Mittwoch, 04. Januar 2023

Deutschland kassiert 13,2 Milliarden Euro aus dem Emissionshandel

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Gestern hat das Umweltbundesamt (UBA) die Zahlen zum Emissionshandel im Jahr 2022 veröffentlicht. Danach hat Deutschland insgesamt 13,1 Milliarden Euro erlöst. Davon stammen 6,8 Milliarden Euro (Vorjahr: 5,3 Milliarden) aus dem Europäischen Emisssionshandel (EU-ETS) und 6,4 Milliarden Euro (Vorjahr: 7,2 Milliarden) aus dem nationalen Emissionshandelssystem (nEHS) für Wärme und Verkehr. Zusammen sind dies 700 Millionen Euro mehr als 2021.

Was auf den ersten Blick wie ein erfreulicher Geldsegen für den Bundeshaushalt aussieht (die Einnahmen aus dem EU-ETS und dem nEHS fließen vollständig in den ⁠Klima- und Transformationsfonds, KTF), hat auf den zweiten Blick eine Kehrseite: Die Einnahmen des Staates entsprechend den Ausgaben der Käufer dieser Zertifikate. Und da die Käufer die Kosten in aller Regel auf ihre Kunden, die Verbraucher, umlegen, ergibt sich für die Verbraucher in Deutschland insoweit ein Nullsummenspiel. Aktuell kommt hinzu, dass im Bereich Wärme den Einnahmen die Ausgaben für den Gaspreisdeckel gegengerechnet werden müssen. Ein anderes Beispiel für das Nullsummenspiel liefert das UBA selbst: Auch die Abschaffung der EEG-Umlage werde aus dem KTF finanziert, was im vergangenen Jahr zu einer Entlastung bei den Stromkosten beigetragen habe. Richtig, allerdings finanziert von den Verbrauchern selbst.

Das UBA sieht den Effekt erwartungsgemäß anders. Die CO-Bepreisung über den Emissionshandel sei „ein entscheidender Hebel, um die Klimaziele zu erreichen. Jede emittierte Tonne CO wird mit einem Preisschild versehen und setzt damit maßgebliche Impulse für den klimaschonenden Umbau unserer Gesellschaft“, betont der Präsident des Umweltbundesamts Dirk Messner. Entscheidend sei außerdem, „dass die Einnahmen aus der CO-Bepreisung für eine aktive sozial- und wirtschaftspolitische Flankierung der gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozesse genutzt werden können“. Ambitionierter ⁠Klimaschutz⁠, Sozialverträglichkeit und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit stünden in keinem Widerspruch zueinander, „sondern werden durch den Emissionshandel in Einklang gebracht“.

Entsprechend verhält es sich insoweit auch mit den Einnahmen aus dem EU-ETS. Die Zertifikate umfassen die Treibhausgasemissionen aus Kraftwerken, großen Industrieanlagen und dem innereuropäischen Luftverkehr. Die Menge der verfügbaren Emissionsberechtigungen wird jährlich gesenkt, um die Emissionen auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität schrittweise immer stärker zu begrenzen. So wurden 2022 mit rund 85 Millionen deutlich weniger Emissionsberechtigungen als im Vorjahr an der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig für Deutschland versteigert (2021: 101 Millionen). Gleichzeitig stieg der Preis der Emissionsberechtigungen erheblich an: Der durchschnittliche Preis 2022 lag mit 80,32 Euro deutlich oberhalb des Vorjahres (2021: 52,50 Euro). Im Vergleich zu 2020 (24,61 Euro) hat sich der durchschnittliche Erlös sogar mehr als verdreifacht. Am 19.08.2022 wurde mit 96,87 Euro der höchste Preis bei einer deutschen Auktion seit Einführung des EU-ETS erzielt.

Insofern klingt die Feststellung des UBA leicht zynisch, die Marktteilnehmer hätten erkannt, „dass die politischen Rahmenbedingungen auf mehr Klimaschutz ausgerichtet werden“. Die Preisentwicklung des vergangenen Jahres könne damit, so Jürgen Landgrebe, Leiter des Fachbereichs ‘Klimaschutz, Energie, Deutsche Emissionshandelsstelle’ im UBA, „auch als Vertrauensbekenntnis der Marktakteure in die Reformfähigkeit der europäischen Klimapolitik gewertet werden“. Tatsache ist jedenfalls, angesichts der politischen Vorgaben in Deutschland ist der europäische Emissionshandel für die deutsche Industrie überlebensnotwendig. Ansonsten wäre eine Deindustrialisierung nicht aufzuhalten.

Beim nationalen Emissionshandelssystem (nEHS) für Wärme und Verkehr ist dagegen ein Rückgang der Einnahmen zu verzeichnen. Das UBA erklärt dies damit, der Gesetzgeber habe den geplanten Preisanstieg von 30 Euro auf 35 Euro in 2023 um ein Jahr verschoben. Deshalb sei der spürbare Rückgang bei den verkauften Zertifikaten im nEHS „leider nicht auf sinkende Emissionen im Verkehrs- und Gebäudebereich zurückzuführen“, bedauert Landgrebe, sondern vielmehr „der Beschluss des Gesetzgebers, die ursprünglich für 2023 vorgesehene CO-Preissteigerung auf 35 Euro um ein Jahr zu verschieben. Damit kosten Zertifikate in den Jahren 2022 und 2023 einheitlich 30 Euro. Einige Unternehmen haben den Erwerb ihrer Zertifikate daher nach 2023 verschoben. Die 2022er Emissionen können nämlich auch mit Zertifikaten des Jahres 2023 abgegolten werden“.

Dass der Gesetzgeber dies wegen der extrem gestiegenen Energiepreise gemacht hat, um die Kosten der Verbraucher nicht noch weiter steigen zu lassen, findet dagegen beim UBA keine Erwähnung. Muss dort wohl auch niemanden kümmern, ob Verbraucher die umweltpolitischen Vorstellungen des Amtes überhaupt finanzieren können.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (1)

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#1 Leserkommentar
von Carport, 04.01.2023 13:06

<p>Das ist mal eine Summe, Hammer.<br /> <br /> Lg Mia</p>

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