Dienstag, 18. Oktober 2022

Handwerkskammer Düsseldorf: Lage der Betriebe noch überwiegend gut, Geschäftserwartungen aber stark eingetrübt

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Es sind herausfordernde Zeiten, nicht nur für die Bürger, sondern auch für Spitzenrepräsentanten beruflicher Gruppen. Denn die müssen den Spagat hinbekommen, einerseits den Regierenden darzulegen, welche Unterstützungen ihre Mitgliedsunternehmen derzeit benötigen, zugleich aber zu vermeiden, das allgemeine wirtschaftliche Klima weiter zu verunsichern. Denn schon Ludwig Erhard wusste, die Hälfte des wirtschaftlichen Erfolges beruhe auf  Psychologie. Entsprechend versuchte auch der Präsident der Handwerkskammer DüsseldorfAndreas Ehlert, bei der Vorstellung des Herbstkonjunkturberichtes der Handwerkskammer Düsseldorf sowohl die Gefahren der aktuellen Situation als auch die Chancen der Politik, diesen zu begegnen, herauszustellen.

Die Konjunktur in den unterschiedlichen Gewerken verlaufe sehr unterschiedlich. Es gebe Branchen, die unmittelbar sehr stark von den galoppierenden Energiepreisen betroffen seien (beispielsweise Bäckereien oder auch Reinigungsbetriebe), und andere, die dies eher mittelbar treffe. Insgesamt ergebe sich aber eine sehr schwierige Gemengelage. Das Handwerk blicke „auf einen Sturm sich gegenseitig verstärkender Krisen“. Die Entwicklung des Geschäftsklimas verlaufe in dramatischer Weise negativ. Der Indexwert sei gegenüber dem Frühjahr um 20 Punkte auf 98 gefallen, den niedrigsten Wert seit 2010. Damals litt das Handwerk unter den Auswirkungen der Finanzmarktkrise. Dabei sei die aktuelle Lage der Unternehmen im Vergleich noch durchaus zufriedenstellend, aber die Geschäftserwartungen seien extrem schlecht.

Gründe dafür gibt es hinreichend. So leide etwa die seit Jahren boomende Baubranche nun unter dem unseligen Zusammenspiel stark steigender Preise und extrem schnell gestiegener Baufinanzierungszinsen bei teilweise unverändert gestörten Lieferketten. Viele private Bauherren stoppen daher Bauvorhaben. Die Zahl der Baugenehmigungen gehe zurück. Kleine Randbemerkung: Und das, obwohl die Bundesregierung 400.000 Neubauwohnungen jährlich als Ziel ausgegeben hat. Entsprechend gingen auch die Auftragsreichweiten zurück. Auch nicht generell, denn das Elektro- und das Installations- und Heizungsgewerbe habe eine unverändert hohe Auslastung und suche händeringend neue Mitarbeiter. Stichwort dazu: Wärmepumpeneinbau. Über alle Branchen verzeichnen 37 Prozent der Handwerksbetriebe offene Stellen!

Was die Kammer umtreibt, ist die Sorge, selbst an sich gesunde Unternehmen könnten die Krise nicht überstehen. Es komme daher darauf an, dass die Politik schnelle und unbürokratische Hilfen dort leiste, wo sie dringend benötigt werden. Dabei sei das Prinzip Gießkanne aus Sicht des Handwerks nicht geeignet. Und die ersten Zahlungen im Dezember zu leisten, könne für viele Unternehmen zu spät kommen. Auch die geplanten Preisdeckel bei Strom und Gas finden nicht unbedingt die Zustimmung bei der Kammer. Preiseingriffe des Staates seien a priori eher zu vermeiden. Insgesamt betreibe die Regierung lediglich „Symptom-Milderung. Das meiste“, so Ehlert, „was derzeit für den Mittelstand in der Diskussion ist, geht deshalb am Handwerk in der ganzen Bandbreite seiner Betroffenheit vorbei.“

Man darf annehmen, dass dies alles eigentlich auch den verantwortlichen Regierungspolitiken bekannt ist. Es stellt sich dann allerdings die Frage, wie schnelle und unbürokratische Maßnahmen aussehen sollen, die nicht zu Gießkanneneffekten und bloßer Symptom-Milderung führen. Eine überzeugende Antwort konnte auch Ehlert darauf nicht geben. Aus seiner Sicht wäre es jedenfalls ein gutes Signal, die Energiesteuern, soweit es europarechtlich zulässig sei, zu senken. Alle Maßnahmen, die die Liquidität der Unternehmen verbessere, seien willkommen, so etwa die Senkung oder Stundung von Steuervorauszahlungen und Ähnliches. Einiges davon, so Ehlert, sei davon auch schon umgesetzt worden. Wichtig sei aber auch, die langfristigen Problemstellungen nicht aus dem Blick zu verlieren. Dazu zähle beispielsweise die Energieversorgung dauerhaft zu gewährleisten, Bürokratie abzubauen und die Geldwertstabilität zu sichern.

Womit wir wieder bei Ludwig Erhards Erkenntnis wären, wonach Psychologie mindestens die Hälfte des wirtschaftlichen Erfolges ausmache. Deshalb war es Hauptgeschäftsführer Dr. Axel Fuhrmann auch sehr wichtig, am Ende noch einmal darauf hinzuweisen, das Handwerk sei unverändert eine Branche mit hervorragenden Berufsaussichten. „Das Handwerk ist eine Zukunftsbranche“. Sofern es der Politik gelinge, wieder Vertrauen in das staatliche Handeln herzustellen, werde das Handwerk das Seinige tun, dies auch wieder in konjunkturelle positive Entwicklungen umzusetzen. Das, fügen wir hinzu, gilt aber nur, soweit es die Energieversorgung und deren Kosten es zulassen. Ansonsten hilft wohl auch die Psychologie nicht mehr.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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