E-Rezept — aktuelle Probleme, Gefahren und Chancen

Seit Monaten sind die Apotheken startklar für das E-Rezept. Alles klar, sollte man meinen. Aber wir werden nicht überrascht, sondern erneut in vielen Erfahrungen bestätigt: Deutsche Länder und Behörden sind von einer flächendeckend digital zugänglichen Verwaltung meilenweit entfernt. Bei Gesundheitslösungen, wie dem E-Rezept, schien mal ­etwas voranzugehen. Doch den vollmundigen Versprechen folgen oft frustrierende praktische Erfahrungen, selbst wenn die Systeme schon länger am Markt sind.

Nach monatelanger Vorbereitungsphase nimmt das E-Rezept immer schneller Fahrt auf. Zuletzt wurden acht Millionen wöchentlich ausgestellt. Die Ärzte sahen es oft als Zeitverschwendung an – doch letztlich ist daran seit Jahresbeginn kein vorbeikommen. Leider stellen sich viele Ärzte als Bremsklötze für die E-Rezept-Einlösung heraus. Denn sie signieren diese nur gegen Mittag und Abend, oder sogar nur einmal täglich. Warum nutzen sie nicht die Funktion der Komfortsignatur, sondern wollen jede Verordnung einzeln sichten? Folglich stehen die Patienten in der Offizin, die Rezept­daten sind, mangels Signatur, erst Stunden später vom Server abrufbar. Dann bekommen Sie den Ärger der Kunden ab.

Oft warnten Standesvertreter und auch einzelne Apotheker vor den Gefahren des E-Rezepts. Es würde den Versendern in die Hände spielen, die Patienten würden nach dem Arzt nicht mehr automatisch die Apotheken vor Ort auf­suchen. Wussten die Mahnenden schon vorab, wie zögerlich die Signatur in den Arztpraxen ablaufen wird? Müsste das E-Rezept den Versendern denn in die Karten spielen? Prinzipiell nein, aber aktuell sieht es so aus: Nachdem die Patienten schon in den Apotheken standen und vergeblich warteten, haben sie möglicherweise keine Lust darauf, den Weg zum zweiten Mal (vergeblich?) anzutreten! So landen manche Bestellungen auch in den Niederlanden!

Die Shop Apotheke wirbt intensiv mit ihrem Testimonial Günther Jauch. Er zeigt im TV-Spot, wie einfach die Bestellung aufzugeben ist. Am Ende des Spots wird auf den QR-Code hingewiesen, den die Patienten in der Arztpraxis ausdrucken lassen sollen.

DocMorris setzt in der TV-Werbung mit einer Familie Gesundberg, die fernab jeglicher Zivilisation die Einführung des E-Rezepts erlebt. Auch hier steht im Vordergrund, wie einfach die Übersendung des E-Rezepts möglich ist. Nur den QR-Code mit der DocMorris-App abfotografieren, dann sollen die Arzneimittel schon am folgenden Tag eintreffen. Und, das wird vielleicht wieder ein Fall für die Apothekerkammer Nordrhein: Ein Bonus (bis zu 30 €) darf nicht fehlen, wenn um E-Rezepte geworben wird! Mal ­sehen, wann wir von der nächsten Abmahnung durch die streitbaren Apothekenvertreter erfahren!

E-Rezept-Einlösung mit der eGK – bei manchen Standesvertretern herrschte anfangs eine regelrechte Jubelstimmung. Sie meinten allen Ernstes, dass die E-Rezepte auf ­diese Weise ausschließlich in den Apotheken vor Ort eingelöst werden könnten, die Versender keine Chance hätten. Tja, diese Herrschaften waren und sind definitiv weder digital- noch technikaffin: Mit den jüngeren Personalausweisen und der entsprechenden Ausweis-App lassen sich Anfragen stellen, z. B. das Verkehrszentralregister beim Kraftfahrtbundesamt abfragen. Möglich machts die NFC-Technik: Ein Chip in der Ausweiskarte ermöglicht über die Funktechnik die Legitimation dazu. Dass diese Technik auch in der eGK steckt, war nie ein Geheimnis. Zumindest nicht für die gematik, die mit dem Card-Link-Verfahren die Technik anbietet, um E-Rezepte ohne das Kartenstecken in der Apotheke einzulösen. Die gematik hatte im Dezember die vorläufige Spezifikation für das Verfahren veröffentlicht, das es nun für die Interessenten umzusetzen gilt.

Schön, dass mit der Plattform gesund.de zumindest ein den Apotheken nahestehendes Unternehmen das Card-Link-Verfahren auch für Vor-Ort-Apotheken eröffnet. Mit diesem Verfahren wird es auch möglich sein, die Rezepte einzusehen. Das wird viele Patienten dazu bewegen, geeignete Apps zu installieren. Wer traut schon einem Token/QR-Code? Der mündige Patient will schließlich sehen, dass der Arzt auch alles richtig verordnet hat. Noch erkennen wir bei den GKVen keine derartigen Eigenentwicklungen. Aber die digital führenden Unternehmen, unseres Erachtens die TK und die Barmer, werden ihre jetzt schon üppigen Apps unter Garantie mit E-Rezept-Funktionen weiter aufrüsten.

'mi'-Fazit: Die öffentlichen Apotheken waren als erste ­E-Rezept-ready. Diesen Vorsprung gilt es zu halten Die Ansicht (mancher Offizieller), die Versender wären durch das eGK-Steckverfahren von der Belieferung ausgeschlossen, löst kein Mitleid aus – das war richtig ahnungslos und dumm Mit dem Card-Link-Verfahren eröffnet sich auch für die Vor-Ort-Apotheken eine weitere Möglichkeit, die digitale Tür zur Offizin noch gangbarer zu machen Bieten Sie die Apps Ihrer Kooperationen und der gewählten Plattform offensiv an – als Ihre Leistung für die Patienten und Kunden  Ein Kollege meinte diese Woche am Telefon: „Wenn der Apotheker nicht besser ist als eine Abgabestelle oder die Versender, dann macht er etwas falsch.“ Der persönliche, direkte Kontakt zu den Kunden zählt. Nutzen Sie die digitalen Wege als Ihre Brücke.

E-Rezept und Warenwirtschaftssysteme

„Es gibt viele Fragen zum E-Rezept und dessen Belieferung. Sie machen doch diese EDV-Umfrage, und viele Apotheker fragen sich jetzt, welches Warenwirtschaftssystem den Bedürfnissen der E-Rezept-Einreichung am besten entspricht. Vielleicht könnten Sie dazu eine kurze Umfrage machen?“

Diese Anregung aus Süddeutschland werden wir ganz sicher im 'Leistungsspiegel Warenwirtschaftssysteme' für die Apotheken, der in Kürze ansteht, aufgreifen. Heute schon rufen wir Sie auf: Schildern Sie uns Ihre Erfahrungen mit Ihrem Warenwirtschaftssystem im Zusammenspiel mit den Anforderungen bei der E-Rezept-Bedienung. Alle Rückmeldungen, positiv wie nega­tiv, verhelfen zu einem ersten Eindruck und unterstützen uns bei der Formulierung der Fragen für den LSP der Apotheken-­Warenwirtschaftssysteme. Senden Sie eine E-Mail an apotheke@markt-intern.de oder rufen Sie einfach an: 0211 6698-153.