Dienstag, 03. August 2021

"Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?" - Öffentliche Verschuldung auf dem Höchststand

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Jupp Schmitz und Kurt Feltz komponierten und schrieben im Jahr 1949 den berühmten und fröhlichen Karnevalsschlager "Wer soll das bezahlen?" in dem Bewußtsein dessen, dass fast überall die Trümmer der Zerstörungen beseitigt werden müssen und zumeist unklar ist, wie es für die überlebenden und nicht selten versehrten Bürger weitergehen soll. Aber der fürchterliche Krieg ist vorbei und für alle fängt ein neues Leben an. Lieder wie dieses ließen für kurze Zeit vergessen, wie es tatsächlich außerhalb der Varieté- und Tanzlokale aussah, gleichwohl Texte nicht selten mindestens ein Körnchen Wahrheit enthielten, so wie der Schlager sich fortsetzt mit der nur rethorisch gemeinten Frage "Wer hat so viel Geld?" Damals, nach der Inflation, hatte fast niemand Geld, aber ebenso viele auch keine gänzlich unbezahlbaren Schulden am Hals. 

71 Jahre später, im Jahr 2020, müssen sich die Deutschen mit ähnlichen Fragen befassen, nur von der anderen Perspektive her. Die Tonalität des unbestreitbaren Ohrwurms der späten 40er-Jahre des letzten Jahrhunderts könnte heute etwas weniger fröhlich ausfallen, denn jeder ahnt, dass es in den nächsten Jahrzehnten wohl keinen wirtschaftlichen Durchmarsch auf hiesigem Boden geben wird, so wie es in den späteren 50er und 60er-Jahren geschah. Ein solcher aber wäre notwendig, um die ungeheure Schuldenlast zu stemmen, die vor wenigen Tagen vom Statistischen Bundesamt (Destatis) der Öffentlichkeit mitgeteilt wurde. So stiegt die Pro-Kopf-Verschuldung eines jeden Bundesbürgers im Jahre 2020 auf über 26.000 Euro.

Die gesamte öffentliche Verschuldung erreichte damit eine Höhe von über 2,1 Billionen Euro, ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr von 14,4 Prozent. Alleine in 12 Monaten wuchs das überwiegend Corona-Maßnahmen-bedingte Ausgabenvolumen um 273,8 Milliarden Euro. Hauptschuldner ist dabei laut Bundesamt, wie soll es anders sein, der Bund. Ende 2020 blieb er bei "nicht-öffentlichen Bereichen" mit insgesamt 1,4 Billionen Euro (Zuwachs ggü. Vorjahr: 18,1 % = 214 Mrd.) in der Kreide stehen. Die Außenstände der Länder kletterten mit 57 Milliarden auf ingesamt 636 Milliarden Euro (+ 9,8 %)

Etwas überraschend ist, dass Gemeinden und Gemeindeverbände nur mit 1,5 Prozent und letztendlich einem Plus von 1,9 Milliarden Euro auf insgesamt 133 Milliarden Euro zu dem Schuldenrekord beigetragen haben. Es steht zu befürchten, dass sich die Rechnung der Kommunen für dieses Jahr deutlich verschlechtern wird, dann, wenn der Lockdown- und Insolvenzbedingte Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen nach Wegfall der Aussetzung der Insolvenzantragspflichten im Rahmen des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes und den dann folgenden Zusammenbrüchen vieler Unternehmen datenwirksam werden wird. 

Angesichts dessen, dass es zwar auch mehr mäßigende Stimmen als im vergangenen Jahr gibt, die weitere Lockdowns oder strenge Auflagen in den Unternehmen, im Einzelhandel, bei den Gesundheitsdienstleistern und Gastronomen, ebensowie in der Event- und Veranstaltungswirtschaft verhindern möchten, ist zu hoffen, dass zu keinen weiteren monatelangen "Lockdowns Light" oder ähnlichem kommt. Andererseits aber (bis auf den Impfdruck) steuert die Politik derzeit offenbar gänzlich konzeptlos und angstgetrieben auf den kommenden Herbst und die dann stattfindenden Bundestagswahlen zu.

Eher wahrscheinlich scheint, dass der nächste Rekord bei der öffentlichen Verschuldung aufgrund vieler nachgeholter Insolvenzen besonders (aber nicht nur) im Mittelstand nicht lange wird warten müssen. Es bleibt zu hoffen, dass alles ganz anders kommt, und alle wieder gemeinsam mit Mut und Zuversicht singen wie schunkeln können wie anno dazumal: "Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?"


Verfasst von: Olaf Weber | Kommentare (0)

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