Dienstag, 16. Mai 2023

Gibt es einen negativen Habeck-Effekt bei den Wahlen für Bündnis 90/Die Grünen?

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Fragt man Friedrich Merz und die CDU oder auch die CSU ist die Antwort eindeutig: ja. Zum Beleg zitiert Merz das Wahlergebnis der Grünen bei der Landtagswahl in Bremen. Dort haben die Grünen 5,4 Prozentpunkte gegenüber der letzten Landtagswahl eingebüßt. Das sieht auf den ersten Blick wie ein eindeutiger Beweis aus. Und unbestreitbar hat Robert Habecks Auftreten der letzten Wochen den Grünen wenig Sympathie eingebracht. Aber bei politischen Bewertungen verbieten sich meist einfache Lösungen. Und so verhält es sich wohl auch mit den Interpretationen des Bremer Wahlergebnisses durch Merz.

Denn dabei sollte man berücksichtigen, dass es in Bremen und Bremerhaven gerade einmal rund 465.000 Wahlberechtigte gegeben hat, von denen 57,4 Prozent nach der letzten Hochrechnung zur Wahl gegangen sind. Das macht dann rund 266.000 Wählerinnen und Wähler, die tatsächlich gewählt haben. Daraus einen Trend für ganz Deutschland hochrechnen zu wollen, ist schon etwas gewagt. Vor allem, sofern man den Bremer Ergebnissen die Ergebnisse der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein gegenüberstellt. Im Land zwischen den Meeren wurde ebenfalls am Sonntag gewählt. Dort waren rund 2,4 Millionen Wählerinnen und Wähler zur Stimmabgabe aufgerufen. Nach den Zahlen des Landeswahlleiters haben 49,4 Prozent von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht, also rund 1.180.000.

In Schleswig-Holstein haben demnach fast viereinhalbmal so viele Menschen gewählt wie in Bremen. Und dort haben die Grünen mit 17,7 Prozent 1,2 Prozentpunkte gegenüber der letzten Kommunalwahl zugelegt! Bei der letzten Landtagswahl kamen sie dort auf 18,3 Prozent. Also ganz so einfach scheint der Habeck-Effekt dann doch nicht zu sein. Gleichwohl lässt sich das Ergebnis der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein auch nicht einfach 1:1 bundesweit übertragen. Denn Schleswig-Holstein ist im Hinblick auf die Energiewende ein Heimspiel für die Grünen.

Deshalb sollte den Spitzenmanagern der Grünen in Berlin inzwischen klar sein, dass ein ‘weiter so’ bei der Energie- und Wärmewende die politische Großwetterlage für sie nicht verbessern wird, im Gegenteil. Will die Partei ihr Projekt Energiewende tatsächlich noch zu einer für sie erfolgreichen Story machen, sind jetzt kluge Köpfe in der Partei gefragt, die einen überzeugenden Rückzug im Umsetzungsplan antreten, den die Basis der Partei verkraften kann und der zugleich den Bürgern sowie den Unternehmerinnen und Unternehmern ihre berechtigten massiven Ängste im Umgang mit der eigenen Immobilie oder dem eigenen Betrieb nehmen. Nur dann kann das Projekt Energie- und Wärmewende noch gelingen.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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