Dienstag, 07. Juni 2022

Bürokratiemonster Grundsteuerreform

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Seit Mai haben die Finanzämter begonnen, Grundstückseigentümer aufzufordern, die zur Festsetzung der neu geregelten Grundsteuer notwendigen Angaben zu ihrem Grundstück elektronisch an das Finanzamt zu übermitteln, um ab 2025 die Grundsteuer verfassungsgemäß erheben zu können. Dass es zu dieser Reform gekommen ist, beruht auf einer entsprechenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Wie sie allerdings umgesetzt wird, ist bezeichnend für einen Staat, der sich Bürokratieabbau quer durch die Parteienlandschaft auf seine Fahnen schreibt. Aus Baden-Württemberg haben wir eine sehr plastische Schilderung erhalten, wie diese amtlichen Schreiben auf Grundstückseigentümer wirken, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen:

Das angehängte Schreiben erhielt ich von einer 88-jährigen Dame. Sie bat mich um Unterstützung. Mit der Erfahrung als vormalige Verwaltungsangestellte (Mitglied der CDU-Frauenunion) bemerkte sie dabei: >>Warum muss ich diese Informationen an das Finanzamt mitteilen. Die verlangten Daten hat doch das Land schon!<< Für mich ist dieser Vorgang ein Bürokratiemonster, wie es im Buche steht. Alle angeforderten Daten liegen doch bei den Behörden des Landes digital vor. Wir leben in 2022, da muss es für eine solche Aktion doch eine IT-Lösung geben, welche Bürgerschaft und Finanzverwaltung maximal entlastet. Was machen Leute, die keinen PC haben? Der Herr Ministerpräsident von Baden-Württemberg hat der Bürokratie eigentlich den Kampf angesagt: ‘Chefsache’! Er sollte das schnellstmöglich – wie schon so vieles –auch zur Chefsache erklären und den Vorgang auf Eis legen, bis es eine zeitgemäße IT-Lösung für die Aufgabe gibt.“

Dabei muss man wissen, dass Baden-Württemberg mit seinem ‘modifizierten Bodenwertmodell’ sogar noch eine im Vergleich zu anderen Bundesländern weniger bürokratische Lösung entwickelt hat. Dort spielt der Wert des Gebäudes keine Rolle, was eine erhebliche Erleichterung ist. Es kommt lediglich auf die Grundstücksfläche und den Bodenrichtwert an. Zwar behauptet etwa die Finanzverwaltung in Baden-Württemberg, die Feststellungserklärung sei erforderlich, „da nicht alle Daten elektronisch vorliegen. Die vergangene Feststellung liegt zudem schon einige Zeit zurück. Deshalb müssen die vorhandenen Daten überprüft werden.“ Aber warum sorgt die Verwaltung nicht selbst für die Digitalisierung der Daten, die nur analog vorliegen, sondern belastet damit die Bürger? Dass sie vorliegen, wird die Behörde kaum bestreiten wollen. Ebenso bezeichnend für das verquere Denken, wer im Verhältnis Bürger/Staat eigentlich für wen zu arbeiten hat, sind die Erläuterungen, wie der Bürger an die gewünschten Angaben kommt:

„Weitere Daten für die Feststellungserklärung stehen unter www.grundsteuer-bw.de zur Verfügung: Dort finden Sie beispielsweise die Größe der Flusstücke und den maßgeblichen Bodenrichtwert zum 1. Januar 2022. Die Größe der Flurstücke können Sie auch Ihrem Kaufvertrag entnehmen. Die Nummer des Grundbuchblatts finden Sie z.B. in Ihrem Grundbuchauszug.“ Warum übernimmt die Finanzverwaltung nicht selbst diese Angaben? Weil der Bürger mehr Zeit dafür hat? Oder weil es einfach immer noch dem Bild von Staat und Untertan entspricht, so vorzugehen?

Es ist ein Armutszeugnis für eine Industrienation wie Deutschland, Bürgern permanent Angaben abzuverlangen, die vielfach in diversen Datenbeständen schlummern. Warum wird den Bürgern nicht einfach mitgeteilt, welche Angaben über das Grundstück vorhanden sind, um dann bestenfalls eventuelle Änderungen anzugeben? Und warum bitte, müssen die Daten zur Grundsteuer über Elster übermittelt werden? Klar, man kann einen Antrag stellen, sich von Elster befreien zu lassen und die Erklärung schriftlich oder an einer Amtsstelle abzugeben. Man kann auch seinen Steuerberater damit beauftragen. Aber auch das ist wieder mit Umständen und im Falle des Steuerberaters auch mit Kosten verbunden.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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