbeitnehmer aushändigen. Nach dem Nachweisgesetz müssen Sie mindestens Folgendes regeln:

  • der Name und die Anschriften aller Vertragsparteien,
  • der Zeitpunkt des Beginns der Beschäftigung,
  • die Beschreibung der Tätigkeit,
  • den Arbeitsort,
  • die geplante Dauer der Beschäftigung – sofern es sich um einen befristeten Vertrag handelt,
  • Kündigungsfristen,
  • die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
  • die vereinbarte Arbeitszeit,
  • einen Hinweis auf geltende Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
  • sowie die Höhe des Entgeltes einschließlich Zuschläge.

Die Anforderungen an Arbeitsverträge sind also erhöht worden. Außerdem sollen die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer verbessert werden (wobei man geneigt ist zu fragen, wie dies mittels Vertrag passieren soll) und die Arbeitnehmer sollten ein besseres Verständnis für ihre eigenen Verträge erhalten.

Mit der Neuregelung ist nicht nur das Nachweisgesetz betroffen, sondern auch das Berufsbildungsgesetz, die Handwerksordnung, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, die Seearbeitsgesetze, die Gewerbeordnung, das Teilzeit- und Befristungsgesetz, das Notfallsanitätergesetz, das PTA-Berufsgesetz und das Arbeitnehmer-Entsendegesetz.

Im alten Nachweisgesetz heißt es, dass nur die Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag festgeschrieben werden muss. Ab dem 1.8.2022 muss nun auch festgehalten werden, dass die Kündigung schriftlich erfolgt. „Warum denn das?“, fragen Sie. „Das war doch schon immer so, dass Kündigungen nur in Schriftform gültig waren.“ Sie haben recht – aber St. Bürokratius hat wohl auch hier wieder einmal die Oberhand gewonnen.

Weiter müssen Sie niederschreiben, dass der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage einreichen kann, sofern er dies will. „Als ob er das nicht wüsste!“, stöhnen Sie (verständlicherweise unserer Meinung nach). Und: Sie müssen nunmehr den Arbeitnehmer darüber unterrichten, an welchen Sozialversicherungsträger Sie die Sozialversicherungsbeiträge abführen.

In Zukunft müssen Sie den Arbeitnehmer innerhalb von sieben Tagen (bisher galt ein Monat) über die ausschlaggebenden Vertragsinhalte unterrichten. Weiterhin ist festzuhalten:

  • die Höchstdauer der Probezeit (welche nun bei sechs Monaten liegt),
  • Regelungen zur Mehrfachbeschäftigung,
  • die Mindestvorhersehbarkeit der Arbeit,
  • die Pflicht zum Nachweis über die Identität entleihender Unternehmen,
  • Ersuchen um einen Übergang zu einer anderen Arbeitsform sowie
  • Pflichtfortbildungen.

Mehrfachbeschäftigungen sind nach der neuen Richtlinie rechtens, sofern der Arbeitnehmer dazu zeitlich in der Lage ist.

Sofern ein Arbeitnehmer meint, ihm sei gekündigt worden, weil er seine Rechte aus der Richtlinie beansprucht hat, kann er eine schriftliche Erklärung der Kündigungsgründe von Ihnen als Arbeitgeber verlangen. „Aber das führt doch zu einer Flut von Begründungspflichten bei Kündigungen!“, befürchten Sie – zu Recht, wie wir von 'agi' finden.

'agi'-Rat: Nehmen Sie Ihre neuen Pflichten nicht auf die leichte Schulter. Glauben Sie auch nicht an die von der Politik veranschlagten '3 Minuten Zeitaufwand'. Hier sind die Damen und Herren Politiker Lichtjahre entfernt von der Realität in kleinen und mittelgroßen Unternehmen. Aber traurige Wahrheit ist auch, dass zwar bislang keine Strafen verhängt wurden, wenn ein Arbeitgeber die Vorschriften des Nachweisgesetzes missachtet hat, sich dies jedoch ab dem 1.8.2022 ändert. Das Umsetzungsgesetz sieht ein Bußgeld von maximal 2.000 € pro Arbeitsvertrag und Mitarbeitendem vor.

'agi'-Fazit: Passen Sie also bereits jetzt alle Arbeitsverträge und Nachweise an! Da Sie als Arbeitgeber im digitalen Zeitalter Archive einrichten müssen, um handschriftlich unterzeichnete Arbeitsverträge vorzuhalten, haben wir Ihnen eine Checkliste zur Arbeitserleichterung entwickelt. Abruf unter agi 162201.