Donnerstag, 03. November 2022

Buhrow stellt parallelen Fortbestand von ARD und ZDF infrage

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Lange hat es gedauert, aber jetzt hat sich erstmals einer der ganz Großen der ARD für die Kritik am Fortbestand des bisherigen öffentlich-rechtlichen Systems offen gezeigt. Kein Geringerer als WDR-Intendant Tom Buhrow, der aktuell auch kommissarisch ARD-Vorsitzender ist, hat gestern vor dem Übersee-Club in Hamburg an den Grundfesten der bisherigen Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) geäußert. „Mein fester Eindruck“, so Buhrow, „ist: Deutschland scheint uns in zehn Jahren nicht mehr in dem Umfang zu wollen – und auch finanzieren zu wollen wie heute“. Damit dürfte er den Nagel auf den Kopf getroffen haben. Neu ist nur, dass dies nunmehr von einem ‘Hochkaräter’ der ARD eingeräumt wird. Vorsorglich betonte Buhrow allerdings, insoweit nicht für die ARD oder den WDR zu sprechen, sondern quasi als Privatperson.

Noch bemerkenswerte ist allerdings, welche Konsequenz er daraus gezogen hat. „Die erste Frage – glaube ich –, die wir uns stellen müssen, ist: Will Deutschland im 21. Jahrhundert weiter parallel zwei bundesweite, lineare Fernsehsender? Wenn nicht: Was heißt das? Soll einer ganz verschwinden und der andere bleiben? Oder sollen sie fusionieren, und das Beste von beiden bleibt erhalten?“ Letzteres ist im Übrigen eine Forderung der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), für die diese von Vertretern des ÖRR im letzten Jahr arg gescholten wurde. Dabei wurde die MIT sogar in eine Nähe zur AfD gerückt, was bekanntlich einem politischen Todesstoß nahekommt.

Der ‘Privatmann’ Buhrow, will eine Reform in drei Schritten: Erstens müsse das System „Staatskanzleien hier, Sender dort“ aufgebrochen werden. Zweitens brauche man dafür einen Runden Tisch, der einen neuen Gesellschaftsvertrag ausarbeite, und drittens dürfe es an diesem Runden Tisch keine Tabus und keine Denkverbote geben. Es ehrt Buhrow, dass er immerhin mal bereit ist, die Wirklichkeit anzuerkennen, wie es um den ÖRR im Bild der breiten Bevölkerung wirklich bestellt ist. Aber klar ist auch, er ist erfahren genug, um aus dieser Analyse möglichst wenig konkrete Einschnitte für das System folgen zu lassen. Insoweit ist seine Forderung nach einem Runden Tisch ohne Denkverbote nichts anderes als eine Methode, am bisherigen Zustand möglichst lange festzuhalten. Das sollten diejenigen, die an einer ernsthaften Reform interessiert sind, ihm und der ARD sowie dem ZDF allerdings nicht durchgehen lassen.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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