Mittwoch, 14. Februar 2024

Acht Wirtschaftsverbände lehnen EU-Lieferkettenrichtlinie in gemeinsamer Erklärung ab

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Die EU-Lieferkettenrichtlinie verfolge zwar ein richtiges und wichtiges Ziel, sei aber in der Praxis für europäische Unternehmen schlicht nicht umsetzbar. So lautet das Fazit acht großer Wirtschaftsorganisationen zur derzeit von der FDP ausgebremsten EU-Lieferkettenrichtlinie. Der  Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen  Gesamtmetall  Der Mittelstandsverbund  die Stiftung Familienunternehmen und Politik  der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie  der Verband der Chemischen Industrie  der Verband der Elektro- und Digitalindustrie und  der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau sprechen sich in der gemeinsamen Erklärung grundsätzlich für eine EU-weite Regelung zum Schutz von Menschenrechten aus, lehnen den aktuellen Entwurf aber „wegen grober handwerklicher Mängel“ ab. Insbesondere der Mittelstand werde durch die geplanten Regelungen bei Weitem überlastet.

Die acht großen Wirtschaftsverbände fordern darin eine Versachlichung der Debatte und appellieren an die Bundesregierung und weitere EU-Staaten, bei ihrer Position der Enthaltung zu bleiben. Ziel müsse es sein, einen Gesetzesvorschlag zu präsentieren, der in der Praxis auch funktioniere und den Schutz von Menschenrechten sowie die berechtigten Interessen der Unternehmen vereine.

Die Wahrung der Menschenrechte rund um den Globus sei ein Ziel, dem sich deutsche und europäische Unternehmen eindeutig verpflichtet fühlten, stellen die Verbände klar. Deshalb gälten in ihren Arbeitsstätten im In- und Ausland hohe Standards. Die Unternehmen trügen maßgeblich dazu bei, den Wohlstand auch im globalen Süden anzuheben und die sozialen Standards vor Ort zu verbessern. Die schweren handwerklichen Mängel in der Richtlinie, insbesondere die fehlende Harmonisierung, könnten jedoch dazu führen, dass deutsche und europäische Unternehmen sich aus Märkten und Ländern zurückzögen: „Dann wäre das Feld offen für andere Marktteilnehmer mit deutlich geringeren Standards. Damit würde dem eigentlichen Ziel der EU-Lieferkettenrichtlinie ein Bärendienst erwiesen. Daher braucht es eine Regulierung mit mehr Praxisbezug und Augenmaß.“

Deutliche Kritik üben die acht Wirtschaftsorganisationen an der vorgesehenen zivilrechtlichen Haftung für Unternehmen und deren Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte. Deren unkalkulierbare Risiken würden ebenfalls dazu führen, dass Unternehmen sich aus schwierigen Märkten zurückzögen. Hinzu komme der viel zu große Anwendungsbereich der Richtlinie, der weit über den Schutz der Menschenrechte und die eigenen Produktions- und Arbeitsstätten der Unternehmen hinausgehe. Unternehmen sollen demnach fast alle Stufen ihrer Lieferketten global auf Verstöße gegen Menschenrechte sowie Umwelt- oder Sozialstandards kontrollieren.

Viele Betriebe hätten gar nicht die Verhandlungsmacht, um von ihren Lieferanten der vorgelagerten Stufen den geforderten Einblick in die Lieferkette zu erhalten. Daher sei es sinnvoll, „die Sorgfaltspflichten auf das zu beschränken, was Unternehmen auch kontrollieren und beeinflussen können – den eigenen Betrieb, die Tochtergesellschaften sowie die Lieferanten der ersten Ebene der vorgelagerten Lieferkette, bei denen aufgrund der Marktmacht und des Umsatzes ein Einfluss möglich ist“.

Ein wichtiger Grund für die ablehnende Haltung sei die fehlende Harmonisierung in wesentlichen Teilen der Richtlinie. Das grundlegende Ziel von Rechtsetzung für Nachhaltigkeit müsse ein Maximalmaß an Harmonisierung sein. Dies werde mit der vorliegenden Richtlinie nicht erreicht. Ohne hinreichend verbindliche Harmonisierung durch eine Richtlinie drohe die Fragmentierung des EU-Binnenmarkts, da innereuropäisch nicht die gleichen Gesetze und Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen gälten.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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