Dienstag, 16. Mai 2023

Jungmeister erfolgreicher als Start-ups

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Vergangenen Sonntag veranstaltete die Handwerkskammer Düsseldorf ihre jährliche Meisterfeier, die „größte Saalveranstaltung des Deutschen Handwerks“, wie sie es selbst nennt. Im Schnitt erhalten rund 1.000 Jungmeisterinnen und -meister der Handwerkskammer im Rahmen dieser Veranstaltung ihren Meisterbrief. In diesem Jahr, bei der 74. Auflage, waren es exakt 938. Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, lobte am aktuellen Meisterjahrgang vor allem die außergewöhnlich hohe Anzahl an Jungmeistern, die bekundet haben, sich selbständig machen zu wollen. 67 Prozent – so viele wie nie zuvor – gaben bei einer Befragung aller Meisterabsolventen an, sich selbständig machen zu wollen bzw. dies bereits getan zu haben. 20 Prozent hätten mit einer Ausnahmegenehmigung bereits vor dem Prüfungsabschluss gegründet oder eine Firma übernommen.

Zu diesem Trend passt, dass die Kammer im vergangenen Jahr 1.313 Existenzgründungen im meisterpflichtigen Handwerk zählte. Dies war der zweithöchste Wert der letzten zehn Jahre. Doch nicht allein die Tatsache der hohen Gründungszahl macht den Wert der Meisterausbildung aus, sondern vor allem die Qualität der Gründungen. Denn, so Ehlert, die Gründungen seien sehr stabil: Zwei Drittel der von Meisterinnen und Meistern im Jahr 2017 gegründeten oder übernommenen Betriebe sind bis heute erfolgreich am Markt etabliert. Zum Vergleich: Bei den sogenannten Start-Ups der übrigen Wirtschaft scheitern sogar mehr als 80 Prozent bereits binnen drei Jahren.“

Doch erfolgreiche Unternehmensgründungen junger Meister seien kein Selbstläufer, unterstrich Ehlert. Sie bräuchten dafür vor allem „verlässliche Rahmenbedingungen“. Und daran hapere es zunehmend. Die „Machbarkeits-Grenze“, so Ehlert, „droht überschritten zu werden“. Beispiele dafür seien der Anstieg bei den Sozialabgaben auf über 40 Prozent oder das jüngste Bürokratiemonster, das „Gebäudeenergie-Gesetz“. Dazu komme eine bedenkliche Entwicklung bei der Steuerbelastung der Betriebe. „Angefangen bei der Grunderwerbsteuer, deren Niveau in NRW das höchste bundesweit ist“, kritisierte Ehlert, „dass bei der Gewerbesteuer neun von zehn Kommunen mit den höchsten Hebesätzen in NRW liegen und bei der Grundsteuer vielerorts Erhöhungen drohen“.

Ein weiteres Problem ist aus Sicht der Kammer der sinkende Frauenanteil bei den Meisterprüfungen. Obwohl die Kammer „intensive Anstrengungen“ unternehme, „Handwerkerinnen für die unternehmerische Gestaltungsaufgabe zu begeistern“, ist deren Anteil zuletzt mit 19,1 Prozent wieder unter die 20-Prozent-Marke gesunken. 2010 lag der Spitzenwert bei einem Frauenanteil von 26,9 Prozent. Aus Gesprächen, „die wir mit Jungmeisterinnen und Handwerksjunioren geführt haben“, so Ehlert, wisse die Kammer, dass der größte Hemmschuh „eine bessere Vereinbarkeit von Familie und beruflicher Selbstständigkeit“ sei. Einen Punkt hob Ehlert dabei heraus: „Meister-BaföG einschließlich der Unterhaltsförderung sollte in jedem Fall pünktlich fließen! Notfalls durch Abschlagszahlungen wie bei den Leistungen der Agentur für Arbeit. Dies würde schon einmal einen wichtigen Hinderungsgrund für junge Mütter minimieren.“

Als besonders lohnende Form der Unternehmensgründung für Jungmeister empfiehlt die Kammer die Unternehmensnachfolge. In jedem fünften bestehenden Handwerksbetrieb im Kammerbezirk stelle sich derzeit die Frage, ob eine Übergabe oder die Schließung anstehe, da die Inhaber über 60 Jahre alt seien. „Wir haben als Kammer die Heranführung an die Option der Betriebsnachfolge noch einmal gesondert verstärkt und vor zwei Jahren die Informations- und Coaching-Kampagne ‘Genau mein Ding!’ gestartet, die alleine im letzten Jahr 45 Workshops durchgeführt hat“, erläuterte Ehlert die Maßnahmen der Kammer in diesem Bereich.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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