Donnerstag, 07. März 2024

Entgleitet Söder sein Einfluss auf die Strategie der Union?

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Seit Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder Bündnis 90/Die Grünen zu seinem politischen Hauptgegner erklärt hat, sind seine Popularitätswerte in Bayern gestiegen. Damit einher ging ein Bedeutungsgewinn im Innenverhältnis der beiden Unionsparteien. Die CSU als Partei hat davon allerdings nur bedingt profitiert. Deutliche mehr Erfolg brachte den Freien Wählern unter Hubert Aiwanger  dieser Söder’che Kurswechsel bei der letzten Landtagswahl in Bayern. Es scheint nicht ganz unwahrscheinlich, dass die Strategen im Konrad-Adenauer-Haus der CDU dies aufmerksam registriert und feinfühlig darauf reagiert haben.

Ausdruck dessen ist etwa der Zeitpunkt der taktisch überraschenden Erklärung Friedrich Merz‘, bei einem entsprechenden Ergebnis der kommenden Bundestagswahl müsse die CDU auch bereit sein, mit den Grünen über eine Koalition zu verhandeln. Ein weiterer Beleg für ein Auseinanderdriften von CDU und CSU war vor und nach der gestrigen Konferenz der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz zu beobachten. Während der aktuelle Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Ministerpräsident Boris Rhein, sich bestens mit seinem Stellvertreter in der MPK, Hessens Ministerpräsident Stephan Weil, verstand, sich herzlich bei Scholz für sein Erscheinen bedankte und die bisherige Umsetzung der Beschlüsse zur Migrationspolitik durch die Bundesregierung lobte, polterte Söder gewohnt grantig über ein völlig unzureichendes Management der Bundesregierung bei dieser Frage.

Rhein lobte dabei nicht nur bei Scholz, er lobte ausdrücklich auch seinen hessischen Koalitionspartner, mit dem er weitergehende Wünsche Hessens umsetzen könne. Seit der letzten hessischen Landtagswahl heißt Rheins Koalitionspartner bekanntlich SPD. Auch dies ist das Gegenteil des Konfrontationskurses, den Söder mit der CSU fährt. Dass Söder längst registriert hat, ihm drohe die Planungshoheit über das Vorgehen der Union langsam zu entgleiten, beweist auch sein merkwürdiger Auftritt bei Caren Miosga letzten Sonntag. Dort eierte er in einer selbst für seine Verhältnisse bemerkenswerten Art und Weise um eine Absage herum, Kanzlerkandidat der Union werden zu wollen, sofern Aussicht darauf besteht, die Union könne stärkste Kraft im nächsten Bundestag werden.

Zunächst ließ Söder wissen, sollte es erst im Herbst 2025 zur nächsten Bundestagswahl kommen, was ohne eine Aufkündigung der bestehenden Ampel-Koalition durch einen der Ampel-Partner der Fall sein wird, vergehe noch viel Zeit, in der viel geschehen könne. Deshalb sei es verfrüht, jetzt Aussagen zum Kandidaten zu machen. Und dann erwiderte er Miosga, die ihm ein klares Bekenntnis entlocken wollte, Friedrich Merz sei als Kandidat gesetzt, es gebe ja noch andere Kandidaten in der CDU, die seiner Meinung nach auch Kandidat werden wollten. Die erwartbare Nachfrage Miosgas, ob es auch in der CSU Kandidaten gebe, beantwortete er dann mit der göttergleichen Feststellung: „In der CSU würde keiner wollen, außer einem, der es theoretische könnte. Theoretisch könnte der die theoretische Option sein.“

Ob Söder, der Scholz gerne vorwirft, ein Zauderer zu sein und im Ungefähren zu bleiben, mit dieser philosophischen Feststellung als Macher in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen wird, oder als Zauderer, der sich nur so lange wie möglich alle Optionen offenhalten möchte, wird der Fortgang der Zeit zeigen. Friedrich Merz jedenfalls sollte wissen, wen es auszuschalten gilt, wenn er Kanzlerkandidat der Union werden will. Möglicherweise hat Merz genau deshalb aktuell dem Stern erklärt, er fühle sich fit für eine Kanzlerkandidatur.

Zugleich sollte sich Merz auch gut überlegen, wie die CDU auf Söders Feststellung im Gespräch mit Miosga reagieren soll, für den weiteren Erfolg der Union komme es darauf an, weiterhin geschlossen aufzutreten. Es sollte uns sehr wundern, wenn Söder darunter Auftritte wie den von Rhein gestern verstehen würde.

Nachtrag vom 13. März 2024:

Heute meldet das Playbook Berlin von Politico unter Berufung auf CDU-Quellen, Unions-Fraktionschef Friedrich Merz habe in der Fraktionssitzung am Dienstag offen den hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein kritisiert. Die Euphorie Rheins zu den Ergebnissen der Flüchtlings-MPK vergangene Woche teile er nicht, habe Merz gesagt. „Wir haben nicht die Ergebnisse bekommen, die wir brauchen. Wir sind in der Einwanderungspolitik nicht da, wo wir sein sollten.“


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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