Pinkwart: „Wir sind mächtig stolz auf das IfM“

Ende Januar beging das Institut für Mittelstandsforschung IfM Bonn seinen 60. Geburtstag. Als Ort der Feier hatte es den Eichensaal des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) gewählt. Wohl keine rein zufällige Wahl, gehört das BMWi doch gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen zu den beiden Gründungsstiftern des IfM. Spiritus Rector der Institutsgründung war kein Geringerer als der Vater der Sozialen Marktwirtschaft, Ludwig Erhard. Was lag da näher, als den runden Geburtstag im BMWi zu feiern? Man hätte den aktuellen Machern des IfM gewünscht, dass noch mehr Interessenten der Festveranstaltung beigewohnt hätten. Diejenigen, die gekommen waren, dürften ihre Teilnahme jedenfalls nicht bereut haben. Sie erlebten kurzweilige Grußbotschaften, eine aufschlussreiche Festrede und eine interessante Diskussionsrunde. Musikalisch umrahmt wurde dies alles vom Roviela-Quartett des Musikgymnasiums Carl Philipp Emanuel Bach/Berlin. Die jugendlichen Musiker lieferten beeindruckende Beispiele ihres hohen Ausbildungsstandes und veranlassten Moderatorin Dagmar Dehmer zu der viel beklatschten Feststellung, man könne vieles in Berlin beklagen, „aber die Musikschulen haben ein hervorragendes Niveau“.

Die amtierende Präsidentin des IfM, Prof. Dr. Friederike Welter (2014 Gast der markt intern-Redaktionskonferenz, vgl. Mi 18/14 u. http://www.redaktionsgespraeche.markt-intern.de/prof-dr-friederike-welter/), ließ in ihrer Begrüßungsansprache kurz die Geschichte des IfM Revue passieren. Welter betonte, das IfM habe nie im „stillen Kämmerlein geforscht“. Es mache Forschung für die Praxis, um den Mittelständlern Unterstützung in deren praktischem Alltag zu liefern. Für die nähere Zukunft empfahl Welter der Politik, wieder mehr Augenmerk auf die Setzung der Rahmenbedingungen für Mittelständler als auf originäre Förderprogramme zu richten.

Iris Gleicke, Geschäftsführende Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, kam die Aufgabe zu, das Grußwort des BMWi zu halten. Eine Aufgabe, die Gleicke eigentlich nicht mehr zu erfüllen gehabt hätte, hätte es schon eine nicht nur geschäftsführende Bundesregierung gegeben. Die gab es aber nicht und so erledigte sie ihren Part mit sichtbarer Freude. Sie habe sich im Beirat des IfM bereits im letzten Jahr „tränenreich“ verabschiedet, ließ sie die Zuhörer wissen, „aber jetzt stehe ich doch hier und freue mich sehr“. Die Freude entsprang der Tatsache, dass Gleicke in ihrer Funktion als Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung sehr viel mit dem IfM zu tun hatte und dabei immer „von den Diskussionen mit Ihnen und Ihrem Team“ profitiert habe, wie sie gegenüber Welter betonte. Es gebe viele wissenschaftliche Definitionen des Begriffes Mittelstand, für sie, so Gleicke, „ist Mittelstand eine Haltung. Das sind die ehrbaren Kaufleute, die selbst ins Risiko und die eigene Haftung gehen und sich für ihre Mitarbeiter verantwortlich fühlen.“ Diese Tugenden, so habe sie vom IfM gelernt, „gelte es durch die Politik zu stärken“. Das hören Mittelständler gerne, sie haben aber häufig den berechtigten Verdacht, die Umsetzung dieses Vorhabens misslinge allzu oft.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, der die Grußbotschaft des Landes Nordrhein-Westfalen überbrachte, gab auch erst einmal seiner Freude Ausdruck, Gleicke bei dieser Veranstaltung noch in ihrer alten Funktion zu erleben. Man sehe sich im Leben eben mehrmals. Vor der letzten Landtagswahl in NRW habe er Gleicke häufig in Ostdeutschland in seiner Funktion als Rektor der Leipzig Graduate School of Management bei Veranstaltungen zu Unternehmensgründungen getroffen, und nun sehe man sich hier, „ich in neuer Funktion und Sie noch in alter Funktion“. Bei einer Rede anlässlich eines 60. Geburtstages stehe jeder Redner vor einem Problem: „Das Herz ist voll, aber die Redezeit begrenzt.“ Pinkwart ließ Welter erst einmal wissen, das Land sei „mächtig stolz auf das IfM“. Man habe deshalb auch, wie es sich für gute Eltern gehöre, „immer unsere Alimente gezahlt“. Man habe es aber nicht nur bei der finanziellen Unterstützung belassen. Auch Ludwig Erhard „wäre heute sicher stolz“, so Pinkwart, „wie wir sein Kind gepflegt haben“. Für den Mittelstand sei neben der Forschung wichtig, dass er ein Gesicht habe. Es brauche die Unternehmer, die den Bürgern erklären, was Mittelstand ist, was er tut und wie er wirkt. Für die Zukunft gab sich Pinkwart sicher, dass sich auch die Forschungsmethoden ändern würden. Vielleicht ersetze Big Data Analytics manche Statistik, „und wir wissen trotzdem am Ende mehr über die Unternehmen“. Dagegen hätten Mittelständler, die schon lange am Sinn diverser Statistiken, die sie zu erbringen haben, zweifeln, wohl wenig einzuwenden.

