Schafft die SPD sich selbst ab?

Am 27. Mai 2019 antwortete Andrea Nahles in der ZDF-Sendung 'Was nun, Frau Nahles?' Auf die Frage des ZDF-Chefredakteurs Dr. Peter Frey, ob sie in einer stillen Stunde angesichts der Wahlniederlagen der SPD über einen Rücktritt nachgedacht habe, sie wolle die Partei mit ihren Stellvertretern „in so einer schwierigen Phase“ weiter führen. Sie halte nichts davon, „die Klamotten hinzuwerfen“. Sechs Tage später ließ sie dann das genaue Gegenteil durch die SPD-Pressestelle verkünden. 2017 hatten wir Nahles Vortrag als Bundesarbeitsministerin auf dem Dreikönigsessen des nordrhein-westfälischen Handwerks so kommentiert: „Wohlwollend kann man ihren Vortrag als authentisch bezeichnen. Weniger wohlwollend darf man von einer Bundesministerin eigentlich mehr inhaltliche Substanz erwarten“ (vgl. Mi 02/17). Dass die SPD eben jene Andrea Nahles dennoch, nachdem der Schulz-Zug entgleist war und nicht mehr aufs Gleis gesetzt werden konnte, im April 2018 mit bescheidenen 66 Prozent zur Parteivorsitzenden wählte, hat nicht Andrea Nahles zu verantworten, sondern die, die sie gewählt haben. Wer nun allerdings die Trendwende für die SPD herbeiführen soll, ist angesichts der politischen Vielfalt der SPD-Statements, wofür die SPD eigentlich steht und was sie politisch erreichen will, schwer vorzustellen. Letztmals beim Wähler erfolgreich war die SPD unter Bundeskanzler Gerhard Schröder. Von dessen Politik will die aktuelle Führungsriege der Partei aber nichts mehr wissen. Gelegentlich könnte sich mal einer in der SPD fragen, ob sie eigentlich Politik für die vorhandenen Wähler machen oder lieber auf eine Bevölkerung warten will, die ihre aktuelle Politik goutiert. Wenn jetzt von einigen in der Partei zu hören ist, die SPD müsse, um die Wähler wieder für sich zu gewinnen, radikal die Systemfrage stellen, dann sollten sich diejenigen, die das fordern, mal die Wahlergebnisse der Linken anschauen. Es sieht einfach so aus, als wolle die Partei sich selbst abschaffen.