Mittwoch, 12. Oktober 2022

ifo-Studie belegt: Homeoffice verändert Einkaufsorte

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Zugegeben, überraschend ist das Ergebnis einer aktuell vom Münchner ifo Institut veröffentlichten Studie nicht. Aber ein Gefühl zu haben, ist für eine unternehmerische Entscheidung bestenfalls die zweitbeste Lösung. Besser ist, sich für das Gefühl auf Fakten stützen zu können. Also haben sich fünf Autoren des ifo-Instituts die Frage gestellt: „Die Innenstadt als Konsumzentrum: Ein Opfer von Corona und Homeoffice?“ Um die Antwort vorwegzunehmen: Sie lautet ja.

Die Ergebnisse der Studie beruhen auf umfangreichen Analysen kleinräumiger, tagesaktueller Daten der fünf Metropolregionen Berlin, München, Hamburg, Stuttgart und Dresden. Sie zeigen, dass sowohl der private Konsum im Internet angestiegen als auch dass innerhalb der Städte eine Verlagerung von den Konsumzentren in der Innenstadt hin zu den Wohngebieten am Stadtrand erfolgt ist. Zwar ist danach an Samstagen kein Konsumrückgang in Innenstädten im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie zu erkennen, dennoch gleicht dies nicht den Umsatzverlust an Wochentagen aus. Darüber hinaus zeigt sich, dass (Wohn-)Gebiete, in denen früher wenig im Homeoffice gearbeitet wurde und die seit der Pandemie einen hohen Zuwachs an Homeoffice-Beschäftigten hatten, deutlich mehr Konsum als vor der Pandemie verzeichnen.

Die Autoren folgern aus diesen Ergebnissen, dauerhaft mehr Homeoffice, mehr Online-Shopping und die daraus resultierenden regionalen Konsumverschiebungen stellten das Konzept deutscher Innenstädte als reine Einkaufs- und Arbeitsorte in Frage. Verlagere sich aufgrund der Tätigkeit im Homeoffice der Konsum langfristig ins Internet und in die Vororte oder zögen Bewohner aus den teuren Ballungsräumen in günstigere Regionen, so leide die Standort- und Aufenthaltsattraktivität in den Stadtzentren. Das könne erhebliche Folgen für den Einzelhandel, Gastronomie, Bürokomplexe und den Verkehr haben.

Konkret ergab die Untersuchung, dass insbesondere in vormals umsatzstarken Gebieten der Konsum zeitweise um mehr als 60 Prozent einbrach, während er in umsatzschwachen Gebieten sogar anstieg. Diese Trends wiesen eine hohe Persistenz auf: Auch seit der Aufhebung der Corona-Einschränkungen im April 2022 liege der Konsum in ehemals umsatzschwachen Gebieten fast 40 Prozent über dem Vorkrisenniveau, während der Konsum in umsatzstarken Gebieten noch knapp 10 Prozent zurückliege. Dies deute auf eine andauernde Konsumverlagerung hin: In ländlichen Wohngebieten werde dauerhaft mehr konsumiert, während der Konsum in zentralen Bereichen zurückgegangen sei.

Die Verlagerung des Konsums erfolge dabei nicht nur bei alltäglichen Lebensmitteleinkäufen, sondern ebenfalls bei langlebigeren Gütern, die traditionell häufig in Einkaufsstraßen und -zentren erworben werden. Während Umsätze in den vormals umsatzstarken Gebieten gegenüber 2019 stagnieren, sind Umsätze in ehemals umsatzschwachen Gebieten deutlich angestiegen. Auch Kleidungsstücke werden demnach häufiger in weniger zentralen Gebieten erworben.

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, es sei davon auszugehen, dass insbesondere der unterwöchige Konsum in den Innenstädten hinter dem Vorkrisenniveau zurückbleiben werde: „Von dieser Entwicklung am stärksten betroffen sind Einzelhandel und Gastronomie in zentralen Lagen und dem Umfeld großer Bürokomplexe. Ob Geschäfte überleben, wie viel Verkehr es gibt und wie Gebäude genutzt werden – all das hängt davon ab, wie viele Menschen regelmäßig in die Stadt kommen. Wenn zukünftig mehr Arbeitnehmer*innen von zu Hause arbeiten, dann wird die Stadt der Zukunft deutlich dezentraler organisiert werden müssen. Die neue Arbeitswelt hat damit das Potenzial, das Erscheinungsbild der Städte grundlegend zu verändern.“


Verfasst von: markt-intern Verlag | Kommentare (0)

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