Sozialversicherungspflichtige Tätigkeit des früheren Kanzleiinhabers

Nach der Veräußerung einer Kanzlei oder von Gesellschaftsanteilen an einer Steuerberatungsgesellschaft ist der frühere Inhaber bzw. Gesellschafter häufig noch weiterhin für die Kanzlei tätig. Ob seine Vergütung der Sozialversicherung unterliegt, ist in diesen Fällen stets individuell zu prüfen. Dies zeigt das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.3.2023 (Az. L 2 BA 38/22). Der betroffene Kollege hatte die Kanzlei gemeinsam mit seinem Sohn geführt. Dieser gründete 2014 mit einem angestellten Steuerberater eine Partnerschaft mit beschränkter Haftung (PartG mbH). In diese war die bisherige Sozietät von Vater und Sohn eingebracht worden, sodass der bisherige Kanzleiinhaber nicht mehr an der PartG mbH beteiligt war. Dennoch arbeitete er weiter für diese und erhielt aufgrund einer mündlich geschlossenen Vereinbarung in den Streitjahren eine Vergütung in Höhe von 76.000 bzw. 95.000 € (einschließlich eines Bonus von 15.000 €). Nach einer Prüfung stellte der Rentenversicherungsträger die ­Sozialversicherungspflicht der Zahlungen fest. Mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht hatte die PartG zunächst Erfolg. Das LSG hob diese Entscheidung jedoch auf und ging in seinem rechtskräftigen Urteil von einer Sozialversicherungspflicht aus, da der Betroffene in den Betrieb der Kanzlei eingegliedert war und kein unternehmerisches ­Risiko trug. In diesen Punkten unterscheidet sich dieser Fall von dem, den wir Ihnen in unserer Ausgabe 7/23 vorgestellt ­haben. Dort ist das LSG Niedersachsen-Bremen in seiner Entscheidung vom 18.11.2022 (Az. L 1 BA 91/19) von der Sozialversicherungsfreiheit einer überleitenden Tätigkeit ausgegangen, weil der Kollege eine erfolgsabhän­gige Vergütung erhielt und weiterhin wie ein Mitinhaber der Kanzlei auftrat. Dieser Fall zeigt, dass die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung individuell vorzunehmen ist. Hierbei kann Ihnen unsere Beilage 4/23 helfen, in der wir die Grundsätze zusammengestellt haben, nach denen die So­zial­versicherungspflicht von Geschäftsführern und freien Mitarbeitern zu prüfen ist.