Mittwoch, 19. Oktober 2022

Rund 1,6 Milliarden Euro Softwarekosten für die Finanzverwaltung in 15 Jahren

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Am 9. Juli 2004 beschloss die Finanzministerkonferenz (FMK), „in einem abgestimmten neuen Verfahren einheitliche Software für das Besteuerungsverfahren gemeinsam entwickeln, beschaffen und einsetzen zu wollen“. Das Projekt erhielt die schöne Bezeichnung 'KONSENS' (Koordinierte neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung), auch um zu verdeutlichen, dass alle Länder mit im Boot säßen. Gestartet wurde das Projekt am 1.1.2007. Ziel war und ist es, mit der Vereinheitlichung und Modernisierung der Software wesentliche Grundlagen dafür zu schaffen, die Steuern wirtschaftlicher und gleichmäßiger erheben zu können. Ein erster Versuch, mit dem Projekt 'FISCUS' (Föderalintegriertes standardisiertes computerunterstütztes Steuersystem) ein bundeseinheitliches EDV-System in den Steuerverwaltungen der Länder zu schaffen, war zuvor krachend gescheitert; mehrere hundert Millionen Euro wurden in den Sand gesetzt.

Wohin das Boot KONSENS seit nunmehr 15(!) Jahren steuert, weiß niemand so genau. Bislang sind hierfür Kosten von rund 1,6 Milliarden Euro angefallen, für die Jahre 2022 bis 2026 sind weitere 1,25 Milliarden Euro veranschlagt. Angesichts dieser Dimension nehmen der Bundesrechnungs- und auch die Landesrechnungshöfe das Projekt mit schöner Regelmäßigkeit kritisch unter die Lupe, machen ihrem Unmut in zahlreichen Berichten Luft und fordern das BMF immer wieder auf, zu den Kritikpunkten Stellung zu nehmen bzw. für Abhilfe zu sorgen. Am 11. und 12. Oktober fand turnusgemäß wieder die 'Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder' statt. Die hierzu ergangene 'Augsburger Erklärung' ist für die Macher von KONSENS vernichtend. Wörtlich heißt es:

„Schon seit 15 Jahren arbeiten der Bund und die Länder zusammen an der Entwicklung, Einführung und fortlaufenden Pflege einer einheitlichen Steuer-IT, bis heute bei den Kernverfahren ohne Erfolg. Gründe dafür sind u. a. eine fehlende Ausrichtung auf Projektstrukturen und verbindliche Gesamtplanung sowie Interessenskonflikte zwischen der Pflege des bisherigen laufenden Systems und der Erstellung einer neuen Lösung.“ Und weiter: „Wann das Ziel einer bundesweit einheitlichen Steuer-IT erreicht sein wird und die unterschiedlichen landeseigenen Altverfahren abgelöst werden können, ist noch nicht absehbar.“ Ein Grund mehr, nicht nur Steuerhinterziehung zu bestrafen, sondern auch Steuerverschwendung.

Karl-Heinz Klein ist Chefredakteur des ‘markt intern’-Informationsbriefes steuertip


Verfasst von: markt-intern Verlag | Kommentare (0)

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