Die Festrede hielt Prof. Dr. David B. Audretsch von der Indiana University/USA. Es darf wohl als genialer Schachzug gelten, ausgerechnet einen Amerikaner über 'Die Beiträge der Mittelstandsforschung' referieren zu lassen. Audretsch, der u. a. fünf Jahre am Max-Planck-Institut für Ökonomik in Jena Direktor der Abteilung Entrepreneurship, Groth and Public Policy war, ließ selbst keinen Zweifel daran, dass die USA hier deutliche Defizite hätten. Es gebe praktisch gar keine Mittelstandsforschung, dafür sei man im Bereich der Unternehmensgründungen stark. In Deutschland sei der Mittelstand der Garant für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Stabilität. In den USA würde niemand sagen „Lass uns Amerika wieder stabil machen“. Als Aufgabe der Mittelstandsforschung nannte er die Schaffung eines Bewusstseins für die segensreiche Wirkung des Mittelstandes. Ein weiteres wichtiges Ziel sei die Schaffung einer Marke Mittelstand. Ein entscheidender Erfolgsfaktor des Mittelstandes sei seine Verbindung mit den Kommunen vor Ort. Den Politikern könne er nur empfehlen, den Mittelstand ernst zu nehmen, „ihn zu hegen und zu pflegen“. Wissenschaftlern empfahl er, sich an der Mittelstandsforschung zu beteiligen. Die sei enorm wichtig.

An Audretschs Festvortrag schloss sich eine Diskussionsrunde zum spannenden Thema „Stellt das Silicon Valley-Modell einen Gegensatz zum deutschen Mittelstand dar?“ an, über die wir an anderer Stelle noch berichten werden. Zu guter Letzt oblag es Hartmut Schauerte als dem Vorsitzenden des Kuratoriums der Stiftung Institut für Mittelstandsforschung,noch ein paar Worte an die Gäste zu richten. Schauerte, der selbst von 2005 bis 2009 Parlamentarischer Staatssekretär beim BMWi und von 2007 bis 2009 Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung und damit Vor-Vorgänger Gleickes war, betonte wie diese, Mittelstand sei für ihn „eine Haltung“. Die sei nicht genetisch bedingt und auch nicht typisch deutsch, sondern habe sich im Laufe der Zeit entwickelt. Sie beruhe auf der dezentralen, föderalen Ordnung der Bundesrepublik und dem christlichen Element der Individualität. Zum Mittelstand gehörten etwa 10 Prozent der Bevölkerung in Deutschland. Je besser, je stärker dieser Mittelstand sei, umso besser stehe es um Demokratie, Wohlstand und Freiheit in Deutschland. Er selbst habe als Bewohner eines sehr kleinen sauerländischen Ortes die Erfahrung gemacht, dass den besten Rückhalt im Leben „die kleinsten Einheiten bieten“. Das erkläre auch, warum Mitarbeiter in mittelständischen Betrieben zufriedener seien als solche im öffentlichen Dienst. „Dabei haben die Letzteren einen dauerhaft sicheren Arbeitsplatz, während der Arbeitsplatz in den kleinen Betrieben in der Theorie am stärksten gefährdet ist“, ließ Schauerte das Auditorium wissen. Die hohe Zufriedenheit erkläre sich damit, dass die Mitarbeiter sich in den mittelständischen Betrieben ernst genommen fühlten und deshalb motivierter seien. Das sollte nicht nur für den Jubilar IfM ein Grund zur Freude sein!