Mittwoch, 03. Mai 2023

FDP belohnt Nicola Beer dafür, ihren Platz frei zu machen

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Die FDP vertritt normalerweise vehement das Leistungsprinzip und fordert in Abgrenzung zu Bündnis 90/Die Grünen strikte Technologieoffenheit bei allen technischen Fragen. Überträgt man Technologieoffenheit und Leistungsprinzip auf Personalentscheidungen, müsste das bedeuten, in einem offenen Verfahren nach dem am besten geeigneten Kandidaten für eine Stelle zu suchen und diesen oder diese dann auszuwählen. Aber so weit geht die Dogmatik der FDP dann doch nicht. Auch bei ihr sind zu vergebende Posten ein wichtiger Baustein, um Personen für die Parteiarbeit zu finden und zu binden. Oder auch, um einen Postenverzicht an anderer Stelle zu belohnen.

Ein schönes Beispiel dafür bietet der aktuelle Aufstieg von Nicola Beer, die Generalsekretärin der Partei zwischen 2013 und 2019 war und derzeit Europaabgeordnete sowie stellvertretende Parlamentspräsidentin des EU-Parlaments ist. Bei der letzten Europawahl war Beer noch Spitzenkandidatin der FDP. Schon 2019 war sie in Konkurrenz zu Agnes Strack-Zimmermann geraten, weil Beer sich damals ihren Rücktritt als Generalsekretärin mit dem Posten der stellvertretenden Parteivorsitzenden erkaufte. Gegen Strack-Zimmermann, die seinerzeit auch stellvertretende Parteivorsitzende werden wollte. Jene Agnes Strack-Zimmermann wird nun ihrerseits Beer beerben und ins lukrative Europarlament entschwinden, als Spitzenkandidatin der FDP. Beers Posten als stellvertretende Parteivorsitzende hat sich inzwischen die amtierende Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger geholt. Was also macht die FDP nun mit Beer?

Sie bedankt sich zunächst einmal herzlich bei ihr, dass sie als Generalsekretärin der FDP „maßgeblich am Wiederaufbau der Partei beteiligt“ gewesen sei. FDP-Chef Christian Lindner würdigte Beer so: „Nicola, Du hast Dir, wie überhaupt nur ganz, ganz, ganz wenige andere Verdienste um unsere gemeinsame Freie Demokratische Partei erworben.“ Das ist alles schön und gut, aber natürlich keine ausreichende Kompensation. Also wird Beer auf Vorschlag der FDP Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB). Dort sitzt noch als Präsident der frühere Generalsekretär der FDP, Dr. Werner Hoyer. Der wird dort Ende des Jahres nach zwei Amtszeiten altersbedingt ausscheiden. Eine Vizepräsidentin der EIB erhält das gleiche Gehalt wie eine Vizepräsidentin der EU-Kommission (aktuell über 330.00 Euro jährlich).

Nun kann man Beer nicht grundsätzlich absprechen, Qualifikationen für den Job mitzubringen. Sie ist Rechtsanwältin, hat einen Abschluss als Bankkauffrau und ein zweisprachiges deutsch-französisches Abitur. Und dennoch kann man vermuten, wäre die Position offen in einem transparenten Verfahren ausgewählt worden, wäre wahrscheinlich nicht Beer zum Zuge gekommen. Und das wiederum macht dann manche FDP-Kritik an anderer Stelle etwas unglaubwürdig.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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