Mittwoch, 07. Juni 2023

BGH verneint Pflicht zur Erstattung von Negativzinsen durch den Kreditgeber

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Auch wenn aktuell Negativzinsen seitens der EZB so schnell nicht mehr zu erwarten sind, dürfte eine letzte Woche veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) für viele Unternehmen von besonderem Interesse sein. Der BGH hat nämlich in einem 29-seitigen Urteil vom 9. Mai entschieden, Schuldner könnten bei variablen Darlehen keine Rückzahlungsansprüche gegen den Darlehnsgeber wegen negativer Zinsen geltend machen.

Dem Urteil liegt ein Streit des Landes Nordrhein-Westfalen mit einer kreditgebenden Bank zugrunde. Das Land hatte 2007 einen als Darlehen bezeichneten Vertrag mit der klagenden Bank über insgesamt 100 Millionen Euro geschlossen. Der Kredit war in fünf gleichlautenden Schuldscheinen über je 20 Millionen Euro verbrieft. Zur Höhe der Zinsen hieß es in den fünf Schuldscheinen gleichlautend: „Das Darlehen ist, …, bis zum Ablauf des der vereinbarten Fälligkeit des Kapitals vorhergehenden Tages, wie folgt zu verzinsen: Nominalzins3-Monats-EURIBOR+0.1175 %.“ Zudem war ein Höchstzins von 5,00 Prozent vereinbart. Die Zinsen waren vierteljährlich fällig. Das Darlehen selbst war am 8. März 2017 zurückzuzahlen.

Aufgrund der Leitzinsentwicklung der EZB ergab sich aus dieser Berechnungsmethode ab März 2016 ein negativer Wert, der sich bis zum Laufzeitende des Darlehens auf 158.159,75 Euro summierte. Diesen Betrag verlangte das Land von der Bank zurück, weil zwar eine Zinsobergrenze, aber keine Zinsuntergrenze vereinbart gewesen sei. Erstinstanzlich hatte es damit noch Erfolg. Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf und dem BGH zog NRW aber den Kürzeren.

Der BGH stützt die Ablehnung der Klage im Wesentlichen auf die Erkenntnis, der Zins im Sinne des § 488 Abs. 1 BGB könne nicht negativ werden. Das Argument des Landes, wegen der fehlenden Zinsuntergrenze habe der Zins sehr wohl negativ werden können, zieht beim BGH nicht: „Die unterbliebene ausdrückliche Vereinbarung einer Zinsuntergrenze beruht darauf, dass die Parteien bei Vertragsschluss entweder davon ausgegangen sind, dass der variable Zins nach der von ihnen vereinbarten Zinsformel aufgrund der zu erwartenden Marktentwicklung nicht negativ werden könne, oder dass sie aufgrund des Leitbilds und der vertragstypischen Pflichten eines Darlehensvertrages angenommen haben, dass ohnehin nur den Darlehensnehmer, nicht aber den Darlehensgeber eine Zinszahlungspflicht treffen könne.“

Das vereinbarte Zusammenwirken zwischen dem variablen Zinssatz einerseits sowie einer Zinsobergrenze andererseits sei „eine Regelung über die Höhe des Zinses im Rechtssinne, den der Darlehensnehmer nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB als Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta an den Darlehensgeber zu zahlen hat“. Zins im Rechtssinne bedeute, so der BGH, „das für die Möglichkeit des Gebrauchs von zeitweilig überlassenem Kapital zu leistende Entgelt, das zeitabhängig, aber zugleich gewinn- und umsatzunabhängig berechnet“ werde. Nach dieser Definition könne ein Zins nicht negativ werden.

Darlehnsnehmer haben jetzt die Gewissheit, keine Rückzahlungsansprüche wegen ‘Negativzinsen’ gegenüber ihren Kreditgebern zu haben. Noch nicht endgültig geklärt ist dagegen, ob eigentlich Banken Negativzinsen auf Guthaben erheben durften.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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