Mittwoch, 04. Januar 2023

Was sagen 84 Ladepunkte für Mieter der IHK Düsseldorf für deren Pflichtmitglieder aus?

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Am 9. Dezember hatte die Rheinische Post (RP) in einem lobenden Beitrag („Neue Stromtankstelle für 84 Autos“) über 84 Ladepunkte im Parkhaus des Gebäudes der Industrie- und Handelskammer (IHKDüsseldorf am Ernst Schneider Platz berichtet. Ein Beitrag, der bei Mitgliedern der IHK nicht nur Fragen aufwarf, sondern auch teilweise zu Missmut führte. So ärgerte sich ein Mitglied gegenüber ‘mi’ darüber, dass die IHK laut dem Bericht die 42 Ladesäulen für die Mieter ihres Hauptgebäudes bereithält. „Ist es denn Kernaufgabe einer IHK“, so der Leser, „zwangserworbenes Guthaben in Immobilien zu investieren, um aus Mieten weitere Gelder zu akquirieren? Meines Erachtens nicht. Bei so vielen Stellplätzen muss es ein beträchtliches Mietaufkommen geben. Ist dies vielleicht sogar unberechtigtes Vermögen?“ Dazu später mehr.

Kommen wir zunächst einmal zu den Fakten, wie sie der RP zu entnehmen waren. Auf „Wunsch der Kammer“, so die RP, hätten die Stadtwerke dort 84 Ladepunkte installiert. Zur Begründung dieses Wunsches wurde in dem Beitrag IHK-Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen zitiert: „Das Angebot schafft Nachfrage.“ Nachfrage nach E-Autos. 84 Ladepunkte, da schrillen bei Energiefachleuten in der Regel die Alarmglocken. Denn sollten alle Ladepunkte gleichzeitig genutzt werden, würde normalerweise das Stromnetz vor Ort zusammenbrechen. Dass dies in Düsseldorf nicht passiert, hängt mit einer Besonderheit des Standortes zusammen. Vor Ort befindet sich auch die Börse Düsseldorf, für die ursprünglich einmal eine besonders leistungsfähige Trafostation eingebaut wurde.

Weiter lässt sich der RP entnehmen, dass die Ladepunkte nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, sondern nur den Mietern des Hauses und deren Besuchern. Das bestätigt auch die IHK auf ‘mi’-Nachfrage. Nicht einmal die Mitarbeiter der IHK können sie nutzen. Die Parkplätze in der Tiefgarage seien „an MieterInnen des Börsengebäudes fest vermietet". Sie zahlen laut Auskunft der IHK „aktuell für das Bereitstellen der Ladeinfrastruktur einen Aufschlag von zurzeit 10 € monatlich an den Vermieter IHK“.

Da stellt sich uns die Frage, warum eigentlich die RP 84 privaten Ladepunkten privilegierter Mieter in der Stadt so viel Platz in ihrer Berichterstattung einräumt. Aber das wollen wir nicht weiter vertiefen. Bleiben wir mal bei den Fakten, die sich dem Artikel vom 9. Dezember weiter entnehmen lassen. Die Ladestationen sollen das Projekt ‘Mobilitätspartnerschaft zwischen Stadt und Wirtschaft’, deren Mitinitiator die IHK ist, beflügeln. Berghausen wird von der RP damit zitiert, die IHK wolle Vorbild für andere Unternehmen sein. „Vor allem bei Neubauten sollten Unternehmen unbedingt darauf achten, die Infrastruktur für ausreichend Ladepunkte zu schaffen. Das wird zukünftig essenziell sein.“ Ob dieses Tipps werden sich die beitragzahlenden Mitglieder IHK sicher freuen. Mit fremdem Geld lässt sich immer gut arbeiten.

Entsprechend findet sich auch unter dem Text der RP der Kommentar von Torsten Hollender, der anmerkt: „Als Eigentümer und Betreiber des Parkhauses Talstraße 1 haben wir 20 öffentliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge geschaffen. Das Besondere ist, dass in bester Innenstadtlage 20 öffentlich zugängliche Ladepunkte geschaffen wurden, die mit Sonnenstrom aus der PV-Anlage entweder direkt oder aus dem Batteriespeicher betreiben werden. Jeder Kunde in Düsseldorf kann erstmalig den geladenen Strom direkt, ohne zusätzliche Karten, in bar bzw. bargeldlos am Kassenautomaten bezahlen.“ Darüber hatte die RP selbst bereits am 2. August 2022 kurz berichtet, allerdings nur in dürren Sätzen.

