Mittwoch, 12. Juli 2023

Die Führungsspitze der IHK Köln missachtet massiv ihre eigenen Ansprüche

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Das aktuelle Mitgliedermagazin der IHK Köln, ‘IHK plus’, kommt in Ausgabe 3 mit einem bedeutungsschweren Titelblatt einher: „Rechtssaat in Gefahr?! Was Unternehmen brauchen – und was nicht“. Nicht nur das Editorial von Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Vetterlein widmet sich dem Thema, auch die Titelstory, die aus der Feder von IHK-Präsidentin Dr. Nicole Grünewald und Vetterlein stammt, befasst sich auf vier Seiten damit. So manches IHK-Mitglied wird die Frage dahingehend beantworten, der Rechtsstaat sei in Gefahr, weil sich etliche IHKn nicht an die obergerichtliche Rechtsprechung zur Vermögensbildung halten und dies nicht von der Rechtsaufsicht abgestellt wird. Aber das ist für die IHK natürlich kein Problem.

Kommen wir zunächst zum Editorial des Hauptgeschäftsführers Vetterlein. In dem findet sich am Ende der schöne Satz: „Die soziale Marktwirtschaft baut auf Vertrauen, Freiheit und Verantwortung. Wettbewerb hält fit, die Aussicht auf Profit sorgt für Kreativität, Innovationskraft und Bereitschaft zum Risiko. Manche politischen Kräfte glauben, mit ideologischen Einsichten alles besser zu wissen. Die besseren Ergebnisse entstehen aber, wenn man die Menschen und auch Unternehmen in ihrer Vielfalt einbezieht, im Wettbewerb um die besten Ideen und Lösungen. Darum geht es in der Titelgeschichte und an vielen Stellen in diesem Heft. Es geht um faire, transparente Entscheidungsprozesse – und um das Miteinander für unsere Zukunft als Wirtschaftsregion.“

Die Ausführungen stehen in krassem Widerspruch zu dem, was seit Wochen auf den Fluren der IHK Köln über das Management der Geschäftsführung, der Präsidentin und des Hauptgeschäftsführers, zu hören ist. Das Verhalten Vetterleins hat zuletzt beispielsweise ausführlich Eingang in die Berichterstattung des Kölner Stadtanzeigers und seiner Nebenausgabe Leverkusener Stadtanzeiger gefunden. Anlass dafür war die Abberufung der Leiterin der Außenstelle Leverkusen der IHK Köln, Ellen Lindner. Sie war erst zu Beginn des Jahres als Nachfolgerin der langjährigen Leiterin Eva Babatz berufen worden. Völlig überraschend wurde sie im Juni dieses Postens wieder enthoben und in die Kölner Zentrale zurückbeordert. Eine Mitteilung darüber findet sich im Internetauftritt der IHK Köln bis heute nicht. Selbst die Mitglieder wurden über die Gründe der Abberufung nicht informiert.

Wer wissen will, wie dieses Vorgehen die Mitglieder beurteilen, braucht nur die Leserbriefe zu lesen, die dazu der Leverkusener Anzeiger abgedruckt hat. Selbst zwei Leverkusener Unternehmenspreisträger kritisieren das Verhalten scharf. Christiane Kuhn-Haarhoff, Unternehmenspreisträgerin 2019, kommt in ihrem Leserbrief zum Ergebnis: „Die ganze Vorgehensweise ist bezogen auf die Personalentscheidung als auch auf die Gremiumsarbeit nicht nur unmöglich – sie ist absolut unprofessionell.“ Kleine Zwischenbemerkung: IHK-Präsidentin Grünewald ist Inhaberin einer Werbeagentur. Friedrich Ellinghaus, Unternehmer des Jahres 2013, stellt fest: „Die Abberufung von Frau Lindner ist völlig stillos und kam für uns alle völlig überraschend. Sie war eine hervorragende Wahl als Nachfolgerin von Eva Babatz als Geschäftsstellenleiterin.“

Über das Betriebsklima in der IHK Köln heißt es im Leverkusener Anzeiger, „dort herrsche mittlerweile ein Klima des Misstrauens und der Angst. Kompetenzträger, die Bedenken äußerten, würden systematisch aussortiert und mundtot gemacht.“ Der Kölner Stadtanzeiger berichtet, Mitarbeiter hätten ihm gegenüber geäußert, Vetterlein habe „einen autoritären Führungsstil“ und zeige „ein teilweise cholerische Verhalten“. Das dürfte so ziemlich das Gegenteil von Vetterleins Aussagen im Editorial sein, „Die besseren Ergebnisse entstehen aber, wenn man die Menschen und auch Unternehmen in ihrer Vielfalt einbezieht, im Wettbewerb um die besten Ideen und Lösungen“.

Kommen wir damit zum Titelbeitrag, den Grünewald und Vetterlein verfasst haben. Dort heißt es ziemlich zum Schluss: „Eins ist dabei klar: Ideologie und absolute Denkweisen waren noch nie gute Ratgeber. Der Erfolg freiheitlicher Demokratien basiert im Gegensatz dazu auf dem Wettstreit um politische Ideen und Lösungsansätze – nicht auf dem vermeintlichen Besitz von Wahrheiten. Gerade in einer parlamentarischen Demokratie geht es immer auch um ein aufeinander Zugehen verschiedener Parteien und Meinungen. Aus der politischen Debatte entstehen neue Lösungen, über die die Wähler entscheiden.“ Wirtschaft, belehren die Autoren die Leser, „funktioniert nach dem gleichen Prinzip“. Die IHK Köln offensichtlich nicht.

Zum Abschluss ein kleiner Rückblick: Im Juni 2020, also vor etwas mehr als drei Jahren, hatten wir über die damaligen Machtkämpfe in der IHK Köln berichtet. Damals standen im Fokus die Streitigkeiten nach der Ablösung von Grünewalds Vorgänger Werner Görg und des mehr oder weniger freiwilligen Abgangs des damaligen Hauptgeschäftsführers Ulf Reichhardt. Vor einem Jahr haben wir massiv Grünewalds Versuche kritisiert, die Beitragsstruktur der IHK Köln zu schönen. Grünewald wollte die IHK nach ihrem Amtsantritt im Januar 2020 viel transparenter aufstellen, moderner. Was daraus geworden ist? Vielleicht muss man bei Ellen Lindner nachfragen, um eine zutreffende Antwort zu erhalten.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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