NDR-Verbrauchermagazin 'Markt' lässt kein gutes Haar an XXXLutz!

Am Montag hat es dann tatsächlich geklappt. Das NDR Fernsehen strahlte im Rahmen des Verbrauchermagazins 'Markt' den bereits für die vergangene Woche angekün­digten Beitrag „Marktmacht mit Folgen?“ über XXXLutz aus (s. auch Mö 06/24). Dass die Tendenz nicht gerade PR-tauglich für die Roten Stühle ausfallen würde, war schon zu vermuten. Dass es aber eine derartig harte Abrechnung mit dem Unternehmen der Großfläche werden würde, war zwar zu wünschen, aber so nicht zu erwarten. Schon die Einführung ins Thema durch Mode­rator Jo Hiller signalisiert unmissverständlich, was die Markt-Redaktion von der Großfläche hält: XXXLutz sei „mittlerweile nach Ikea der zweitgrößte Möbelriese in Deutschland – und er will weiterwachsen. Man könnte meinen, koste es, was es wolle. Denn viele Kunden beschweren sich über die Qualität der Produkte und den schlechten Service. Und auch Mitarbeiter sind unzufrieden“. Wie der Verfasser des ca. 10-minütigen Beitrags, Daniel Krull, gegenüber den Endverbrauchern diese Feststellung begründet, lässt sich inhaltlich grob in drei 'Tatkomplexe' aufteilen. Hier für Sie, verehrte Leserin, geehrter Leser, eine Zusammenfassung:

Kapitel 'Produkt- und Service-Qualität': Vor laufender Kamera zeigt der Kunde Ilhan Akklic seine Küche. Die Stimme aus dem Off dazu: „Die hat er vor mehr als anderthalb Jahren bei Mömax, einem Tochterunternehmen von XXXLutz, gekauft – für 22.000 €.“ Die auffälligsten Mängel: Es fehlt eine Steinplatte. Andere Teile, die noch nicht verbaut sind, liegen wahllos im Raum herum. Ein Schrank erscheint im Bild, der, wie es im Beitrag heißt, zum fünften Mal falsch geliefert worden ist. Kurzum: Die Küche gleicht eher einem Torso. Der Kunde beschreibt, was all das für ihn und seine Familie im Alltag bedeutete: „Über drei Monate konnten wir nicht kochen, über fünf Monate fehlte die Spülmaschine. Hier mussten wir teilweise unser Geschirr in der Badewanne waschen.“ Die Stimme aus dem Off ergänzt: „Die Küche ist immer noch nicht funktionstüchtig. Wenigstens sind Herd und Geschirrspüler endlich eingebaut.“ Nun wird die schier unsägliche Historie des Projekts etwas detail­lierter geschildert. Der Kundenservice? Das blanke Unvermögen: „Von Anfang an lief alles schief: Statt nach vier kommt die Küche erst nach sechs Monaten, allerdings unvollständig und fehlerhaft. Besonders ärgerlich: Für die Reklamationen fühlt sich wochenlang niemand zuständig. ­Weder von Mömax noch vom XXXLutz-Kundenservice.“ Der Kunde erhielt eigenem Bekunden nach keine Antwort auf seine Schreiben, fand keinen Ansprechpartner. Wieder die Stimme aus dem Off: „Und als der Kundenservice endlich reagiert, schaffen es die Mitarbeiter in fünf Versuchen nicht, die Küche in einen einwandfreien Zustand zu bringen. Für den Ärger bekommt die Familie knapp 3.000 € gut­geschrieben. Zusätzlich will Mömax für jeden zusätzlichen Tag, den sie ihre Küche nicht nutzen können, 15 € zahlen.“ Aber zu früh gefreut: „Monate später gibt es einen neuen Mitarbeiter, der sich um die immer noch defekte Küche kümmert. Trotz schriftlicher Abmachung will der von einer Entschädigung nichts mehr wissen. Herr Akklic soll mittlerweile auf 3.600 € Verzugsentschädigung verzichten.“ Kunde: „Natürlich fühlen Sie sich dann als Kunde so ein bisschen betrogen.“

Kapitel 'Unternehmensstrategie': Das Möbelhaus wird von der 'Markt'-Redaktion darauf angesprochen, antwortet aber nicht. Gretchenfrage aus dem Off: „Warum geht die XXXLutz-Tochter Mömax so mit einem Kunden um? Offenbar kein Einzelfall. 'Markt' hat schon mehrfach über Kunden berichtet, die Qualitäts- und Serviceprobleme mit XXXLutz hatten.“ Es folgen Rückblicke auf mehrere TV-Beiträge in der Vergangenheit. Danach: „Wir schauen uns das Unternehmen genauer an.“ Ihnen dürfte vieles davon bekannt sein, den meisten Endverbrauchern aber nicht. Deshalb: Auch hier wird auf den Punkt gebracht, wie XXXLutz das Wachstum hinbekommt: „Pro Jahr kauft das Unternehmen im Schnitt sechs Konkurrenten weltweit auf. Allein in Deutschland betreibt XXXLutz 57 Einrichtungshäuser und 47 Mömax-Märkte und hält damit einen Marktanteil von mehr als 11 %. Hinzu kommen Beteiligungen an Home24, Poco und vielen mehr. Die bisher letzte Übernahme in Deutschland: Möbel Hesse in Hannover. Das Traditionsunternehmen wurde nach fast 80 Jahren vom Möbelgiganten aus Österreich geschluckt. Im vergangenen Herbst bekamen damit rund 300 Angestellte des ehemaligen Familienbetriebs Hesse einen neuen Arbeitgeber. Vom kuscheligen Familienbetrieb zum Großkonzern – und den sehen Gewerkschafter kritisch.“