Noch kurioser ist allerdings, dass Berghausen in den Ladepunkten ein Attraktivitätsmodell für Arbeitgeber sieht. An die eigenen Mitarbeiter kann er da nicht gedacht haben, da denen die Ladepunkte ja gerade nicht zur Verfügung stehen. „Die IHK nutzt“, so bestätigt sie uns auf Nachfrage, „für die drei Poolfahrzeuge eigene E-Landepunkte auf dem Hof. Den Mitarbeitenden stehen diese Ladepunkte nicht zur Verfügung. Sowohl Gästen der IHK als auch die Mitarbeitenden, die fast ausschließlich mit dem ÖPNV anreisen, können öffentliche Ladepunkte vor dem Gebäude nutzen.“

Und was hat das alles gekostet? Laut dem besagten RP-Bericht ist eine sechsstellige Summe investiert worden. Allerdings vom wem wird nicht so ganz klar. Denn belegt wird diese Information in dem RP-Artikel mit einer Aussage des Chefs der Stadtwerke Düsseldorf, Julien Mounier. Die IHK stellt gegenüber ‘mi’ allerdings klar, dass sie selbst die Kosten zu 50 Prozent getragen hat. Aus dem Programm ‘progres.nrw – Emissionsarme Elektromobilität’ seien 50 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtkosten gefördert worden. In welchem Bereich des Sechsstelligen die Kosten angefallen sind, wollte die IHK uns nicht mitteilen. Wert legt sie jedoch auf diese Feststellung: Es gab keinerlei Sonderkonditionen für die IHK. Die Auftragsvergabe erfolgte nach den Beschaffungsbestimmungen der IHK.

Präzisieren wollte die IHK uns gegenüber auch nicht, wie lange sich die Ladevorgänge hinziehen, sollten alle Ladepunkte genutzt werden. Pro Säule gibt es zwei. Geladen wird mit 22 Kilowatt. Bei Nutzung beider Ladepunkte stehen also elf Kilowatt pro Ladepunkt zur Verfügung. Ladebedarf und damit Ladezeit“, so richtigerweise die IHK, „ist vom jeweiligen Fahrzeug und der Batterie abhängig. Entscheidend ist hier, dass auch viele Fahrzeuge (84!) gleichzeitig geladen werden können.“

Irgendwie werden wir den Verdacht nicht so ganz los, bei dem Projekt gehe es vorrangig darum, die IHK als Vorreiter in Sachen Elektromobilität zu verkaufen. Ob sie damit wirklich den Interessen der Mehrheit ihrer Pflichtmitglieder dient oder eher dem eigenen Ego, lassen wir mal offen. Doch damit kommen wir zurück zur Eingangsfrage, ob das ganze Projekt eigentlich rechtmäßig ist oder eine rechtswidrige Vermögensbildung der IHK darstellt.

Wie kommt es eigentlich, dass die IHK derart viele Mieter in ihrem Hauptgebäude hat? Zum Teil hängt es mit der Entwicklung der Börse Düsseldorf zusammen, die dort ihren Sitz hatte. Die Börse Düsseldorf gehört jedoch seit 2017 zur BÖAG Börsen AG, die auch die Börsen in Hamburg und Hannover betreibt und ihren Hauptsitz in Hamburg hat. Die IHK teilt uns zum Stand der Vermietung mit: Die IHK vermietet die Räumlichkeiten der vormaligen Börse, die zum IHK-Gebäude gehören. Zudem vermietet sie eigene Flächen, die durch stärkere Nutzung des mobilen Arbeitens frei werden. Mieter sind u.a. (internationale) Wirtschaftsorganisationen. Die Vermietung erfolgt zu marktüblichen Konditionen.“

Grundsätzlich kann man einer IHK kaum verwehren, leerstehende Büroräume zu vermieten. Bedenklich wird es allerdings, falls große Teile der Fläche vermietet sind. Denn dann stellt sich unweigerlich die Frage, ob die Räumlichkeiten der IHK nicht überdimensioniert sind. Wir haben mal beim Bundesverband für freie Kammern (bffk) nachgefragt, wie er diesen Vorgang bewertet. bffk-Geschäftsführer Kai Boeddinghaus teilt uns mit, ohne konkrete Kenntnis, in welchem Umfang Flächen vermietet sind, könne er nicht beurteilen, ob es sich insoweit um eine rechtswidrige Vermögensbildung handelt, die zulasten der Pflichtmitglieder geht. Boeddinghaus will nun seinerseits bei der IHK nachfragen, wie viel Fläche sie seit wann vermietet hat. Auf das Ergebnis sind sicher nicht nur wir gespannt.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (1)

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#1 Leserkommentar
von Guido Waltershausen, 04.01.2023 17:59

<p>Unfassbar, abschaffen sollte man diesen nichtsnutzigen Verein. Warum werden Zwangsbeiträge in Immobilien angelegt, wer profitiert davon?</p>

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