Dienstag, 03. Januar 2023

Der neue ARD-Vorsitzende Kai Gniffke ist der teuerste Klassensprecher Deutschlands

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Seit dem 1. Januar ist Prof. Dr. Kai Gniffke, im Hauptberuf Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Vorsitzender der ARD oder, wie er selbst es im Interview mit der Deutschen Presse Agentur bezeichnet, „eher ein Klassensprecher“. Er dürfte der bestbezahlteste Klassensprecher Deutschlands sein, erhält er doch allein ein Festgehalt von 361.000 Euro. Auf die dpa-Frage, warum er mehr als der Bundeskanzler verdiene, antwortet Gniffke: „Weil der Aufsichtsrat des SWR es so entschieden hat.“ Kaum zu fassen, welches Glück man haben kann. Man will eigentlich nur ordentlich verdienen und dann beschließt ein Aufsichtsrat aus heiterem Himmel, einem unerwartet Gutes zu tun. Ältere Semester würden jetzt wohl sagen, das sei schon einen Asbach Uralt wert! Doch, gemach, kein unnötiger Neid, Gniffke muss als neuer Klassensprecher der ARD jetzt mehr arbeiten, ohne dafür zusätzlich entlohnt zu werden. O-Ton Gniffke im Interview auf die Frage, ob er „extra Geld“ dafür erhalte: „Nicht einen Cent, diese Arbeit gehört dazu.“

Auch sonst ist wenig Neid angebracht, denn auch die Räumlichkeiten des Intendanten sind nach eigener Aussage gegenüber dpa zwar „toll“, aber „alle hier befindlichen Möbelstücke bewegen sich in einem vom SWR definierten Korridor, was es kosten darf“. Tja, wie gut, dass immer andere entscheiden, was es kosten darf. Da kann man sich selbst beruhigt in sein, im konkreten Fall laut Gniffke denkmalgeschütztes Büro zurückfallen lassen. Auch sonst hat er ein reines Gewissen, denn „Worüber geben wir Auskunft? Antwort: über alles.“ Klar, nur dass die Antworten halt nichtssagend sind. Oder kennen Sie den „definierten Rahmen des SWR“, was die Büroeinrichtung kosten darf?

Was Gniffke ansonsten zu einer Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sagen hat, ist alt bekannt und wenig zielführend. Wer den Teich trocken legen will, sollte besser nicht die Frösche fragen, was sie davon halten. Wer seine Erkenntnisse nachlesen möchte, findet das Interview beispielsweise hier. Es sind die üblichen Bekundungen, die schon vor Jahren WDR-Direktor Jörg Schönenborn als „demokratiestiftend“ bezeichnet hatte. Dass ein großer Teil des Publikums diese stereotypen Wiederholungen der eigenen Fähigkeiten inzwischen ganz anders beurteilt, ficht weder Gniffke noch andere Intendanten an.

Wir werfen, statt uns mit diesen Versatzstücken zu beschäftigen, lieber noch einen kurzen Blick auf den aktuellen Geschäftsbericht 2021 des SWR. Der bietet das hinlänglich bekannte Bild: Hohe Verluste (148 Millionen Euro) trotz horrender Einnahmen (gut eine Milliarde Euro) wegen aus dem Ruder gelaufener Bezüge (288 Millionen Euro) und Versorgungsleitungen (Pensionsrückstellungen für 7.092 Versorgungsfälle und Anwartschaften: 2,4 Milliarden Euro!). Wem das noch nicht reicht, hier noch ein weiterer Beleg der Misswirtschaft: „Erstmals ergibt sich zum Bilanzstichtag ein negatives Eigenkapital in Höhe von EUR 161,0 Mio. Im Rahmen des derzeitigen KEF Verfahrens werden die hohen BilMoG Aufwendungen zu den Altersversorgungsverpflichtungen nur unvollständig berücksichtigt. Diese Besonderheit führt vor allem aufgrund der Niedrigzinsphase zu einer hohen Belastung des handelsrechtlichen Ergebnisses der Anstalt.“

Aber keine Sorge, dem SWR geht es trotzdem gut, wie den Erläuterungen der Bilanz zu entnehmen ist: „Die Zahlungsfähigkeit des SWR war im Berichtsjahr mit einem frei verfügbaren Finanzmittelfonds im Umlaufvermögen von EUR 237,1 Mio. und ungebundenen Finanzanlagen im Anlagevermögen in Höhe von EUR 129 Mio. jederzeit gegeben. Der SWR hat damit Ende 2021 keine Finanzierungs- oder Liquiditätsprobleme. Ein negatives Eigenkapital stellt nach aktueller Rechtslage für sich allein genommen kein existenzbedrohendes Risiko dar, sofern die Finanzierung der Tätigkeit sichergestellt ist. Gemäß § 1 Abs. 3 des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk wäre ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des SWR ohnehin unzulässig.“ Wir sind geneigt, einen weiteren Asbach Uralt zu uns zu nehmen.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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