Kapitel 'Personalführung': Im Interview stellt Mizgin Ciftci von ver.di fest: „Wir beobachten als Gewerkschaft ­­ver.di in anderen Landesbezirken, dass dieses Unternehmen sehr aggressiv mit Beschäftigten umgeht, neu eingestellte ­Arbeitnehmer zu wesentlich schlechteren Bedingungen beschäftigt und dann Druck ausübt auf Alt-Beschäftigte und ihnen in Anführungszeichen 'nahelegt', das Unternehmen zu verlassen, weil sie ja zu teuer sind.“ Die Stimme aus dem Off gibt folgenden Hinweis: „Der ver.di-Landesverband Nordrhein-­Westfalen hat bereits 2018 eine Broschüre zu den Geschäftspraktiken von XXXLutz veröffentlicht – vom härtesten Arbeitgeber Deutschlands ist da die Rede.“ Mizgin Ciftci fasst den Inhalt aus Sicht der Gewerkschaft so zusammen: „Die Erfahrung vor allem in Nordrhein-Westfalen ist, dass dieser Arbeitgeber vor kaum etwas zurückschreckt und mit sehr aggressiven Methoden Menschen aus dem Betrieb drängt.“ XXXLutz versucht gegenüber der 'Markt'-Redaktion dagegen zu halten und verweist auf die ca. 32 Betriebsratsgremien und weit über 300 Betriebsräte, die in der Unternehmensgruppe aktiv seien. Außerdem sei das Ziel bei Übernahmen, sämtliche ­Arbeitsplätze an den Standorten zu erhalten und die dort ­Beschäftigten auch zu übernehmen.

Kapitel 'strukturelle Auswirkungen auf die Branche – inkl. Endverbraucher': „Auch die deutschen Möbelhersteller sind alarmiert, wenn stattdessen immer mehr kleine Traditionsunternehmen mit unterschiedlichen Produktpaletten vom Markt verschwinden.“ COR-Chef Leo Lübke in seiner Funktion als Präsident des Verbands der Deutschen Möbel­industrie VDM im Interview auf der imm cologne: „Ein großes Machtgefälle ist natürlich nie gut. Wenn einer so stark wird und so omnipräsent wird, dann ist das eine Gefahr für die Vielfalt. Und Einrichten ist ja Vielfalt, ist ja sehr individualisiert. Das ist dann auch für die Konsumenten nicht gut. Für die Industrie birgt es auch Gefahren, wenn eine Handelsmacht dazu führt, dass die Preise diktiert werden.“ Die Stimme aus dem Off leitet zu einem weiteren markigen Statement des VDM-Präsidenten über: „Denn dann sinken die Einnahmen und das bedeutet“, so Leo Lübke, „dass wir nicht investieren können in neue Maschinen, in neue Ausstattung, auch vielleicht in die Marke, in neue Services. Da müssen dann Abstriche gemacht werden und alles das schmerzt die Industrie und letztlich auch die Konsumenten.“ Szenenwechsel. Der Redak­teur Daniel Krull betritt das Gebäude der MöFa – Fachschule des Möbelhandels in Köln. „Hier lernen die Studenten alles über Qualität, Hersteller und Preisgestaltung. Doch wenn das Geschäft der Möbelriesen eher auf Masse als auf Klasse ausgerichtet ist, dann ist auch eine gute Beratung nicht mehr so wichtig, erklärt uns Karl Franz.“ Karl Franz, MöFa-Dozent, im Interview zu den Auswirkungen der XXXLutz-Unternehmensstrategie auf die Konsumenten: „Auf der Kostenseite wird gespart, weil das Produkt einfacher wird, es wird die Vielfalt herausgenommen. Auf der Preisseite werden Preise tendenziell höher gesetzt.“ Abschließend folgt ein kritischer Exkurs über das System der Hausmarken am Beispiel der XXXLutz-Marke Dieter Knoll, was wir hier an dieser Stelle nicht weiter vertiefen wollen/müssen.

