Widerstand gegen Offenlegungspflicht: Unternehmen zahlen Rekordsumme von 1,5 Milliarden Euro
Düsseldorf. Das Bundesamt für Justiz hat seit seiner Gründung im Jahr 2007 Ordnungsgelder von mehr als 1,5 Milliarden Euro gegen offenlegungspflichtige Unternehmen festgesetzt. Das berichtet der bei 'markt intern' in Düsseldorf erscheinende Informationsbrief 'GmbH intern'.
Das Bundesamt für Justiz wurde im Jahr 2007 gegründet, um die Verpflichtung von Kapitalgesellschaften durchzusetzen, ihre Jahresabschlüsse sowohl im Bundesanzeiger als auch im Unternehmensregister offen zu legen. Die Offenlegung soll nach der Begründung des Gesetzes Gläubigern von Kapitalgesellschaften zugute kommen. Im Jahr 2008, als die Sanktionierung begann, kam es zu einer Welle von über 460.000 eingeleiteten Verfahren. Im darauf folgenden Jahr ging die Zahl neu eingeleiteter Verfahren auf 123.000 zurück, weshalb die Behörde verlautbaren ließ, das Verfahren habe sich eingespielt. In den Jahren danach stieg die Zahl neu eingeleiteter Verfahren jedoch ebenso wie die Höhe der festgesetzten Ordnungsgelder.
Auf eine Anfrage der Redaktion 'GmbH intern' gab das Bundesamt für Justiz nunmehr bekannt, dass allein im ersten Halbjahr 2016 124.500 Verfahren wegen Verstößen gegen die Offenlegungspflicht neu eingeleitet wurden. Dabei setzte die Behörde 81,4 Mio Euro an Ordnungsgeldern fest. Dieser Betrag liegt deutlich über dem des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Zählt man alle festgesetzten Ordnungsgelder zusammen, hat das Bundesamt für Justiz zur Durchsetzung der Offenlegungspflicht Ordnungsgelder in einer Höhe von über 1,5 Milliarden Euro festgesetzt. Ein Entlastungseffekt zugunsten betroffener Unternehmen, wie er mit dem Änderungsgesetz zum Handelsgesetzbuch (HGBÄndG) im Jahr 2013 erfolgen sollte, lässt sich nicht beobachten.
Peter Vogt, Chefredakteur von 'GmbH intern', kommentiert die neuesten Zahlen wie folgt: "Dass da etwas massiv in die falsche Richtung läuft, beobachten wir seit Jahren. Man muss sich nur einmal den Vergleich vor Augen halten: Umgerechnet auf jedes offenlegungspflichtige Unternehmen setzte das Bundesamt für Justiz im Jahr 2014 186 Euro fest. Das liegt um ein Dreifaches über dem Betrag, den das Bundesland Berlin an Bußgeldern wegen Verstößen gegen Vorschriften des Straßenverkehrs pro zugelassenem Kfz verhängt! Und Berlin ist laut Bußgeldatlas der einsame Spitzenreiter unter den Bundesländern. Statistisch gesehen müsste also von offenlegungspflichtigen Unternehmen eine größere Gefahr ausgehen als von Rasern im Straßenverkehr. Das ist absurd. Es ist jetzt auch an der Zeit, dass die Politik das Problem endlich ernst nimmt. Denn Ausreden haben wir schon genug gehört. Erst hieß es, das Verfahren müsse sich einspielen. Dieses Argument ist spätestens seit 2011 vom Tisch, als in einem einzigen Jahr Ordnungsgelder in Höhe von sage und schreibe 350 Millionen Euro wegen echter oder vermeintlicher Verstöße gegen Offenlegungsvorschriften verhängt wurden. Danach hieß es, es käme zu einer Entzerrung durch die Möglichkeit für Kleinstunternehmen, ihre Bilanzen nur noch zu hinterlegen. Damit war es dann, als das Bundesamt die neuen Regelungen in die Hände bekam, schnell vorbei. Und zuletzt mussten wir hören, das Problem sei doch durch das HGB-Änderungsgesetz gelöst worden. Wir hatten schon im Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen, dass die angebliche Erleichterung de facto eine Verschärfung darstellte. Leider geben uns die Zahlen jetzt Recht."
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