Donnerstag, 22. Juni 2023

Radio Bremen für Spitzenkräfte lukrativer als der rbb

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Letzte Woche Freitag wählte der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) eine Nachfolgerin für die geschasste Intendantin Patricia Schlesinger. Die Wahl verlief reichlich kurios. Der Spiegel nannte sie gar chaotisch. Die Anzahl der Kandidaten wechselte quasi täglich, am Ende gar stündlich. Gewählt wurde mit Ulrike Demmer eine ehemalige stellvertretende Regierungssprecherin mit SPD-Stallgeruch. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches für die ARD. Wir wollen uns daher mit den Umständen der Wahl nicht weiter aufhalten. Berichte darüber gibt es bereits zuhauf (Nachtrag vom 13. Juli 2023: Besonders anschaulich hat das NDR-Medienmagazin Zapp die Vorgänge in seiner Sendung vom 5. Juli aufgerollt).

Spannender ist für uns, dass der einzige Mann, der ernsthaft zur Wahl stand, Jan Weyrauch, letztlich zweimal als Kandidat abgesprungen ist, weil er sich mit der geplanten Deckelung seiner Bezüge nicht anfreunden konnte. Nanu, fragt man sich da, wie das? Auch das kolportierte gedeckelte Gehalt zwischen 180.000 und 230.000 Euro ist nicht so schlecht. Aber, schaut man sich die aktuellen Bezüge Weyrauchs an, wird klar, warum er lieber bleibt, was er derzeit ist: Programmdirektor bei Radio Bremen. Der Sender vergütet die Arbeit seiner Spitzenkräfte mehr als üppig. Das ist umso erstaunlich, als Radio Bremen eigentlich gar nicht lebensfähig wäre, müsste die Anstalt nur von den Beitragseinnahmen leben.

Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung 2021 (eine aktuellere ist derzeit nicht veröffentlicht) erhielt der Konzern Radio Bremen Beiträge in Höhe von 45.374.277,81 Euro. Er erhält deshalb zusätzlich einen Finanzausgleich und Strukturhilfen im Rahmen des ARD-Verbunds. Die betrugen im gleichen Jahr 50.691.179,45 Euro, übersteigen also die Beiträge. Sonstige Einnahmen gab es rund 19 Millionen Euro. 2021 beschäftigte der Konzern 448 Mitarbeiter. Die erhielten (ohne Altersvorsorge) 39,246 Millionen Euro. Für die Altersvorsorge wurden 8,806 Millionen Euro aufgewandt. Das ergibt 48,052 Millionen Euro, was alleine in Summe die Höhe der Beitragseinnahmen übersteigt! Radio Bremen selbst hat 2021 nur 222 Mitarbeiter beschäftigt.

Noch grenzwertige wird es, schaut man auf die Personalkosten der Spitze des Senders: ●Intendantin Dr. Yvette Gerner erhielt 2021 Gesamtbezüge in Höhe von 295.662,28 Euro. Brigitta Nickelsen bekam 173.198,86 Euro und Jan Weyrauch 214.511,74 Euro. Allein die drei kosteten den Sender damit mehr als 683.000 Euro. Noch fürstlicher gestaltet sich ihre Altersvorsorge. Deren Barwert belief sich Ende 2021 für alle drei auf 1.521.347 Euro. Nur zur besseren Einschätzung: Die erfolgreichste Fernseh-Regionalsendung des Senders, die Hauptausgabe des Magazin ‘bunten und binnen’, hat durchschnittlich nach Angaben des Senders 88.000 Zuschauern. Wer will es Weyrauch da verübeln, dass er dann doch gar nicht erst zum rbb-Intendanten gewählt werden wollte.Stressfreier ist der Job bei Radio Bremen allemal.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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