Donnerstag, 18. April 2024

BGH Urteil: Keine Benachteiligung konzernangehöriger Unternehmen bei Coronahilfen

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In einem bisher nicht veröffentlichten Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 11. April erneut entschieden, Unternehmen hätten keine Entschädigungsansprüche gegen den Staat wegen von ihm angeordneter Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie. Dies entspricht seiner bisherigen Rechtsprechung, wie sie sich etwa im Urteil vom 17. März 2022 gezeigt hat, weshalb wir auf die Wiedergabe seiner – via Pressemitteilung bekannt gemachten – Begründung hier verzichten. Neu ist allerdings ein Aspekt, der aus Sicht mittelständischer Unternehmen erfreulich ist.

Die Klägerinnen, eine deutschlandweit tätige Hotelgruppe, hatten neben den aus anderen Verfahren bekannten Argumenten für einen Schadensersatzanspruch noch eine Besonderheit ins Spiel gebracht. Sie rügten, der Staat habe Großunternehmen gegenüber Mittelständlern bei den staatlichen Coronahilfen rechtswidrig bevorzugt. Die Förderprogramme hätten, so ihr in der Pressemitteilung wiedergegebener Vortrag, „konzernangehörige Unternehmen gegenüber Einzelunternehmen gleichheitswidrig benachteiligt“. Die ist ein überraschendes Argument, haben doch viele Mittelständler das genau gegenteilige Gefühl. Der BGH hat sich aber auf dieses Spiel der Hotelkette nicht eingelassen, sondern die Argumentation deutlich zurückgewiesen. Immerhin erhielt die Hotelgruppe der Klägerinnen nach ihrem eigenen Vortrag „aus staatlichen Förderprogrammen insgesamt 73,6 Millionen Euro. Die Hotelgruppe hat darüber hinaus – neben Kurzarbeitergeld – aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds einen Kredit von 47,5 Millionen Euro erhalten.“

Der BGH stellt dagegen unmissverständlich fest, die Größe eines Unternehmens beziehungsweise einer Unternehmensgruppe sei „ein sachgerechtes Unterscheidungsmerkmal hinsichtlich der Verteilung staatlicher Hilfen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie“. Kleine und mittlere Unternehmen hätten „eine große Bedeutung bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und einen positiven Einfluss auf soziale Stabilität und wirtschaftliche Dynamik eines Landes“. Zugleich seien sie gegenüber Großunternehmen typischerweise benachteiligt, da sie nicht den gleichen Zugang zu Kreditfinanzierungen und zum Kapitalmarkt hätten und „daher durch Liquiditätsengpässe schneller in ihrer Existenz gefährdet sein können“.

Da der Staat nicht verpflichtet sei, jede aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen drohende Insolvenz zu verhindern, und sich in Pandemiezeiten gegebenenfalls auf seine Kardinalpflichten zum Schutz der Bevölkerung beschränken müsse, „können die Klägerinnen ihr Unternehmerrisiko nicht auf die Allgemeinheit abwälzen und sich auf eine solidarische Lastenverteilung zu ihren Gunsten und auf Kosten kleiner und mittlerer Hotelbetriebe berufen“.

Zugegebenermaßen verhilft diese Argumentation kleineren Unternehmen, die aufgrund der angeordneten Betriebsschließungen in ihrer Existenz gefährdet oder vernichtet wurden, finanziell auch nicht weiter. Aber es ist ein wichtiges Signal, dass die volkswirtschaftlich hohe Relevanz kleinerer Unternehmen beim BGH so deutlich angesprochen wird und die geradezu paradoxe Umkehr der realen Verhältnisse durch die Klägerinnen deutlich zurückgewiesen wurde.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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