Das Ende der Akklic-Küche: Zum guten Schluss wird die Geschichte von Ilhan Akklic zu Ende erzählt: „Ilhan Akklic hat nach mehr als anderthalb Jahren genug vom Küchenärger. Er will sie an Mömax zurückgeben. Nach fünf gescheiterten Nachbesserungsterminen ist das sein gutes Recht, findet er.“

'mi' meint: Der 'Markt'-Redaktion vom NDR Fernsehen ist ein sehenswerter, weil gelungener Beitrag zur Endverbraucher-­Aufklärung gelungen! Mehr vernichtend kritische Punkte sind in rund 10 Minuten, die die Reportage dauert, eigentlich nicht unterzubringen. Gratulation zu dieser journalistischen Glanzleistung! Klar ist, dass ein einzelner TV-Beitrag zwar im Moment der Ausstrahlung einen Denkanstoß bei den Endverbrauchern setzt, der aber mit den nächsten rabatt­getriebenen Anzeigen- und Beilagen-Teppichen von XXXLutz schnell zu verwässern droht. Andererseits ist die XXXLutz-­Reportage die neueste in einer Reihe ähnlich kritischer TV-­Berichte über das Gebaren der Großfläche in der jüngsten Vergangenheit. So traf es auch schon seats and sofas (s. Mö 33/23) oder auch Ikea (s. Mö 03/24). Vielleicht ist die Erwähnung in 'mi' Ansporn, sich weiter den großmäuligen Versprechen der Glaspaläste – allen voran XXXLutz – kritisch zu widmen? Aber daraus ist noch mehr zu machen! Deshalb: Steter Tropfen höhlt den Stein!

Für Sie gilt: Schauen Sie sich den Beitrag in der ARD-Mediathek an! Sie finden ihn unter dem Link https://t1p.de/NDR_Markt_XXXLutz  'markt intern' pocht nicht ohne Grund auf die strenge Einhaltung des Urheberrechts an den publizierten 'mi'-Artikeln. In diesem Fall machen wir allerdings eine Ausnahme. Sie sollten den 'mi'-Bericht breit in Ihrem Umfeld verteilen – gern auch an die Redaktion der bei Ihnen vor Ort vertretenen Medien. Eine extra dafür aufbereitete Datei des Textes können Sie unter moebel@markt-intern.de kostenlos anfordern – Stichwort 'Markt/XXXLutz'. Zudem: Auf unserer 'mi'-Homepage sind die jeweiligen Artikel verschlüsselt aufgeführt, weil nur den Abonnenten vorbehalten. Auch hier die Ausnahme: Dieser Bericht wird freigeschaltet und ist somit für jeden in voller Länge zugänglich. Deshalb verweisen Sie bei Ihren Kontakten gern auch auf www.markt-intern.de/moebel. Und abschließend, wie bereits in ähnlichen Fällen geschehen, weitere 'Verwertungs-Tipps':

Wenn Sie nach dem Anschauen der Auffassung sind, den Beitrag auch in Ihrem Möbelhaus oder aber auch ­Küchenstudio zu zeigen, um auf diesem Wege für weitere Verbreitung zu sorgen, so können Sie das wettbewerbsrechtlich sauber tun, was uns und Ihnen der 'mi'-Justiziar Dr. Gregor Kuntze-Kaufhold zu ähnlich gelagerten Fällen versicherte. Der Wettbewerbsrechtsexperte: „Solange der Beitrag in der Mediathek abrufbar ist, kann er von Gewerbetreibenden als Beitrag zur Meinungsbildung gezeigt oder geteilt werden – dafür zahlen sie den Rundfunkbeitrag. Nach dem Datum [hier: 12.2.2026, 20:15 Uhr; Anm. d. Red.] geht das allerdings nicht mehr. Das Herausnehmen aus der Mediathek darf dann auch nicht umgangen werden, etwa indem jemand den Beitrag als Download speichert (was für private Zwecke zulässig ist) und dann eine Dauerschleife daraus macht.“ Sie dürfen den Link zum Beitrag auch beispielsweise auf Ihrer Homepage veröffentlichen. Dr. Gregor Kuntze-Kaufhold warnt allerdings: „Von einem Einbetten des Films in die eigene Webseite würde ich aus urheberrechtlichen Gründen abraten, sofern es nicht von der Sendeanstalt durch einen entsprechenden Button vorgesehen ist.“ Sie sollten getrost auch die Redak­teure Ihrer Lokalzeitung vor Ort auf den NDR-Beitrag aufmerksam machen. Das empfiehlt der 'mi'-Justiziar ebenfalls: „Die Lokalredaktionen darf – und sollte man – auf so ein gefundenes Fressen aufmerksam machen, das sehe ich genauso. Und auch weitere Formen der Aufarbeitung des Films oder des Themas sind rechtlich erlaubt, z. B. durch eine Zusammenfassung des Beitrags in eigenen Worten oder eine auszugs­weise und kommentierte Wiedergabe des Beitrags, sei es in Zitat-Form, sei es als O-Ton!“